„Frauen haben anderen Blick“
Auch im neuen Landtag sind Frauen wieder in der Minderheit. Womit das zusammenhängt, warum allein eine Quote den weiblichen Anteil in der Politik nicht erhöhen würde und was stattdessen zu tun ist.
von Sandra Fresenius
Der neue Landtag steht und damit neben der Verteilung der Sitze unter den Parteien auch die Verteilung der Sitze auf die beiden Geschlechter. Insgesamt werden zehn Frauen und 25 Männer im Hohen Haus Platz nehmen. Damit ist der Frauenanteil in der nächsten Legislatur abermals gestiegen. Darüber zeigten sich auch Renate Gebhard, die Vorsitzende der SVP-Frauen, und Madeleine Rohrer neue Landtagsabgeordnete von den Grünen erfreut, gleichwohl beide sich gewünscht hätten, dass noch mehr Frauen die Politik des Landes an vorderster Front mitgestalten würden. „Die Realität, in der Frauen die Hälfte der Bevölkerung stellen, wird somit noch nicht widergespiegelt“, äußert Rohrer.
Während bei den Grünen das Thema Chancengleichheit eine große Wichtigkeit hat, was beispielsweise in der gleichen Anzahl an Männern und Frauen in vielen Gemeinderäten deutlich wird und darin, dass von drei gewählten Abgeordneten zwei weiblichen Geschlechts sind, ist man anderswo Frauen gegenüber deutlich kritischer, wenn es darum geht, ihnen ein politisches Amt zuzutrauen. Vor allem in technischen Fragen würde Frauen oftmals noch die Kompetenz abgesprochen.
„Das mangelnde Vertrauen in die weiblichen Fähigkeiten bei der Bekleidung eines politischen Amtes ist auch soziologisch zu erklären, denn Frauen dürfen noch gar nicht so lange wählen, so dass wir Männer in der Politik bereits gewohnt sind, Frauen dagegen noch nicht so sehr“, nennt die Vorsitzende der SVP-Frauen einen Grund für den Mangel eines entsprechenden Frauenanteils in weiten Teilen des politischen Geschehens. Auch Roher stimmt ihr in diesem Punkt zu.
In Italien wurde das Frauenwahlrecht im Jahr 1946 eingeführt, aber erst 20 Jahre später zogen mit Waltraud Gebert Deeg und Lidia Menapace die ersten beiden Frauen in den Südtiroler Landtag ein. Seither ging es nur stockend voran. Zwar kam es durch die Einführung der Frauenquote von 30 Prozent im Wahlgesetz des Landtags zu einem kräftigen Schub, danach stagnierte der weibliche Anteil in der Südtiroler Politik jedoch erneut. Aber gerade die gleichgewichtige Mischung ist die, die die besten Ergebnisse bringen würde, wie man es in der Wirtschaft bereits längst erkannt hat, meint Gebhard.
An Kandidatinnen mangelt es nicht, aber das Thema Vereinbarkeit von Beruf bzw. Engagement und Familie spielt bei Frauen immer noch eine deutlich größere Rolle für ihre Entscheidung als bei Männern. „Althergebrachte Rollenbilder müssen aufgebrochen werden und das passiert nicht nur durch gesetzliche Regelungen, sondern auch durch Vorbilder“, ist sich die Parlamentarierin der großen Bedeutung aller Frauen, die bereits in der Politik tätig sind, bewusst. Dafür müssten sich noch viel mehr Frauen ein politisches Amt zutrauen, appelliert sie an das weibliche Geschlecht.
Dabei sind laut Gebhard Frauen nicht unbedingt besser in der Politik, aber für die besten politischen Entscheidungen würde es beide Geschlechter und eben beiderlei Sichtweisen brauchen. „Frauen haben einfach einen anderen Blick auf politische Aufgaben“, bestätigt auch die Grüne Neuabgeordnete. Um dies zu erreichen, sprechen sich beide Politikerinnen für eine gesetzliche Regelung aus, um den Frauenanteil zu erhöhen.
Senatorin Julia Unterberger unterbreitet in diesem Zusammenhang beispielsweise die geschlechtergerechte Vorzugsstimme, die im Wahlgesetz der meisten Provinzen Italiens bereits verankert ist. Diese sieht im Falle zweier gegebener Vorzugsstimmen vor, dass diese an einen Mann und eine Frau gegeben werden – ansonsten ist die Stimme ungültig. Allerdings würde diese wohl nicht die benötigte Mehrheit erlangen. „Solange wir nur dieses knappe Drittel im Landtag stellen, haben wir nicht die Stärke, außer eigener Kraft etwas zu ändern. Deshalb predige ich auch immer, dass wir Frauen zusammenhalten müssen“, so Gebhard. „Die Qualität unserer Gesellschaft zeichnet sich auch dadurch aus, wie gut wir mit Minderheiten umgehen und wie gut wir mit jenen umgehen, die nicht die gleichen Chancen haben“, ist Madeleine Rohrer überzeugt. Deswegen ist es ihr für ihre zukünftige Arbeit im Landtag ein besonderes Anliegen interessierte oder auch bereits engagierte Frauen zu ermutigen, Politik zu machen und Verantwortung zu übernehmen sowie eine gerechte Gesellschaft zu schaffen.
Zwar würden Frauen in der Politik kritischer begutachtet und bewertet und sehen sich mit anderen Fragen beschäftigt bzw. konfrontiert, müssen sich mehr anstrengen, dennoch stünde außer Frage, dass Frauen gute Politik machen würden, stimmen Gebhard und Rohrer überein. So haben auch die Wähler inzwischen bereits eine andere Wahrnehmung von Frauen in der Politik als dies noch vor 20 Jahren der Fall war. Der Vorsitzenden der SVP-Frauen schreitet diese Entwicklung jedoch viel zu langsam voran. Dennoch wollen es beide Politikerinnen nicht ausschließen, dass bereits das nächste Oberhaupt Südtirols eine Landeshauptfrau sein wird.
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Kommentare (15)
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andreas
Rohrer spricht von einer Minderheit, obwohl es meines Wissens mehr Wählerinnen als Wähler gibt.
Eine Quote einführen, damit Frauen Frauen wählen, widerspricht eigentlich den demokratischen Spielregeln.
Und wenn man sich die Leistung einer Gebhard, Rohrer oder Deeg ansieht, sehe ich keine zwingende Notwendigkeit für eine Quote.
Wenn sie überzeugen, werden Frauen durchaus gewählt, wenn sie aber mit einer Quote der Bevölkerung aufgedrückt werden, ist das eher peinlich. Es will sie zwar keiner, aber man muss sie halt ertragen, um den Wünschen mancher Kampfemanze zu entsprechen, na ja.
summer1
Anderle
Wer nachweislich das Wahlrecht nur einer Klasse mit Mindestmaß an Vermögen oder schulischer Bildung vergeben möchte, sollte nicht vom Widerspruch zu demokratischen Spielregeln reden.
Nach deiner Theorie sollte man zu allererst dir und deinesgleichen das Wahlrecht nehmen.
gulli
Tipp an die Politikerinnen:
setzt euch für die Probleme der einfachen Bevölkerung ein und bringt Lösungen (damit sind aber nicht Genderwahn und Quoten gemeint), wenn ihr dies konsequent umsetzet, werdet ihr auch gewählt.
brutus
Klingt alles schön und gut!
…in der Realpolitik weht aber ein anderer Wind!
Von der Leyen, Meloni, Baerbock usw. lassen grüßen….
unglaublich
Eine Frauenquote ist eine Beleidigung für alle Frauen. Die Frauen sind nämlich intelligent genug, um verantwortlich zu wählen. Man muss sie nicht bevormunden.
olle3xgscheid
….und die Meloni mlchte eine Männerquote in das Schulwesen einführen…warum wohl…?
olle3xgscheid
..möchte…
andreas1234567
Hallo zum sonnigen Bergsamstag
da haben sich die 218203 wahlberechtigten Weibsleute wieder mal einen diskriminierenden und frauenverachteten Mist zusammengewählt .
Was soll man bloß tun?Den Frauen das Wahlrecht entziehen und deren Stimmen durch einen feministischen Bürgerrat auf weibliche Kandidaten verteilen?
Ich denke ja sonst hört diese Selbstunterdrückung per Wahlkreuz in freien und geheimen Wahlen niemals auf!
Wer den Frauen eine Stimme geben will muss den Frauen das Wahlrecht nehmen
Auf Wiedersehen beim Stammtisch der feministischen Südtiroler Befrauungsfront
tiroler
Ich würde Unterbergerin als Alleinherrscherin einführen. Problem gelöst.
summer1
Billigster machohafter Kommentar!
naja
Bist wieder aus deinem Loch aufgetaucht?
gerhard
In Süstirol sind in etwas gleichviel Wählerinnen wie Wähler an die Wahlurnen gegangen.
Wenn nun so wenige Frauen gewählt wurden, dann dürfte dies also eher an der Qualität der Kanditatinnen liegen, wenn, trotz paritätischer Wähler und Wählerinnen dennoch si wenige Frauen gewählt werden.
Unter Demokratie verstehe ich die freie (Aus-) Wahl unter allen Bewerbern.
Beim Besten willen verstehe ich nicht, warum irgendwelche Krampf-Emmanzen mit aller Gewalt einen gesetzlichen Anspruch auch gleichviel Männer wie Frauen in den Parlamenten beanspruchen wollen.
Der Wähler hat es doch in der Hand, die Wählerin erst recht.
Die brauchen keine Bevormundung, wen Sie zu wählen haben!
dn
Frauen wählen Frauen – oder eben auch nicht.
chris75
Möge man nur den Streit zwischen von der leyen und charles michel beobachten. Andere Sichtweise, dass ich nicht lache.