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„Habe zu wenig kommuniziert“

LRin Maria Hochgruber Kuenzer (Foto: lpa/Tessaro)

Maria Hochgruber Kuenzer macht für ihre verpasste Wiederwahl das Raumordnungsgesetz und die fehlende Sichtbarkeit für ihre Arbeit verantwortlich. Wie sie auf ihre Arbeit zurückblickt und wie ihr Leben nach dem Landtag ausschaut.

Tageszeitung: Frau Hochgruber Kuenzer, Sie haben als Landesrätin die Wiederwahl in den Landtag verpasst. Wie tief sitzt die Enttäuschung darüber?

Maria Hochgruber Kuenzer: Jeder Tag bringt Neues und mit jedem Tag geht es mir wesentlich besser. Ich spüre in mir eine wachsende Motivation für eine Neuorientierung. Ich habe ein gutes Netz aus Familie und Bekannte, von dem ich aufgefangen werde. Auch von meinem Naturell her möchte ich mich aber neu ausrichten.

Im Interview mit Rai Südtirol haben Sie gesagt, dass ihre Arbeit zu wenig Sichtbarkeit bekommen hat…

Ich habe vielleicht auch zu wenig kommuniziert. Ich glaube, mich über Arbeit definieren zu können, das reicht in der Politik aber nicht.

Das Raumordnungsgesetz war in den letzten fünf Jahren ein großes Thema. Es stammt zwar nicht aus Ihrer Feder, Sie haben aber viel Kritik dafür abbekommen. Zurecht?

Ich habe das als Auftrag gesehen. Mir war klar, dass es schwierig ist, aber ich kannte als Kommissionspräsidentin der zweiten Gesetzgebung in der vorletzten Legislatur die Inhalte, allerdings nicht die Durchführungsbestimmungen oder den Bereich der digitalen Bauakte. Das muss getrennt vom Raumordnungsgesetz gesehen werden. Ich habe mich stark auf Artikel 37 konzentriert. Ich habe mir den Anspruch gestellt, das Gesetz zu verstehen und es zu kennen. Diesem Anspruch bin ich gerecht geworden. Kritisiert wurde, dass nicht mehr gebaut werden kann, wo man will, dass es zu viel und zu wenig Kubatur gibt und die digitale Bauakte.

Diese Kritik kam auch aus den Gemeinderatsstuben. Können Sie diese nachvollziehen?

Die Kritik war wie eine Welle. Ich habe dabei versucht, aufzuzeigen, was das neue Gesetz bringt, aber man konnte diese Welle nicht mehr aufhalten. Im Gemeindeentwicklungsprogramm ist eine Partizipation von Bürgern vorgesehen. Mir war es wichtig, das in den Vordergrund zu stellen. Das habe ich zu wenig kommuniziert, wurde aber auch nicht aufgenommen, weil es neu war und manchmal als Belastung angesehen wurde. Ich kann nicht mehr einen Techniker beauftragen, sondern muss die Menschen vor Ort miteinbeziehen. Für mich war es ein Erfolg, für die Gemeinden nicht immer. Ich möchte aber nicht alle in einen Topf werfen. 46 Gemeinden haben bereits begonnen und haben in drei Jahren das Programm. 96 Gemeinden haben nachgeschaut, mit wem sie zusammenarbeiten können. Dieser Erfolg ist nicht sichtbar, aber ich finde das unmöglich positiv.

Hätten die Gemeinden mehr Verantwortung beim Raumordnungsgesetz übernehmen müssen?

Die Landesregierung hat die Voraussetzungen geschaffen, dass sich die Gemeinden auf dem Weg machen können. Wenn die Gemeinden mit drei anderen Gemeinden in drei Bereichen zusammenarbeiten, übernimmt das Land 80 Prozent der Kosten, die für die Planungen und die Bürgerbeteiligung entstehen. Das habe ich eingebracht, ich wollte hier eine Brücke für die Gemeinden bauen. Wir haben uns also für einen Ausbau der Bürgerbeteiligung eingesetzt.

Die Auswirkungen Ihrer Arbeit werden sich also erst jetzt zeigen?

Ja, das stimmt. Wir sind ja noch einen Schritt weitergegangen und haben den Gemeinden ein Leitbild erstellt. Uns als Landesregierung war bewusst, dass eine neue Zeit anbricht, wir unterstützen sie dabei aber. Wir haben außerdem einen wesentlichen Beitrag zum leistbaren Wohnen geleistet. Wenn ich die Baukubatur erhöhe, um am Bestand eine neue Wohnung zu errichten, kann die Gemeinde planen, vier oder fünf Durchführungspläne zu genehmigen, die dann vom Land zu 80 Prozent finanziert werden.

Auch der Denkmalschutz ist traditionell ein heikles Thema, stand aber in dieser Legislatur eher im Hintergrund. Welche Projekte haben Sie hier verfolgt?

Der Denkmalschutz ist eine Belastung, mein persönliches Gedankengut hat sich aber zu hundert Prozent geändert. Wir haben aktuell 5.000 Elemente unter Denkmalschutz, zuvor waren es 500. Diese Höfe und Bauten sind aber Zeitzeugen der letzten 500 Jahre Südtirols. Ich habe hier versucht, das Positive in den Vordergrund zu stellen. Die gesamte Dorfgemeinschaft soll das mittragen. Wir haben im Grunde ein neues Gesetz gemacht, indem alle Kulturgüter zusammengeführt wurden. Sofern kleine Dinge wie Wegkreuze, Mühlen oder Öfen einen kulturellen Wert haben, können wir die Sanierung mit Beiträgen unterstützten, ohne dass sie unter Schutz stehen. Wir haben versucht, die Denkmalpflege die heutige Zeit anzupassen. Das Gesetz ist frisch. Ich kann auch nicht die Lorbeeren dafür einfahren und habe auch nicht ein Jahr davor darauf aufmerksam gemacht.

Bei den Bauernbundvorwahlen haben Sie noch fast 7.000 Stimmen erhalten, bei den Landtagswahlen waren es nur mehr 5.000. Warum dieser Stimmenverlust bei den Bauern?

Ich habe stark auf die Frauen gesetzt, die Bäuerinnen-Organisation hat 16.000 Mitglieder, wenn ich ein Drittel der Stimmen bekommen hätte, hätte ich ein gutes Ergebnis. Die Zeit als Mitglied der Bäuerinnen-Organisation liegt wahrscheinlich aber zu weit zurück. Mich stimmt es traurig, dass es den Frauen in der Landwirtschaft nicht wichtig war, dass sie eine direkte Vertreterin haben. Ich dachte mir, dass es gehen muss, habe mich aber offenbar verschätzt.

Wie schaut Ihr Leben jetzt nach Ihrer Zeit als Landtagsabgeordnete aus?

Ich lasse mir Zeit bis Ende des Jahres. Bis dahin wird es wahrscheinlich dauern, dass die neue Landesregierung erstellt ist. Ich werde mich neu ausrichten, aber ich kann nicht sagen, was das Neue ist. Vielleicht mache ich auch etwas ganz anderes, ich werde mir aber einen neuen Auftrag suchen, ich arbeite gerne. Mich begleiten vor allem zwei Leitplanken. Das erste stammt von Hermann Hesse: „Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, an keinem wie an einer Heimat hängen, der Weltgeist will nicht uns fesseln, engen, sondern heben, weiten.“ Der zweite ist der Leitsatz von Johannes XXIII: „Nimm dich nicht zu wichtig.“ Ich möchte kein Mitleid, das war meine Zeit, in der ich gearbeitet habe und das reicht für mich.

Interview: Markus Rufin

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