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Die letzte Zeugin

Luis Durnwalder (Foto: Markus Perwanger)

Im Sonderfonds-II-Prozess am Landesgericht wird eine Zeugin aus dem Gefängnis angehört, die 2013 eine Spende von 100 Euro erhalten hatte. Alles, außer ein Freispruch für Alt-LH Luis Durnwalder in diesem Verfahren wäre eine Überraschung.

von Thomas Vikoler

Warum die Staatsanwaltschaft außergerechnet diese Zeugin aufruft und ihre 24 Einträge ins Strafregister für den Prozessakt hinterlegt, bleibt schleierhaft. Die Zeugin ist Boznerin, 32 Jahre alt, sitzt in einem mit Kameras ausgestatteten Raum im Gefängnis von Monza und ist per Video mit dem Gerichtssaal C des Bozner Landesgerichts verbunden.

Dort läuft die voraussichtlich vorletzte Verhandlung in einem Prozess, den Gerhard Brandstätter, der Verteidiger des angeklagten Alt-Landeshauptmannes Luis Durnwalder, von Anfang an als „tot“ bezeichnet hat. Die Staatsanwaltschaft wirft Durnwalder vor, in seiner letzten Zeit als Landeshauptmann – von November 2012 bis März 2013 – 23.642 Euro aus dem Sonderfonds (SoFo) unterschlagen zu haben. Es handelt sich um einen Betrag für 37 Ausgabeposten, der im ersten SoFo-Verfahren, das mit einem Schuldspruch mit zweieinhalb Jahren Haft endete, nicht berücksichtigt worden war.

Die Zeugin kann sich gut erinnern an den frühen Morgen des 6. Februar 2013, als sie zusammen mit rund 20 anderen Personen vor dem Palais Widmann in Bozen wartete. „Der Landeshauptmann kam um 6.00 Uhr und wir wurden in das Landhaus hineingelassen“, berichtet die Zeugin aus dem Gefängnis.

„Ich hatte damals eine fünfjährige Tochter und finanzielle Probleme. Ich habe den Landeshauptmann deshalb um eine Spende von 250 Euro gebeten. Er hat gesagt, dass er mir höchstens Euro geben könne. Um 9.00 Uhr konnte ich das Geld bei seiner Sekretärin abholen. Bekannte hatten mir erzählt, dass man bei Durnwalder finanzielle Hilfe erhält.“

Der Vertreter der Anklage fragt die Zeugin, die im Gefängnis von Bergamo bis Februar eine mehrjährige Haftstrafe für zwölf zusammengelegte Straftaten verbüßt, ob sie im Februar 2013 bereits Gefängnisaufenthalte hinter sich hatte. Ja, erklärt sie, sie sei bis dahin dreimal wegen Drogendelikten verhaftet worden und jeweils für kurze Zeit im Gefängnis gesessen.

Welche Relevanz das für die Beweisfindung in diesem Strafprozess hat, bleibt (wie die Hinterlegung des Strafauszugs) unklar: Will die Staatsanwaltschaft damit suggerieren, dass der Landeshauptmann öffentliches Geld für Straftäter verschleudert hat?

Die Tatsache, dass Durnwalder, wie auch dieser Prozess gezeigt hat, nicht nur Vertreter von Vereinen und Organisatoren von Maturabällen mit Spenden bedacht hat, sondern auch bedürftige Personen jeder Art, spricht für eine objektive Gebarung der SoFo-Ausgaben.

Dies auch angesichts der Tatsache, dass die vorgehalten 23.642 Euro keine sogenannten Kompensationen aus der Tabelle E (die Verrechnung von privaten Ausgaben mit Ausgaben aus den Sonderfonds) betreffen. Im ersten SoFo-Verfahren war Durnwalder allein wegen dieser Verrechnungen verurteilt worden, alle anderen, penibel aufgelisteten Ausgaben waren für rechtens erklärt worden.

In der vorangegangenen Verhandlung am 24. Oktober war auch das Batterien-Rätsel aufgelöst worden. Durnwalders damalige Sekretärin Martina Graf berichtete dem Gericht unter Vorsitz von Walter Pelino, dass die mit Geld aus dem SoFo angekauften Batterien für das Diktiergerät und die Uhren am Amtssitz verwendet worden sind. Also für amtliche Zwecke.

Die nächste Verhandlung in diesem Rattenschwanz-Prozess ist für den 19. Februar angesetzt, auf dem Programm stehen die Plädoyers von Anklage und Verteidigung. Alles andere als ein Freispruch für Alt-LH Durnwalder wäre eine Überraschung, zumal die Einvernahme der Zeugen keine belastenden Aussagen gebracht hat.

Und nachdem es zu den 23.642 Euro keine Kompensationen gegeben hat, widerspräche eine Verurteilung dem ominösen Kassationsurteil aus dem Jahre 2009 zu den beiden früheren sizilianischen Governeuren, das im ersten SoFo-Prozess den Ausschlag gab.

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