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Verflixte Berge

Andreas Egger in Bergpose

Warum mir Steinbichlers „Ein ganzes Leben“ keine besondere Freude macht. Und was es sonst noch gibt im Kino.

von Renate Mumelter

Manchmal wäre es einfacher zu schweigen. Soprassediamo, hieße es dann. Ich könnte einen anderen Film besprechen, es gibt grad genug Sehenswertes. Bei Hans Steinbichlers Verfilmung von Roberts Seethalers „Ein ganzes Leben“ kann ich aber nicht „soprassedieren“, weil er ein Phänomen aufzeigt, mit dem wir hier in den Bergen immer wieder zu tun haben.

Eine Mischung, die gefällt

Im Film geht es um das Leben von Andreas Egger. Er lebt in den Bergen, wird als Verdingbub geschlagen, später steckt er Schicksalsschläge schweigend weg. Das hat Regisseur Steinbichler schon am Bestseller gefallen, wie er in einem Interview (www.filmdienst.de) erzählt.

Buch und Film bedienen Themen, die ich gefühlt bereits tausendmal zu mir genommen habe: Berge, Kargheit, Spröde, Schicksal. Eine Mischung, die nach wie vor gefällt, wie dem Rezensionsjubel zu entnehmen ist. Der Film sei „ein einzigartiges visuelles Erlebnis und eine Liebeserklärung an das Leben in den Bergen mit allen Höhen und Tiefen“ (Spiegel), der Film sei „eine existenzielle Achterbahnfahrt von hoher schauspielerischer und inszenatorischer Qualität, die auch eine Ode an die Südtiroler Berge und ihren eigenwilligen Menschenschlag ist“ sic! (Filmdienst). Das kann nur jemand schreiben, der maximal touristisch in den Bergen unterwegs war. Und noch: „Wo der Hilfsarbeiter Andreas Egger schlussendlich staunend vor seinem Leben steht, steht der Zuschauende staunend vor diesem monumentalen Zeitkolorit“, meint die Deutsche Film- und Medienbewertung.

Die Premiere

Mit meinem Unbehagen war ich unter dem Premierenpublikum nicht allein. Die Seethaler-Story kann jemand mögen oder auch nicht, bei der Aufmachung wird’s dann aber definitiv mühsam. Bombastische Musik liegt über der Bergkulisse, obwohl eigentlich die Geschichte eines einfachen, stillen Lebens erzählt werden soll. Das schmalzt.

Mit seinen ProtagonistInnen lässt sich Steinbichler nicht lumpen. Marianne Sägebrecht ist genauso dabei wie Andreas Lust, Thomas Schubert oder Robert Stadlober. Egger verdankt seine Präsenz Schauspielern unterschiedlichen Alters von Stefan Gorski bis August Zirner. Und doch geht „Ein ganzes Leben“ nicht unter die Haut sondern prallt mit großer Geste ab.

Vier Empfehlungen

„Analogica 13“, das analoge und experimentelle Festival läuft noch heute und morgen im Waaghaus.

Am Mittwoch gibt es auf Einladung von Centaurus „Le Favolose“, einen heiteren Dokumentarfilm zu einem ernsten Thema im Filmclub. Regisseurin Roberta Torre, erzählt die Geschichte von Transgenderfreundinnen, die zusammenkommen, um Antonia zu ehren, die vor 20 Jahren verstorben und als Mann begraben ist. Das soll sich ändern.

„She Chef“ von Melanie Liebheit und Gereon Wetzel begleitet am Donnerstag die jungen Kochweltmeisterin Agnes bei ihren beruflichen Abenteuern in einer Männerdomäne. Im Anschluss gibt es ein Gespräch mit Sternekoch Herbert Hintner. Im Filmtreff Kaltern.

Die zweite Etappe der „Doc Days“ von FAS und Filmclub bietet einen Dokumentarfilm an, der so sehenswert ist wie hart, „Le Spectre de Boko Haram“ von Cyrielle Raingou. Sie selbst stammt aus dem Norden Nigerias und porträtiert eine Gruppe von Kindern in dieser Krisenregion, wo Gewehrsalven den Schulweg begleiten. Gezeigt wird der Film am Donnerstag in Zusammenarbeit mit Female Views im Filmclub.

 

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