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Die LH-Masche zieht

Sven Knoll

Für den Stimmenzuwachs der Südtiroler Freiheit gibt es – neben ihrem scharfen Anti-Ausländer-Wahlkampf – eine nachweisbare Erklärung: Spitzenkandidat Sven Knoll hat sich als Landeshauptmannkandidat verkauft und viele Wähler sind darauf hineingefallen.

von Thomas Vikoler

Die Südtiroler Freiheit ist – neben der neopopulistischen Liste JWA – die eindeutige Siegerin der Landtagswahl. Die aus einer Abspaltung der Union für Südtirol hervorgegangene Bewegung verdoppelte ihre Mandate im Südtiroler Landtag.  Nach 16.927 Stimmen (sechs Prozent) vor fünf Jahren, waren es diesmal 30.583 Stimmen (10,9 Prozent).

Eindeutig eine Überraschung, denn wegen der Kandidatur der ebenfalls patriotischen Liste von Ex-Schützenobmann Jürgen Wirth Anderlan war sogar mit Verlusten der Südtiroler Freiheit gerechnet worden.

Genau das Gegenteil trat ein.

Warum?

Naheliegend ist, dass sich für die ehemals von Eva Klotz angeführte Partei der massive Anti-Ausländer-Wahlkampf ausgezahlt hat. Während die Freiheitlichen sich bei ihrem Kern-Thema auffallend zurückhielten (wohl verbunden mit der Aussicht, der künftigen Landesregierung anzugehören), vernachlässigte die STF ihre Selbstbestimmungsforderung und hetzte scharf gegen Einwanderer. Ihr Plakat mit einem dunkelhäutigen Mann mit Messer in der Hand und dahinter einer kauernden Weißen sorgte bei der Konkurrenz für Empörung. Ähnlich aggressiv waren die Video-Botschaften von Spitzenkandidat Sven Knoll auf der Messaging-App TikTok, die vor allem von jungem Publikum genutzt wird.

Ein zweiter wahlstrategischer Schachzug der Südtiroler Freiheit stach ebenfalls und brachte ihr mindestens eines der beiden zusätzlichen Mandate: Knolls behauptete Landeshauptmann-Kandidatur.

Der Spitzenkandidat vergaß in kaum einer Wahlsendung zu erwähnen, dass er sich um den Posten des Landeshauptmannes bewerbe und brachte sich damit als Herausforderer des Amtsinhabers Arno Kompatscher (SVP) ins Spiel. Genau genommen eine Mogelpackung, denn das hiesige Wahlrecht sieht – im Unterschied zu den Gemeinden und den anderen Provinzen und Regionen Italiens – keine Direktwahl des Landeshauptmannes vor.

Die Südtiroler Freiheit hat hier bereits Vorarbeit geleistet und einen Beschlussantrag zur Einführung der Direktwahl eingebracht. Die Mehrheit lehnte ihn wie erwartet mit dem Argument ab, dass wegen des ethnischen Proporzes kein Mehrheitsbonus zur Wahrung der Regierbarkeit möglich sei.

Doch Knoll präsentierte sich im Wahlkampf als Alternative zu dem von ihm heftig attackierten Landeshauptmann – und viele Wähler fielen offenkundig darauf hinein. Der Mandatar sammelte am Sonntag nicht weniger als 25.290 Vorzugsstimmen ein, das ist ein Plus von 16.172 Stimmen gegenüber 2018, als er ebenfalls als Spitzenkandidat antrat. Myriam Atz Tammerle, die Zweitplatzierte, kam gerade auf ein Drittel von Knolls Stimmen.

Allein dies ist ein Indiz dafür, dass viele STF-Wähler für Knoll votierten, weil sie ihn in Unkenntnis des Wahlgesetzes als Kompatscher-Alternative wahrnahmen. Und deshalb vor allem ihn wählten und weniger die Südtiroler Freiheit.

Noch deutlicher zeigt sich dies beim Anteil von Knolls Vorzugsstimmen an den Listenstimmen. Bei keiner der 16 angetretenen Parteien hat der Spitzenkandidat bzw. Erstgewählte so gut abgeschnitten wie er, 77 Prozent der STF-Wähler schrieben seinen Namen auf den Stimmzettel.

Der Anteil Kompatschers an den SVP-Listenstimmen lag dagegen bei 57 Prozent.

Bei einer weiteren Liste hat die LH-Masche ebenfalls funktioniert: Renate Holzeisen, Spitzenkandidaten von Vita, präsentierte sich im Wahlkampf ebenfalls als Landeshauptmann-Kandidatin und kam bei 7.222 Listenstimmen auf 5.446 Vorzugsstimmen.

Knoll und Holzeisen, die beiden fiktiven Kompatscher-Herausforderer, brachten es so immerhin auf rund die Hälfte der Vorzugsstimmen des Landeshauptmannes.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (55)

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  • nobodyistperfect

    Ihr Kommentar, Herr Vikoler ist für den Reißwolf. Sofern sie sich als unabhängiger Journalist bezeichnen sollten, ist ihre Leistung: mangelhaft und ungenügend. Sie haben nix auch gar nix verstanden, warum die Südtiroler Wähler so gewählt haben, wie das Wahlergebnis ausgefallen ist. Aber anscheinend sitzen sie ebenfalls in der SVP und den Freunden der SVP mit Scheuklappen um uns einzureden alle anderen sind Schuld und der Wähler ist nicht mündig und dumm.

    • heracleummantegazziani

      Das mit dem unmündigen Wähler stimmt zum Teil leider. Das hängt mit der mangelnden Bildung zusammen.

    • ich

      Das mit den unmündigen Wählern stimmt. Wie kann sich jemand als Landeshauptmann-Kandidat anpreisen..oder ist Herr Knoll nicht informiert wie hierzulande der Landeshauptmann bestimmt wird? So blöd kann er ja nicht sein.das bedeutet er hat seine Wählerschaft für dumm verkauft und wie man nun gesehen hat:zurecht

    • artimar

      Der Artikelschreiber irrt. Nicht nur in seiner Feststellung, dass der „Mandatar (Knoll) aus Dorf Tirol stammt“.
      Waren die Wähler-innen nicht aufgeklärt, kurzum unmündig oder gar zu dumm, um auf die STF und Knoll „hereinzunfallen?
      Schwierig. Denn gerade die STZ und andere Medien haben Knoll für seinen politischen Anspruch LH werden zu wollen andauernd lächerlich gemacht. Völlig zu unrecht. Denn in einer Demokratie, in der ja Wettbewerb gilt, hat jede Liste den Anspruch auf Gemeinwohlleitung.
      Dass diese indirekt erfolgt, ändert daran nichts und jeder hat das spätens beim Wahlzettel selbst gemerkt.
      Zutiefst verwerflich war/ist hingegen das Plakat mit dem an rein äußeren körperlichen Merkmalen, ein dunkelhäutiger Mann mit Messer in der Hand und dahinter eine kauernde Weißenfarbige, mutmaßich (berechtigte) Kritik gegen Zuwanderung und Kriminalität festgemacht wird.
      So etwas geht in dieser Form gar nicht.
      Es ist zu hoffen, dass es auch manch STF-Wähler-innen abgestoßen hat. Ebenso wie Knolls Bereitschaft nun, auch zusammen mit den national-rechtsextremen Brüdern Italiens in die neue Landesregierung eintreten zu wollen.
      Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass die Wählerschaft der STH am 22.10.2023 Normalisierung und Anschlussfähigkeit mit Postfaschisten auf dem Wahlzettel hatte. Im Gegenteil. Manch SVP-Wähler-innen wählten STF wohl gerade auch dafür.

  • steve

    Die STF hat gut abgeschnitten, weil Südtirol keine Ausländer will!
    Nun ja auch ich würde mir weniger Zuwanderung wünschen, nur ist das schwierig umzusetzen.

    Flüchtlinge, die übers Meer kommen sind besonders schwer aufzuhalten, wie gerade die Meloniregierung feststellen musste. Denn entweder man stoppt sie gleich bei der Abfahrt, wie das in Lybien geschieht, oder sie kommen unaufhaltsam an deine Küsten.
    Sie unterwegs ertränken ist keine Lösung und hinterher nimmt sie dir kein Herkunftsstaat ab, ganz einfach weil sie nicht wollen.

    In Südtirol gibt es dann auch die Flüchtlinge die uns unser Vaterland schickt und die über den Brenner kommen.
    Dort am ehesten könnte Knoll was erreichen!

    Vielleicht sollte sich Knoll mit seinen Chihuahuas zum Aufpassen an die Grenze stellen.
    Dann würd sich vielleicht was ändern, ansonsten bleibt alles wie es ist, auch wenn ihr Knoll wählt!

  • brutus

    …es geht um ein europaweites Phänomen! Europa und die meisten Staaten haben in der Migrationspolitik versagt! Schweden, Dänemark und auch Deutschland haben und werden eine 180 Grad Wende hinlegen, und das mit linken Regierungen!
    …das zeigt uns wie der Hut brennt!

  • andreas

    Knoll, Holzeisen und Anderlan haben die Stimmen der Wutbürger gesammelt, also diejenigen, welche annehmen, dass der LH direkt gewählt wird, diejenigen, welche durch Corona einen leichten chronischen Schaden abbekommen haben und diejenigen, welche laut JWA „Eier“ haben.

    Wenn deren Wähler annehmen, dass so Politik geht, soll es halt so sein.

    • opa1950

      Lassen wir Corona aus dem Spiel.Die Leute haben so gewählt weil sie in der SVP keine Alternative mehr sehen und von der SVP so enttäuscht wurden.Die SVP ist noch nicht am tiefsten Punkt angekommen.Sie Wird in den Nächsten Jahren noch weiter sinken wenn nicht etwas anderes in der Landesregierung passiert.Es wurden viel zu wenig Alte abserviert,und das ist der Ruin der SVP.

      • andreas

        Warum Corona aus dem Spiel lassen?
        Anderlan hat doch am Montag eine „Aufarbeitung“, was immer er damit meint, verlangt und die Holzeisen hatte gar nur dieses Thema.

        Man kann natürlich enttäuscht sein, wenn man nicht umsetzbare Forderungen an eine Regierung stellt und z.B. annimmt, dass durch die Autonomie, Südtirol das weltweite Probem Migration lösen kann, welches sich noch verstärken wird.
        Oder erwartet, dass Südtirol Migranten so einfach abschieben kann, wenn es nicht mal Deutschland bei Schwerverbrechnern hinbekommt, da wir nun mal in einem Rechtsstaat leben.

        Nebenbei nehme ich mal an, dass der Boden der Einfälltigkeit erreicht ist und auch die Jugend weit weniger auf den Unsinn mancher rechter Populisten reinfällt.

        Dieser Ruf nach einen starken „Führer“, welchen sich Rechte wünschen, hat schon mal nicht funktioniert und wird auch ein weiteres Mal nicht funktionieren, auch wenn du das anscheinend anders siehst.

    • hermannh

      Andreas: ich würde nicht Wutbürger sagen, sondern jene Wähler die sehr einfälltig sind. Bin gespannt wieviele, dass selbst in den nächsten 5 Jahren checken 🙂

  • ummagumma

    Ach wie unsere SVP Hardliner auf so einen miesen Journalismus reagieren ist schon entzückend. Denen scheint immer noch nicht klar geworden zu sein dass dieser Trend einzig und allein der hundsmiserablen, verlogenen und volksfremden Politik ihrer Partei zurück zuführen ist. Gell Sumperle/ Hermeline.

  • criticus

    Ich würde eher auf Protestwähler tippen, dass Herr Knoll wegen der LH-Masche gewählt wurde glaube ich weniger. Auf jeden Fall muss sich die STF jetzt beweisen, ansonsten kippt die Stimmung nach 5 Jahren. Gilt natürlich auch für die anderen Ein- Zwei- und Dreimannparteien.

  • andreas69

    Auf der Oppositionsbank kann man leider nicht beweisen was man kann. Aber man kann diskutieren sprich Gegenvorschläge machen, kritisieren, dagegen stimmen. Ein Wahlprogramm kann nur umgesetzt werden, wenn diese Partei in der Regierung sitzt und wenn diese (Landes-) Regierung auch die Zuständigkeit in diesem Bereich hat.
    Dem Volk etwas anderes zu erzählen ist Schwachsinn bzw. Wahlkampf

  • summer1

    Ich würde eine noch einfachere Erklärung anbieten, denn die letzten drei Landtagswahlen haben eines deutlich gezeigt: alle 5 Jahre brauchen die Südtiroler einen Messias und sind den Italienern sehr ähnlich geworden:
    2013 FH 6 Abgeordnete
    2018 TeamK 6 Abgeordnete
    2023 STF und JWA 6 Abgeordnete.
    Und was lässt sich daraus ableiten?
    2028 wird es wieder einen neuen Messias geben und STF und JWA werden abgestraft und verlieren Mandate.

    • waldhexe

      Ach Summperle,da die SVP in den letzten 20 Jahren 20% der Stimmen eingebüst hat,dann bekommen sie laut deiner einfachen Erklärung 2028 nur mehr 29%.Toll was?.Und was lässt sich daraus ableiten? 11 Abgeordnete.

  • ummagumma

    Ach Sumperle, dann warten wir einmal ab was dein minus 10 000 Stimmen- Messias die Partei unter die 30% bringt. Lol.

    • summer1

      Ummagumma
      Zuerst einmal tritt der LH dann nicht mehr an, und Minus 10.000 ist zwar bitter, aber ich denke Minus 14.000 sollte ein Grund zum sofortigen Rücktritt sein.
      Und ja, auch Achammer, aber nicht nur der ist Parteiobmann!

  • sepp

    Sumperle hosch no nett miet krieg wieviel die SVP in 8 Jahren stimmen verloren hat alles in patscher und lachhammer wirken konn man lei sogen 2 super mando

  • dn

    Falsche Interpretation. Die Patrioten wollen keinen Kompatscher.

  • bananajoe

    Dieser Artikel ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten. So ein verleumdender Artikel gegen Kompatscher würde wohl eine Anzeige mit sich bringen. Wie kann man solche dummen Aussagen über die Wähler tätigen, wenn es erwiesen ist, dass die halben SVP Stimmen nur aus Gewohnheit getätigt sind. Sven Knoll hat es geschafft, dass viele Wähler nicht mehr unmündig sind, sondern hat ihnen eine Alternative gegeben.

  • asd

    Es ist ganz einfach.

    Die Bürger werden bezüglich Sicherheit nach rechts gedrängt.
    Obwohl die wenigsten das möchten.

    Ich auch.
    Tatsachen gehören auf den Tisch, wenn der Kuschelkurs mit kriminellen Ausländern nichts bringt,
    braucht es andere Vorgehensweisen.

  • andreas1234567

    Hallo zum Sonntag

    was zum Teufel ist „Neopopulistisch?“
    Wie definiert sich das und wie kann man ein Neopopulist werden? Gibt es auch Altpopulisten?

    Es gibt doch bestimmt auch einen Studienkurs Neopopulismuswissenschaften?
    Scheint ja zukunftsträchtig zu sein, aus dem Stand zwei Landtagssitze

    Auf Wiedersehen beim Neopopulistenstammtisch

  • placeboeffekt

    Summer

    Sie haben hier doch glatt behauptet, die SVP sei Wahlsieger

    Hier schreibt der Author: „“ Die Südtiroler Freiheit ist – neben der neopopulistischen Liste JWA – die eindeutige Siegerin der Landtagswahl“

    Da sollten Sie schleunigst einen Leserbrief schreiben

    Wobei : was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Wahlsieger und einem Wahlgewinner?

    Kann eine Partei welche viele Stimmen verliert, Wahlgewinner sein?

    Das wäre doch ein Oxymoron.

    Auch in ihrer Welt kann die SVP nur dann Wahlsieger sein, wenn die beiden Wörter keine Synonyme sind.

  • robby

    Es gibt dumme Zeitungsartikel und saudumme. Sie dürfen sich die Kategorie für obenstehenden Artikel selbst auswählen Herr Vikoler.

  • kritischerbeobachter

    Warum hat die Südtiroler Freiheit und Sven Knoll so klar gewonnen, dazu braucht es keine lange Erklärung. Die Leute haben die jetztige Situation einfach satt, und wollen eine Veränderung. Hoffentlich begreift das jetzt die SVP, oder es geht soweit bergab, bis es sie überhaupt nicht mehr gibt.

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