Das Südtiroler Schulmodell
An der Universität Bozen fand am Samstag eine internationale Tagung zum Thema „Die Minderheitenschule im fremdsprachigen Umfeld“ statt.
Renommierte WissenschaftlerInnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland präsentierten internationalrechtliche Vorgaben und Beispiele für Minderheitenschulen im Ausland und verglichen diese mit der Minderheitenschule in Südtirol.
Einleitend betonte Prof. Peter Hilpold von der Universität Innsbruck, der das Konzept der Tagung entworfen hat, dass die Schutzvorkehrungen für Minderheitenschulen international immer ausgeprägter werden, dass aber jedes Modell unter eigenen Voraussetzungen zur Anwendung komme.
Das Südtiroler Schulmodell gelte als vorbildhaft, kenne aber keine unmittelbaren Vergleichsmodelle. Internationale Regeln zur Minderheitenschule, die häufig sehr allgemein gehalten seien, könnten damit nur begrenzt für die Südtiroler Schule nutzbar gemacht werden. Letztlich sei eine hochwertige Schule stets auch eine Ressourcenfrage.
Eine international angemessene Entlohnung sei ein wichtiger Ausdruck gesellschaftlicher Wertschätzung, die gerade die Minderheitenschule benötige.
In den nachfolgenden Beiträgen ging Prof. Emma Lantschner von der Universität Graz auf die einschlägigen Vorgaben der Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten ein, Prof. Stefan Oeter hingegen auf die Charta der Regional- oder Minderheitensprachen.
Dabei wurde auf eine umfangreiche Praxis innerhalb der Europarats verwiesen, die zu sehr differenzierten Lösungsansätzen geführt hat. Lösungsansätze seien stets situationsspezifisch zu entwickeln. Prof. Harald Scheu von der Universität Prag ging auf die Rolle der Eltern bei der Gestaltung der Minderheitenschule ein, die von Kooperation und Konflikt mit der Gesamtgesellschaft geprägt sei.
Samir Beharić M.A. von der Universität Bamberg zeigte auf, dass in Bosnien-Herzegowina extremer Nationalismus zur Segregation von Schulen zwischen den verschiedenen Nationalitäten geführt habe, die zuvor gemeinsam geführt wurden. In einem Fall hätten sich die Schüler aber erfolgreich dagegen zur Wehr gesetzt und damit ein Zeichen gegen den überbordenden Nationalismus gesetzt.
RA Dr. Christoph Perathoner von der Universität Bozen behandelte in der Folge auf Art. 19 des Südtiroler Autonomiestatuts, während Ph. Dr. Oskar Peterlini, ebenfalls von der Universität Bozen, die Herausforderung der Migration für die Minderheitenschule untersuchte.
Die Tagung war von einer regen Diskussion der zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den Vortragenden gekennzeichnet.
Ein zentraler Diskussionspunkt war, ob das einsprachige Südtiroler Schulmodell, in dem die jeweilige Schulsprache Unterrichtssprache, die Zweitsprache hingegen Unterrichtsgegenstand ist, beibehalten oder reformiert werden soll.
Überwiegend wurde die Auffassung vertreten, dass Art. 19 des Autonomiestatuts grundsätzlich beibehalten werden sollte, doch gab es auch einige Stimmen für die großzügigere Zulassung von Schulversuchen und ergänzenden Modellen. Ph.Dr. Peterlini brach eine Lanze für eine asymmetrische Öffnung dieses Systems: Der italienischen Sprachgruppe sollte das Recht eingeräumt werden, ihr Schuldmodell nach ihren Vorstellungen zu gestalten, während die deutsche Sprachgruppe an ihrem Modell festhalten sollte.
Zur abschließenden Podiumsdiskussion waren Norbert Sparer, Josef Prantl, Alex Ploner, Christoph Schmid, Moderator Alfred E. Mair, Luis Durnwalder, Margareth Lun, Giorgia Martinolli und Johanna Ramoser geladen, welche individuelle Erfahrungen präsentierten und grundsätzliche Überlegungen über die weitere Gestaltung des Südtiroler Schulmodells anstellten. Dabei wurde insbesondere auch auf die Herausforderungen eingegangen, die die Migration für die Schule im Allgemeinen und die Minderheitenschule im Besonderen mit sich bringt.
Zahlreiche Diskussionsbeiträge aus dem Publikum belegten das große Interesse der Teilnehmer am Tagungsthema.
„Der Südtiroler Schützenbund sieht sich nach Abhaltung dieser Tagung in der eigenen Haltung bestätigt, dass der muttersprachliche Unterricht dringend gestärkt gehört und an unseren Schulen absoluten Vorrang haben muss. Zahlreiche Beispiele in Europa und außerhalb belegen, dass gemischtsprachige Experimente immer auf Kosten der Minderheit gehen. Als Südtiroler Schützenbund wollen und müssen wir hier konkret entgegenwirken und können nicht mehr länger tatenlos zusehen“, so Landeskommandant Roland Seppi.
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Kommentare (3)
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dn
Gelingender Unterricht setzt voraus, dass der Schüler die Unterrichtssprache beherrscht. Fremdsprachen müssen meist von Null an gelernt werden. Da hakt es bei Italienisch, weil das nicht wie Englisch nach modernen Methoden eines Fremdsprachenunterrichts gelehrt wird.
Zur Regelung, dass Direktoren im Gespräch die Sprachfertigkeiten der Eltern erheben können: Kein Direktor wird sich hier die Finger verbrennen, dann wäre am nächsten Tag in sämtlichen italienischen Medien (und auch noch vermutlich in anderen) eine Hexenjagd sondergleichen. Also eine Regelung komplett für die Fische.
artimar
„dn“ Deutsch (als Zweitsprache) wird in Südtirol selbstverständlich nach Methoden/Vorgaben des europäischen Referenzrahmens vermittelt.
Wieso es an it. Schulen selbst nach 13 Jahre DaZ nicht klappt, hat bekanntlich ganz andere (intrinsische, aber auch außerschulische) Gründe.
dn
Gilt leider gleichermaßen für beide Seiten. Ich habe mich auf Italienisch als Zweitsprache bezogen. Oft kennen deutschsprachige Schüler besser Englisch als Italienisch – das liegt wohl auch an den Methoden.