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„Leichtsinnig und untragbar“

Myriam Atz Tammerle

Die STF ist gegen einen „internationalen Klassenzug“ mit Englisch als Unterrichtssprache. Das Projekt gefährde die Identität der deutschsprachigen Südtiroler.

Kürzlich wurde der sogenannte „internationale Klassenzug“ vorgestellt, bei dem in einem Realgymnasium die Unterrichtssprache Englisch sein soll.

„Dieses Unterrichtsmodell verletzt ganz klar das Autonomiestatut! Ein weiteres gefährliches Sprachexperiment, das die Identität der deutschsprachigen Südtiroler und ihr Recht auf muttersprachlichen Unterricht gefährdet“, sagt Myriam Atz Tammerle von der STF.

Laut einer offiziellen Medienaussendung des Landes hat „Bildungslandesrat Philipp Achammer die Einrichtung eines internationalen Klassenzugs von Anfang an unterstützt und diese im politischen Aufbau aktiv begleitet.“

Diese Vorgehensweise verdeutliche,wie gleichgültig der SVP die hart erworbenen Autonomierechte der Südtiroler sind, schreibt Atz Tammerle. „Während die Gründerväter der SVP für jeden Beistrich im Autonomiestatut und das Recht des muttersprachlichen Unterrichts in Südtirol kämpften, scheint der aktuelle SVP-Obmann und Bildungslandesrat Philipp Achammer eine der wichtigsten Grundsäulen unserer Autonomie ohne Bedenken zu opfern. Dies ist leichtsinnig und untragbar!“

Der muttersprachliche Unterricht sei das Rückgrat der Identität Südtirols als Minderheit im Staat Italien und hat vor einer fortschreitenden Italienisierung geschützt.

Bereits frühere Sprachexperimente wie CLIL seiengescheitert, was dazu führte, dass die Regierung in der Provinz Trient sich von derartigen Projekten verabschiedet hat. „In Südirol scheint man dies noch nicht verstanden zu haben und versucht ein gut funktionierendes Schulsystem mit aller Gewalt zu verändern und kaputt machen zu wollen“, so die STF.

Bei 14-Jährigen sei die Sprachentwicklung der eigenen Muttersprache noch nicht vollständig gefestigt. Es sei absehbar, dass sich die Sprachkenntnisse im Allgemeinen verschlechtern werden, insbesondere die Deutschkenntnisse. Es sei wichtig, diesen Qualitätsverlust bei unseren Kindern zu verhindern.

Bei einer Tagung an der Universität Bozen hätten angesehene Fachexperten unter dem Thema „Die Minderheitenschule im mehrsprachigen Kontext“ kürzlich eindringlich vor einer Schwächung des Artikel 19 im Autonomiestatut gewarnt, der den muttersprachlichen Unterricht für die deutsche und ladinische Bevölkerung in Süd-Tirol vorsieht.

„An unseren deutschen Schulen dürfen unter dem Decknamen ,Projekte‘ keine Sprachexperimente mehr erlaubt werden. Zudem muss Artikel 19, der das Recht auf muttersprachlichen Unterricht garantiert, mit sämtlichen Mitteln ausnahmslos bewahrt werden, um einen Qualitätsverlust für unsere Kinder zu verhindern“, schließt Myriam Atz Tammerle.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (5)

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  • svea

    Es ist unumstritten, dass der Erwerb und die Festigung der Muttersprache eine der wichtigsten Aufgaben eines jeden Schulsystems sind, trotzdem glaube ich nicht, dass durch dieses Angebot der Spracherwerb der deutschen Muttersprache gefährdet ist.
    Ich sehe diesen Klassenzug eher als ein Angebot für jene Familien, die in einem mehrsprachigen Kontext leben oder die sich nur für eine begrenzte Zeit in Südtirol aufhalten. Da die naturwissenschaftlichen Fächer auf universitärer Ebene ohnehin gute Englischkenntnisse erforderlich machen ist so ein Unterrichtsmodell für eine bestimmte Zielgruppe sicher eine gute Lösung.
    Eine größere Bedrohung für den korrekten Erwerb der Muttersprache sind der zunehmende Lehrer*innenmangel, der zwangsläufig dazu führen wird, dass man auf weniger gut ausgebildetes Personal zurückgreifen muss. Da das Sprachniveau der Schüler*innen im Regelunterricht bereits jetzt sehr unterschiedlich ist, sind Individualisierugsmaßnahmen erforderlich, die ein großes didaktisches Geschick der Unterrichtenden voraussetzen.
    Eine weitere Garantie für einen guten Spracherwerb sind die Rahmenbedingungen unter denen Unterricht stattfindet. Leider werden diese zunehmend schlechter (hohe Schülerzahlen pro Klasse, weniger Personal, mehr Bürokratie), sodass die Bildungsverantwortlichen dort ansetzen müssten, um guten Unterricht möglich zu machen.
    Dieser neue Klassenzug ist ein weiteres Angebot, er macht jedoch den Unterricht in den anderen Klassen weder besser noch schlechter.

  • falkao

    In Innsbruck gibt es zwei davon, und eine sogar in Kufstein. Muss ich nun in Tirol Englisch reden?

    https://www.international-schools-database.com/in/innsbruck

  • heracleummantegazziani

    Die größte Gefahr für den muttersprachlichen Unterricht ist der Dialekt. So weit reicht es bei Atz-Tammerle aber nicht.

  • sukram

    Da vergeht mir das Lachen, wenn ich sehe was die Populisten wieder für Pressemeldungen fabulieren. Wir brauchen eine weltoffene Schule. Es gibt viele Bürger von wertvollen Fachkräften, die nicht nach Südtirol kommen, weil es keine internationale Schule gibt. Auch viele Südtiroler möchten solche Fachkräfte werden und würden sich über eine englische, eine französische und eine chinesische Schule für ihre Kinder freuen.

  • dn

    Angst vor Englisch, aber keine Angst vor den Fratelli.

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