„Wurde Opfer einer Intrige“
Der SVP-Sozialpolitiker Helmuth Renzler fühlt sich als Opfer einer Intrige. Einige FreundInnen im Edelweiß hätten gezielt Gerüchte zu seinem Gesundheitszustand gestreut – und damit seine Wiederwahl verhindert.
TAGESZEITUNG Online: Herr Renzler, Sie haben den Wiedereinzug in das Landesparlament um 470 Stimmen verpasst. Wie sieht Ihre persönliche Wahlanalyse aus?
Helmuth Renzler: Ich habe die Analyse noch nicht gemacht, weil ich seit 24. Oktober und bis vorgestern (Montag, Anm. d. R.) mit Covid und einer Lungenentzündung im Krankenhaus gewesen bin. Ich hätte mir nie gedacht, dass ich über 3.000 Stimmen verlieren würde …
Bei den Wahlen 2018 hatten Sie 8.513 Vorzugsstimmen bekommen, beim letzten Urnengang waren es nur mehr 5.401 Stimmen …
Ja, wie gesagt, eine der Ursachen für dieses schlechte Ergebnis ist sicherlich die, dass ich in der letzten Zeit gesundheitlich angeschlagen war …
Da Sie diesen Punkt selbst ansprechen: Sie wissen, dass es in den vergangenen Monaten wüste Spekulationen über Ihren Gesundheitszustand gegeben hat?
Ja, es hat eine Intrige gegeben.
Es hat hinter vorgehaltener Hand geheißen: Der Renzler hat Lungenkrebs, er lebt nicht mehr lange …
Es war, wie gesagt, eine Intrige. Es stimmt zwar, dass ich in Behandlung bin …
Wegen eines Lungentumors?
Man kann das noch nicht definieren. Ich bin seit Ende Juli in Behandlung und muss eine Chemotherapie machen, aber noch weiß man es nicht, von wo es ausgeht. Es könnte die Lunge sein, es muss aber nicht sein. In jedem Fall ist mein Gesundheitszustand nicht mehr so besorgniserregend, wie es aussah. Ich muss zwei, drei Chemos machen, dann sehen wir weiter.
Warum sprechen Sie dezidiert von einer Intrige?
Weil ich noch lange nicht so schlecht beinander bin, dass ich meine Arbeit nicht machen könnte. Im Gegenteil. Im Wahlkampf habe ich mein Letztes gegeben. Vielleicht habe ich mich überanstrengt und bin deswegen an Covid erkrankt. Tatsache ist, dass die Sache mit meinem Gesundheitszustand aufgebauscht wurde. Gewisse Kreise in meiner Partei haben das aufgespielt. Logisch haben dann die Leute gesagt: Wenn es dem Renzler nicht gut geht, wenn er so krank ist, dann brauchen wir ihn nicht mehr zu wählen.
Ist Ihre politische Karriere damit vorbei?
Ich werde mich zwar politisch zurückziehen, aber weiterarbeiten. Logisch habe ich jetzt nicht mehr die Möglichkeit, die ein Abgeordneter hat. Ich kann ja nicht die Sprechstunden bei mir daheim machen. Ein Grund für meine Wahlniederlage war sicher die Intrige, ein zweiter Grund war wohl der Umstand, dass ich von den über 6.000 Anfragen, die die BürgerInnen an mich gerichtet haben, nur deren 2.600 beantworten konnte. Einige Personen, deren Anfrage ich nicht beantwortet haben, haben mich vielleicht deswegen nicht gewählt.
Auch für Ihnen nahestehende SVP-Funktionäre – wie beispielsweise den Senioren-Politiker Otto von Dellemann – kam Ihre Wahlschlappe wie der Blitz aus heiterem Himmel …
… so wie für mich! Im Wahlkampf war der Zuspruch ja groß. Das Gerücht über meine Gesundheit hat jemand ganz bewusst in die Welt gesetzt.
Wissen Sie, wer es war?
Ich habe zwar Verdachtsmomente, aber keine Beweise. Aufgefallen ist mir eine Episode: Ich habe keine Verwandten, nur zwei Cousinen. Eine der beiden Cousinen war auf einer Wahlveranstaltung, dort hat sie eine Mit-Kandidatin von mir getroffen. Und diese Mit-Kandidatin hat dann zu meiner Cousine gesagt, dass es mir gesundheitlich nicht gut gehe. Ich frage mich schon: Wie, bitteschön, kommt diese Mit-Kandidatin dazu, so etwas zu sagen? Meine Cousine ist aus allen Wolken gefallen. Ohne, dass ich Namen nenne: Ich weiß, aus welcher Richtung diese Intrige kommt.
Wie geht es bei Ihnen weiter?
Ich bin als Arbeitnehmer auf die Welt gekommen. Und ich werde als Arbeitnehmer sterben. Ich werde weiter meine Kolumne für den WiKu schreiben. Ich werden versuchen, die Menschen zumindest auf meinem Fachgebiet weiter zu informieren und zu unterstützen. Dann wird man sehen, was sich entwickelt. Ich werde mich aber sicher nicht in die laufende Politik einmischen, weil man die Neuen arbeiten lassen soll.
Der Schock über die Wahlniederlage sitzt aber noch tief?
Ich habe in meinem Leben einiges mitgemacht und bin ein großer Realist. Ich bin bereits einmal bei einer Wahl durchgeflogen, man weiß bei Wahlen nie, wie sie ausgehen. Für mich geht die Welt nicht unter, finanziell bin ich abgesichert. Politikerrente bekomme ich keine. Enttäuscht bin ich vor allem deswegen, weil ich mein Projekt des Landesinflationsausgleichs für Pensionen nicht mehr umsetzen kann. Mit diesem Inflationsausgleich hätte man dafür sorgen können, dass die Rentner nicht an Kaufkraft verlieren. Dieses große Thema ist bei den Menschen leider zu wenig angekommen. Ein zweites Steckenpferd wäre für mich der Kampf gegen die Pläne der italienischen Regierung, die die Mindestrenten nicht mit Steuergeldern, sondern mit dem Geld jener Pensionisten, die mehr eingezahlt haben, erhöhen will, gewesen. Das kann es nicht sein!
Sie wirken noch immer sehr kämpferisch?
Mit gutem Grund! Denn die Regierung in Rom will die Renten der Bauern, der Hoteliers und der Gastwirte, die weniger eingezahlt haben, aufbessern, indem man jenen das Geld nimmt, die mehr eingezahlt haben. Das kann nicht sein! Wenn es tatsächlich so krass kommen sollte, dann werde ich auch in Zukunft laut meine Meinung sagen. Dasselbe gilt für Sozialthemen im Lande. Wenn nötig, lese ich den Verantwortlichen die Leviten.
Zurück zu Ihrem Wahlergebnis: Sie haben landesweit über 3.000 Stimmen verloren …
Richtig, ich habe die Zahlen vor mir liegen. Im Bezirk Bozen haben ich 357 Stimmen verloren, im Burggrafenamt 495, im Eisacktal 412, im Pustertal 735 Stimmen, im Bezirk Salten-Schlern 362, im Überetsch und im Unterland 422, im Wipptal 121, in Ladinien 10. Bei den BriefwählerInnen habe ich 103 Stimmen dazugewonnen.
Im Verhältnis haben Sie also im Burggrafenamt am meisten Stimmen verloren …
Richtig, deswegen gehe ich auch davon aus, dass die Intrige von dort ausgegangen ist.
Sie sind der Dritte der Nichtgewählten auf der SVP-Liste, haben also kaum Chancen, nachzurücken …
Mir tut es vor allem für die Leute leid, die eine Beratung weniger haben. Im Landtag sitzt nun keiner mehr, der aus dem öffentlichen Dienst bzw. aus dem Staats- oder halbstaatlichen Dienst kommt. Damit wird sich auch die Partei schwertun. Und wissen Sie, was ich mir in diesen Tagen oft denke?
Sie sagen es uns …
Natürlich ist die Enttäuschung über den starken Stimmenverlust groß, aber man weiß nie, für was das gut ist. Ich bin 70, werde im März 71. Wer weiß, ob diese negative Erfahrung nicht auch für etwas gut ist.
Das Rauchen haben Sie aufgegeben?
Nein, nach 55 Jahren macht das auch wenig Sinn. Auch die Ärzte bestehen nicht besonders darauf.
Interview: Artur Oberhofer
Kommentare (17)
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