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„Keine Angst, Bauern“

Brigitte Foppa

Grünen-Politikerin Brigitte Foppa erklärt, warum sie sich trotz des verfehlten Wahlziels nicht als Verliererin abstempeln lassen will. Und stellt mit Blick auf die Verhandlungen mit der SVP klar: „Die Bauern brauchen keine Angst vor uns haben.“

Tageszeitung: Frau Foppa, wie analysieren Sie das Wahlergebnis der Grünen?

Brigitte Foppa: Wenn ich mir mein persönliches Wahlergebnis von 11.722 Stimmen anschaue, empfinde ich große Freude. Von den Abgeordneten, die 2013 erstmals in den Landtag gewählt wurden, bin ich die einzige, die Stimmen hinzugewinnen konnte. Von den Abgeordneten, die seit 2018 im Landtag sind, sind fast alle entlassen worden. Ich kann mir vorstellen, dass das mit der Pandemie zusammenhängt.

Und das Ergebnis der Gesamtpartei?

Wir Grünen haben ein gutes Ergebnis erzielt. Wir haben fast einen ganzen Sitz hinzugewonnen, was die Stimmenzahl angeht. Leider hat es am Ende nicht für die 30.000 Stimmen gereicht, die wir uns als Wahlziel gesetzt hatten. Der europäische Trend hat nicht zu unseren Gunsten gewirkt: In Bayern haben die Grünen 3,2 Prozent verloren und in der Schweiz sind sie komplett eingebrochen. Wir sind die einzigen Grünen in Europa ohne Abwärtstrend. Deshalb haben uns die Europäischen Grünen zu dem Wahlergebnis gratuliert. Wir haben viel Energie in den Wahlkampf investiert. Dass wir nicht vier Sitze erreicht haben, ist eine sehr bittere Pille, die wir schlucken müssen.

Wie SVP hat über sieben Prozent verloren, im Mitte-Links-Lager gab es keine Konkurrenz. Warum hat es für Ihre Partei trotzdem nicht zu mehr gereicht?

Wir haben 2,5 Prozent bzw. 7.000 Stimmen hinzugelegt. Einige werden Arno Kompatscher gewählt haben, um „ihn zu retten“, so stand es ja auch im Leitartikel des Herausgebers der Tageszeitung am Samstag vor der Wahl. Ich habe immer gesagt, wenn man Kompatscher retten will, muss man uns Grüne wählen. Tatsache ist auch, dass viele Italiener nicht zur Wahl gegangen sind. Unsere italienischen Kandidaten konnten kaum an italienischen Podiumsdiskussionen teilnehmen, weil es schlicht keine gab. Der Rückgang der Wahlbeteiligung hat sich nicht zu unseren Gunsten ausgewirkt.

Sven Knoll hat sich vor allem auf die jungen WählerInnen konzentriert. Warum haben die Grünen ihren Jungkandidaten Zeno Oberkofler nicht stärker gepusht?

Das stimmt nicht. Zeno Oberkofler hat einen engagierten Wahlkampf geführt und war am meisten unterwegs, oft auch mit mir selbst. In der Woche vor der Wahl habe ich noch einmal viele Medien durchtelefoniert und um einen Platz für unseren jungen Kandidaten gebeten, was leider nicht alle angenommen haben.

Auf den Plakaten und in den Wahlaufrufen der Grünen-Spitze stachen aber die drei Spitzenkandidatinnen hervor…

Wir hatten insgesamt 12 Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten. Zeno war ganz oben in der Hierarchie, auch auf den Wahlplakaten. Er hatte den vierten Platz auf der Liste hinter mir, Sabine Giunta und Hanspeter Staffler, was auch nicht allen gefallen hat. Er war für uns in vielen Schulen, also ist es auch richtig, dass er sich durchgesetzt hat. Gleichzeitig ist es aber auch so, dass wir unbedingt unsere italienische Spitzenkandidatin in den Landtag bringen wollten. Das ist uns leider nicht gelungen.

Das Team K hat sich im Wahlkampf stark gegen die SVP positioniert. Haben Sie sich zu sehr der SVP angebiedert?

Das Team K hat Stimmen verloren, wir haben Stimmen gewonnen. Die WählerInnen haben uns nicht bestraft, sondern belohnt. Auch die vielen Stimmen an Sabine Giunta sind ein Beweis, dass die Grün-WählerInnen die Regierungsbeteiligung wünschten. Wir haben betont, dass wir Regierungsverantwortung übernehmen wollen – und dazu stehen wir weiterhin. Natürlich wäre es mit vier Mandaten und einer Italienerin einfacher gewesen. Aber eine Koalition mit SVP, PD und La Civica ist rechnerisch immer noch möglich.

Die SVP-Bauern haben mehr Angst vor den Grünen als vor Fratelli d’Italia. Wie wollen Sie dem begegnen?

Renate Künast hat mir einmal gesagt, dass dies ein alter Vorbehalt gegenüber uns sei. Man kann diesen nur überwinden, wenn man zu den Bauern hingeht und gemeinsame Sache macht. Im Landtag habe ich sehr gut mit den Bauernvertretern zusammengearbeitet, zum Beispiel bei der Einführung der Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel. Ich habe einen guten Draht zu vielen Bäuerinnen und sehe keine Unvereinbarkeit zwischen uns Grünen und den Landwirten: Ökologie und Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand. Die Macht des Bauernbundes schwindet, und das ist ein Vorteil.

Die Landwirte leiden unter der hohen Inflation und befürchten, dass die Grünen jetzt mit Pestizid-Verbot und Bio-Pflicht kommen könnten…

Die Landwirte brauchen keine Angst vor uns zu haben. Wir werden mit klaren Zielen und Respekt in die Verhandlungen gehen. Die Turbo-Zeiten sind auch in der Landwirtschaft vorbei. Ich bin als sehr gute Verhandlerin bekannt. Sonst wäre es mir als Oppositionspolitikerin schon gar nicht möglich gewesen, vier Gesetze im Landtag zu verabschieden.

Interview: Matthias Kofler

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