Das Balkon-Gutachten
Die Staatsanwaltschaft hat zum Balkonsturz des 14 Monate alten Ajas in einer Gemeindewohnung in Waidbruck Anklage gegen vier Personen erhoben. Parallel dazu läuft ein Zivilverfahren mit einem möglicherweise entscheidenden Gutachten.
Von Thomas Vikoler
Es ist der frühe Abend des 23. April 2021. Ein 14 Monate altes Baby stürzt, unbemerkt von der Mutter, von einem Balkon einer gemeindeeigenen Wohnung in Waidbruck, zehn Meter in die Tiefe. Ajas, so der Name des Buben, überlebt und wird schwerverletzt in das Krankenhaus von Verona geflogen, wo er am 24. April verstirbt. Er starb an eine Polytrauma, wie die von der Staatsanwaltschaft Bozen in Auftrag gegebene Obduktion später ergab.
Strafrechtlich und zivilrechtlich ist die Tragödie einer aus Nordmazedonien stammenden Familie längst nicht aufgearbeitet. Fest steht lediglich, dass die Mutter von Ajas, deren Namen zunächst in das Ermittlungsregister der Staatsanwaltschaft Bozen eingetragen wurde, keine Schuld trifft. Das Verfahren gegen sie wurde nach kurzer Zeit eingestellt.
Anklage zum Verdacht der fahrlässigen Tötung erhoben hat die Staatsanwaltschaft inzwischen gegen vier Personen. Es sind dies: Der damalige Waidbrucker SVP-Bürgermeister Oswald Rabanser, der Verantwortliche der mit den Arbeiten an der Gemeindewohnung beauftragten Baufirma, der Bauleiter, und der Verantwortliche der Firma, welches das Balkon-Geländer aus Metall angebracht hat.
Die Vorverhandlung zu diesem Strafverfahren ist für den 7. Dezember angesetzt. Die Verteidiger werden voraussichtlich eine Vertagung beantragen – in Erwartung von Erkenntnissen aus dem Zivilverfahren.
Dort wurde kürzlich ein Gutachter beauftragt, sämtliche technische Aspekte des Balkons zu untersuchen. Bis April muss er u.a. klären, wie groß der Abstand zwischen Balkonboden und der ersten Quersprosse des Geländers war. Es gibt nämlich den Verdacht, dass Ajas dazwischen durchgerutscht ist. Bisher war von einem Abstand von 14 Zentimetern die Rede.
Das Gutachten soll letztlich die Grundlage für die Klärung der straf- bzw. zivilrechtlichen Schuldfrage bilden. Laut den Anwälten der vier Beschuldigten sind auch andere Sturz-Szenarien möglich: Ajas, der bereits gehen konnte, könnte beim Spielen mit anderen Kindern über das Balkongeländer gelangts sein. Die zweite Variante: Der Bub stieg auf die Couch am Balkon und stürzte von dort in die Tiefe.
Im Zivilverfahren sind u.a. die Versicherungen der Gemeindeverwaltung und der drei involvierten Firmen vertreten. Einigt man sich mit den Hinterbliebenen von Ajas auf eine Schadensersatzzahlung, ist der Ausgang des Strafverfahrens vorgezeichnet.
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Kommentare (3)
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gorgo
Die Geschichte ist sehr tragisch. Ich verstehe nicht, dass man 3 Jahre braucht um einen Abstand zu messen und zu eruieren ob der Kopf eines Kleinkindes hier ohne weiteres durchrutschen kann. Des weiteren hatte ich immer angenommen, dass es denn Eltern obliegt die WHG kleinkindgerecht zu sichern, bzw. das Kind entsprechend zu beaufsichtigen.
kitt
Bekommen ausländer gratiswohnungen und sind nicht imstande auf ein kind aufzupassen
naomi
Unglaublich welchen Schaden der Rabanser der Gemeinde Waidbruck als SVP-Bürgermeister zugefügt hat.