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Neue Corona-Sorgen

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Wegen der vielen Corona-Patienten stoßen einige Abteilungen in den Krankenhäusern an ihre Grenzen. Der Sanitätsbetrieb denkt über Konventionen mit Privatkliniken nach.

von Markus Rufin

Zur Hochphase der Corona-Pandemie hieß es immer wieder, dass das Virus nicht verschwinden wird. Südtirol wird genauso wie andere Regionen und Länder lernen müssen, mit Covid-19 zu leben. Was das genau bedeutet, war vielen nicht klar.

Nachdem die Hochphase der Pandemie über zwei Jahre zurückliegt, ist nun offensichtlich, was damit gemeint ist. Das Virus gibt es nämlich nach wie vor noch. Gerade in den letzten Wochen stiegen die Fallzahlen. Zwar findet keine genaue Erhebung statt, Hausärzte bestätigen aber, dass sie immer wieder positive Patienten behandeln.

Im Gegensatz zur Hochphase bereitete die viele Anzahl an Positiven bisher aber kaum Bedenken. Eine ähnlich kritische Situation wie vor zwei bis drei Jahren schließen Experten aufgrund der Immunisierung, die auch dank der Impfung erreicht wurde, aus.

Die einzige Möglichkeit, die Entwicklung im Auge zu behalten, sind die aktualisierten Zahlen des Gesundheitsministeriums zu den Corona-Infektionen in den Krankenhäusern.

In Südtirol kam es in den letzten Wochen demnach zu einem deutlichen Anstieg. Aktuell werden 73 Patienten in normalen Abteilungen behandelt, auf den Intensivstationen sind es zwei Personen.

Wie Elke Maria Erne, Primaria der Infektionskrankheiten im Krankenhaus Bozen, bestätigt, handelt es sich primär um sogenannte „fragile“ Patienten: „In meiner Abteilung liegen vor allem schwierige Fälle. Es handelt sich meist um alte Menschen – teilweise mit über 90 Jahren – die auch noch andere Begleiterkrankungen haben, oder jüngere Patienten, die immunsuppressive Therapien machen.“

Auch Erne bestätigt einen starken Anstieg, ihre Abteilung verfüge über elf Covid-Betten die aktuell alle belegt seien. Andere Covid-Patienten befinden sich vor allem auf der Geriatrie oder auf der inneren Medizin, dabei handelt es sich aber um weniger schwere Verläufe.

Erne ist vom Anstieg der Fälle in den Krankenhäusern nicht überrascht: „Mir war es klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis die vielen Fälle, die es aktuell gibt, dazu führen, dass auch mehr Personen im Krankenhaus behandelt werden müssen. In welchem Ausmaß das geschieht, kann man natürlich nie vorhersagen, aber besonders ältere Menschen bleiben nun mal anfällig.“ Der Virus selbst sei weder aggressiver noch ansteckender geworden. Der Anstieg sei also lediglich damit zu erklären, dass die aktuelle Welle nun auch die älteren Menschen erreicht hat.

Doch wie ernst ist die aktuelle Situation eigentlich? „Wir haben viel von der Pandemie gelernt. Wenn es schlimm wird, haben wir Kapazitäten und können mehr Covid-Patienten behandeln“, erklärt die Primarin. „Das Problem ist, dass wir auch Patienten ohne Covid haben, die behandelt werden müssen. Dasselbe gilt für andere Abteilungen wie die Chirurgie.“ Covid-Patienten müssen nach wie vor isoliert behandelt werden, da sie eine Gefahr für andere Patienten darstellen. Das führt zu einem großen Mehraufwand für Ärzte und Pfleger.

Die aktuelle Herausforderung bestehe laut Erne vor allem im Alter der Patienten. Häufig könne man diese nicht einfach entlassen, da es das soziale Umfeld nicht zulasse. Eine Überstellung in ein Altersheim sei ebenso schwierig, da auch dort wenige Plätze zur Verfügung stehen.

Aktuell werden in den Krankenhäusern also Patienten behandelt, die sich unter normalen Umständen zuhause aufhalten könnten. Da sie aber zuhause niemanden haben, der sie pflegt, ist eine Überstellung nicht möglich.

Obwohl man über ausreichend Betten verfügt, scheitert es am Pflegemangel diese Zahl wesentlich zu erhöhen. Eine Möglichkeit, mehr Covid-Patienten zu behandeln bestehe aktuell darin, die Pfleger und Ärzte mehr in Anspruch zu nehmen.

Ansonsten ist der Spielraum begrenzt. Die einzige Alternative ist laut Erne die Verlegung von Corona-Patienten auf andere Abteilungen, wenn deren Erkrankung nicht mehr akut ist. Eine große Hilfe wäre immer laut Primarin eine neue Konvention mit Privatkliniken: „Manchmal reichen auch schon fünf oder zehn Betten, um für eine Entlastung zu sorgen. Es reicht, wenn man das im kleinen Rahmen aufbaut.“

Viel wichtiger sei allerdings die Prävention. Speziell in sensiblen Einrichtungen gelte es vorsichtiger zu sein. Erne glaubt, dass die Einführung von Maßnahmen wie eingeschränkte Besuchszeiten in Altersheimen schwierig ist: „Diese Leute waren bereits lange isoliert, es ist aber so, dass die Verwandten und Besucher, die womöglich keine oder nur schwache Symptome haben, andere anstecken. Die älteren Personen entwickeln dann Symptome und schwerere Krankheitsbilder.“

Erne ruft daher vor allem die Angehörigen von älteren Personen zu einem achtvollen Umgang auf: „Menschen die Symptome haben, sollen nicht zur Arbeit gehen und Maske tragen. Jeder muss sich wieder bewusstwerden, dass er das Virus übertragen kann.“

Eine weitere wichtige Maßnahme sei die Impfung. Die Personen, die aktuell in den Spitälern behandelt werden, seien zwar Großteils geimpft, haben die Auffrischimpfung aber nicht gemacht. Erne ruft daher insbesondere ältere Personen und Personen mit Vorerkrankung zur Auffrischimpfung auf.

Wenn sich die Menschen daranhalten, werde es gelingen gut über den Winter zu kommen. Geschieht das allerdings nicht, befürchtet Erne, dass die Belastung im Spital weiter zunehmen wird, vor allem, da sich neben Corona jetzt auch die Grippe-Welle ankündigt, die ihren Höhepunkt erst in einigen Wochen erreichen wird.

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