Der Ernst des Lebens ist auch heiter
„Humor ist eine feine Sache“: Eine theatralische Hommage zum 100. Geburtstag von Loriot im Theater in der Altstadt Meran in der Regie von Christina Khuen.
von Pia Ogrizek Reichhalter
Vier Personen stolpern von links und rechts auf die Bühne, alle in Feinripp-Herrenunterwäsche, die Haare unter einem Strumpf geplättet. Allein diese Situation sorgt für Komik, denn vom ersten Moment ist klar, Männer (Frederick Redavid, Peter Schorn) und Frauen (Sabine Ladurner, Claudia Bellasi) schlüpfen abwechselnd in viele Rollen. In rasantem Tempo wechseln sie ihre Kostüme, den Akzent und die Requisiten auf der Bühne (Kostümassistenz: Mirijam Hellrigl, Maske: Gudrun Pichler).
Am Rand ist Wohnzimmermobiliar aus den 50er Jahren gestapelt (Ausstattung: Andrea Kerner). Mit wenig Aufwand spielt das clowneske Quartett Szenen des berühmten deutschen Karikaturisten und Autors C.C. von Bülow, alias Loriot, nach. Bekannt war er vor allem für seine Knollnasenmännchen, er war für Jahrzehnte der beliebteste Humorist Deutschlands. Anfangs erschienen seine Vignetten in der Zeitschrift „Stern“ oder in der „Quick“. Sein subtiler Humor und die scharfe Beobachtungsgabe menschlicher Unzulänglichkeiten haben mehrere Generationen zum Schmunzeln gebracht. Abendfüllenden Spaß und große Bekanntheit erreichte er mit den Filmen „Ödipussi“ und „Papa ante portas“, in denen er selbst mitspielte.
Christina Khuen hat einige der bekanntesten Szenen des großen Repertoires von Loriot auf der Bühne des Meraner Theaters in der Altstadt zum Leben erweckt. Zum Beispiel die des „Sprechenden Hundes“ (Claudia Bellasi), oder Szenen einer Ehe, wie „Das Ei“, „Feierabend“ oder der „Kaputte Fernseher“: Ein altes Ehepaar, in Gewohnheit erstarrt, schaut gebannt auf den defekten Bildschirm und kommentiert lakonisch das üble Programm, dass allabendlich geboten wird. Sabine Ladurner trifft öfters die larmoyante Stimme der vernachlässigten Ehefrau. In der defekten Kommunikation liegt die Komik von Loriots Texten. In „Aneinander vorbeireden“ kommt es schnell zu Missverständnissen, die jedem von uns bekannt sind. Wenn man darüber lachen kann, ist das Leben leichter.
Der Rhythmus des Theaterabends wird von Melodien der Comedian Harmonists begleitet. Eine der gelungensten Szenen ist jene des „Heiligen Abends“: Frederick Redavid als biedere Hausfrau, Peter Schorn als geschäftiger Ehemann, Sabine Ladurner als tyrannischer Opa und Claudia Bellasi als trauriges Kind mimen ein sinnentleertes Fest, das trotz aller Klischees wieder lustig ist.
Die Krönung des eineinhalbstündigen Theaterabends ist „Herren im Bad“: Schon allein die Kostüme sind der Heuler: Durch strumpfähnliche Anzüge, die ausgestopft sind, wird Nacktheit simuliert. Peter Schorn steigt in die Wanne, in der unerwartet schon ein anderer Gast (Frederick Redavid) sitzt. Sie – Professor und Manager – streiten sich wie kleine Kinder, wer das Vorrecht hat, ein Bad zu nehmen. Indes siezen sie sich weiterhin, spielen mit Badeentchen. Diesen Machtkampf verkörpern die beiden Protagonisten hervorragend. Frederick Redavid gelingt es besonders, mit verschmitzter, unbeteiligter Miene das Publikum zum Lachen zu bringen, egal ob in Männer- oder Frauenrollen. Als Hildegard, die von ihrem Kavalier ins Restaurant ausgeführt wird, brilliert er förmlich, er kommt ohne viel Worte aus. Seine Mimik spricht Bände. Mit Nonchalance demaskiert er unmögliche Umgangsformen.
Ebenso hervorzuheben ist Peter Schorns Talent, den Akzent zu wechseln, mal spricht er als typisch deutscher Spießer, wechselt dann in den Wiener Slang, um schließlich im hiesigen Deutsch sinnentleerte Politikerreden glaubhaft darzubieten.
Die Würze in Loriots Texten liegt in den sprachlichen Feinheiten, dem gezierten Konjunktiv und Wortgezupfen, Alltagssituationen mit Witz aus Distanz entlarven. Humor kann sogar die Wahrheit verkleiden.
Gespielt wird noch am Do 16.11., Fr 17.11., So 19.11., Mi 22.11, Do 23.11., Fr. 24.11., So 26.11, Mi 29.11., Do 30.1., immer 20 Uhr, außer sonntags 18 Uhr.
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