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Die Coaching-Falle

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Finanziellen Wohlstand erreichen, ohne zu arbeiten, ein Coach von Profisportler:innen oder ein renommierter Ernährungscoach werden: Das sind nur einige der Versprechen von Coaching-Videos, also Online-Tutorials, in denen angebliche Influencer:innen ihren Followern die Geheimnisse ihres eigenen finanziellen oder persönlichen Erfolgs verraten. Aber stimmt das wirklich?

Bei den Zentren des Netzwerks der Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net), darunter auch beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) Italien – Büro Bozen, gingen zahlreiche Meldungen über abgeschlossene Verträge für Online-Coaching-Kurse ein, von denen die betroffenen Verbraucher:innen nicht mehr zurücktreten konnten.

Es besteht kein Zweifel, dass die selbsternannten Coaches soziale Medien wie YouTube, TikTok und Instagram sehr geschickt nutzen.

Mit Schlagwörtern und Motivationsphrasen versprechen sie, Geheimnisse zur Verwirklichung der eigenen Träume zu lüften. „Think big“ oder „Ändere deine Einstellung zum Leben, nur dann wirst du dich selbst verwirklichen! Willst du wissen, wie? Klicke auf den folgenden Link“ sind einige der Sätze, mit denen Pseudo-Coaches junge Menschen und auch Erwachsene dazu verleiten, auf ihre Links zu klicken, weiß man bei den Verbraucherzentren.

In der Regel werden diejenigen, die auf den Link klicken, zu einem Formular weitergeleitet, wo sie einen telefonischen Termin vereinbaren können, um weitere Informationen zu erhalten… aber der Kontakt wird nicht direkt mit dem:der Influencer:in im Werbevideo hergestellt, sondern mit einigen der angeblichen Mitarbeiter:innen (sogenannte „Closer“). Diese erklären, dass die Coaching-Videos und Zoom-Meetings so bahnbrechend seien, dass sie denjenigen, welche die vorgeschlagenen Ratschläge befolgen, ein monatliches Einkommen von Tausenden von Euro garantieren. Für den Fall, dass diese Gewinne nicht erzielt werden, werden den Betroffenen weitere Video-Coachings zugesichert, bis es ihnen gelingt, ihre mentale Einstellung zum persönlichen oder beruflichen Leben so zu ändern, dass sie den angestrebten Erfolg erzielen.

Die überzeugten Verbraucher:innen erhalten per E-Mail einen weiteren Link mit Anleitungen, um die Videos und die Zoom-Sitzungen zu bezahlen und so „in ihre Zukunft zu investieren“. Die angebliche „Investition“ ist jedoch nicht unerheblich und liegt in der Regel, je nach Thema der Coaching-Videos, zwischen ca. 3.000 € und 13.000 €.

Danach wird man auf die Website eines Unternehmens umgeleitet, welches bis kurz vorher nie erwähnt wurde: Es ist das Unternehmen, das die Rechnungen ausstellt, sich um deren Eintreibung kümmert und sogar die Möglichkeit einer Ratenzahlung anbietet. Der renommierte Coach hat offenbar keine Zeit, sich mit diesen Details zu beschäftigen, denn er:sie ist mit kreativen Veranstaltungen oder Treffen beschäftigt, um die mentale Energie von Followern zu verändern!

Doch wie so oft ist nicht alles Gold, was glänzt. Einmal bezahlt, stellen die Neulinge fest, dass das Geheimnis des Geldverdienens in Wirklichkeit darin besteht, andere leichtgläubige Personen auf die Plattform zu locken, damit sie den Coaching-Videos folgen.

Und hier offenbart sich die Coaching-Falle: Das Unternehmen verweigert sich nämlich das Rücktrittsrecht der Verbraucher:innen anzuerkennen, weil sie beim Kauf ein Kästchen angekreuzt und ausdrücklich darauf verzichtet hätten, oder auch weil dieses Recht für das gekaufte digitale Produkt gar nicht vorgesehen sei. Mehrere betroffene Verbraucher:innen berichten jedoch davon, dass es gar nicht möglich gewesen wäre mit dem Kauf fortzufahren, ohne das entsprechende Kästchen zum Verzicht auf das Rücktrittsrecht vorher angekreuzt zu haben. In manchen Fällen war das entsprechende Häckchen bereits vorausgefüllt und die Verbraucher:innen waren sich dessen nicht einmal bewusst.

„Die Art und Weise, wie der Vertrag zustande kam, insbesondere in den Fällen, in denen die Verbraucher:innen mehrmals über verschiedene Links umgeleitet wurden, bevor sie auf die Bezahlseite gelangten, lässt ernsthafte Zweifel an der Korrektheit der angewandten Geschäftspraktiken aufkommen“, bestätigt Rebecca Berto, Rechtsberaterin des EVZ Italien, „und in jedem Fall ist es sehr schwierig, einmal gezahlte Beträge zurückzubekommen.”

Aus diesem Grund ist es ratsam, Angebote dieser Art sehr sorgfältig und mit dem nötigen Misstrauen zu bewerten: Einen sicheren Weg zu Reichtum und (persönlichem) Erfolg gibt es leider noch nicht!

Wenn Sie die Teilnahme an Video-Coaching-Angeboten trotzdem in Erwägung ziehen wollen, sollten Sie in jedem Fall Folgendes tun:

  • Machen Sie Screenshots von der Anzeige und/oder schicken Sie sich per E-Mail eine Kopie der Chat-Konversation mit den Anbieter:innen;
  • Fertigen Sie Screenshots von den Webseiten an, auf die Sie umgeleitet werden und von den Links, auf die Sie klicken;
  • Nehmen Sie sich Zeit für eine bewusste Entscheidung: In der Regel werden nur eine geringe Anzahl an freien Plätzen angegeben, um die Verbraucher:innen so zu einer übereilten Kaufentscheidung zu drängen;
  • Achten Sie auf die Angaben zur Plattform, auf der Sie die Zahlung tätigen sollen: Wenn es sich um ein Unternehmen handelt, das nie erwähnt wurde und über das Sie nichts wissen, brechen Sie ab und bestätigen Sie die Zahlung nicht.
  • Kreuzen Sie nicht die Kästchen an, in welchen Sie auf das Rücktrittsrecht verzichten: Wenn Sie dieses Kästchen ankreuzen müssen, um mit dem Kauf fortzufahren, blockieren Sie den Zahlungsvorgang.
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Kommentare (2)

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  • tiroler

    Verbraucher:innen?
    Habt ihr ein Tastaturproblem?

    • andreas1234567

      Hallo @tiroler,

      hab auch nach der fünften Zeile aufgehört zu lesen.Da kommt auch in aller Regel nichts Gescheites sondern ideologisch eingefärbter Volksbelehrungsmist.

      In D ist das übrigens auf dem Rückzug, wird noch von ein paar medialen Fanatikern in Presse und TV/Rundfunk benutzt..

      In D sagt man jetzt Influenzierende und Verbrauchende..

      Auf Wiedersehen bei den Südtirolseienden

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