Kampf gegen die Waage
Lorena Leoni, eine 50-jährige Labortechnikerin im Südtiroler Sanitätsbetrieb, hat es geschafft, 38 Kilo mithilfe des Dienstes für Diätetik und klinische Ernährung im Krankenhaus Bozen abzunehmen.
Es schien ein aussichtloser und nie endender Kampf, wie in einem Film gegen das Böse – doch manchmal schreibt das Drehbuch des Lebens die besten Geschichten.
Für die in Leifers wohnhafte Lorena, Mutter eines 16-jährigen Sohnes und einer 8-jährigen Tochter, fühlte es sich nach einer Schlacht an: „Ja, ich kämpfte, vor allem gegen die Waage“, so ihre ironische Bemerkung.
„Bereits als Kind war ich etwas rundlich, in der Mittelschule bereits übergewichtig und von da an stieg das Gewicht mehr und mehr. Ich wollte mich nicht damit abfinden, auch wenn ich immer dachte, unabhängig vom Schönheitsideal, jede Person hat das Recht, so zu sein wie sie will, wenn sie damit glücklich ist. Ich war aber unglücklich und dementsprechend musste ich reagieren.“
Ein Auf und Ab: Für Lorena folgte auf Diäten und deutlichen Gewichtsverlusten der berühmte „Yo-yo-Effekt“, der sich durch die zwei Schwangerschaften noch verschlechterte: „Mein ganzes Leben bestand aus Ab- und Zunehmen. Während der ersten Schwangerschaft bin ich ab dem siebten Monat gar nicht mehr auf die Waage gestiegen, da ich bereits 23 Kilo mehr wog. Ich erinnere mich, dass ich versuchte, den Gynäkologen zu täuschen, er war sehr genau in dieser Hinsicht. Nach der Geburt blieben mir 10 Kilo Extragewicht und nach der zweiten Schwangerschaft, die ich mit 42 Jahren hatte, kam noch mehr dazu. Ich bin 1,65 m groß und wog 90 Kilo. Und es blieb nicht dabei: Der Zeiger auf der Waage blieb bei 101 Kilo und somit bei Übergewicht zweiten Grades stehen.“
Vor fünf Jahren dann die Wende: Lorena sieht ein, dass es für eine dauerhafte Änderung einen anderen Weg braucht.
Sie kontaktiert den Dienst für Diätetik und klinische Ernährung am Krankenhaus Bozen: „Ich verstand einfach nicht, warum ich so viel zunahm, auch wenn ich versuchte, mich gesund zu ernähren und zu bewegen. All das brachte keine Erfolge. Als mein Partner Maurizio, der ebenfalls im Sanitätsbetrieb arbeitet, mich in diesem Zustand sah, informierte er mich darüber, dass im Dienst für Diätetik und klinische Ernährung ein Infotreffen zur Magenband-Chirurgie stattfinden würde. Das war im Jänner 2019 und ich dachte mir, ich höre mir das mal an.“
Vor diesem Treffen dachte Lorena niemals daran, eine chirurgische Lösung in Betracht zu ziehen, um ihre Probleme zu lösen. Offen gibt sie jedoch zu, dass es ihr bis jetzt schwergefallen ist, darüber zu sprechen: Das Urteil anderer aushalten müssen, kann eine schmerzhafte Erfahrung sein.
Nicht alle Menschen können verstehen, dass man sich für eine derart drastische Maßnahme entscheidet, manche denken, man würde eine „Abkürzung“ machen, um das Wunschgewicht zu erreichen: „Das ist es auf keinen Fall“, so Lorena.
„Ein eingesetztes Magenband erfordert eine penible Vorbereitung, man muss bestimmte Ernährungsvorschriften einhalten, es sind Treffen mit dem Psychologen und eine Vielzahl von Visiten notwendig, um überhaupt für den Eingriff in Frage zu kommen. Der Facharzt für Chirurgie Martin Müller, heute im Krankenhaus Meran tätig, verständigte mich über die Eignung ein paar Monate vor der Operation im September 2019. Das Gutachten des Psychologen gab den endgültigen Ausschlag. Diese Entscheidung, die ich damals getroffen habe, war für mich ein positiver Wendepunkt ich sehe nicht ein, wofür ich mich schämen müsste.“
Der chirurgische Eingriff war erst der Anfang eines langen Weges, der Lorena 38 Kilo verlieren ließ:
„Nach der OP muss man lernen zu essen wie ein Neugeborenes. Man beginnt Schritt für Schritt und steigert sich langsam, erst nach rund sechs Monaten kann man wieder normale feste Nahrung essen. Seit damals sind rund vier Jahre vergangen und ich habe mein inneres Gleichgewicht gefunden. Ich esse nun sieben-acht kleinere Mahlzeiten am Tag und trinke nicht mehr während der Mahlzeiten, auch wenn ich mindestens 1,5 Liter an Flüssigkeit täglich zu mir nehmen muss. Natürlich musste ich erst lernen, mit diesen Veränderungen umzugehen, denn plötzlich war alles anders. Du siehst in den Spiegel und freust dich, du merkst, dass du auch anderen gefällst, das wirft dich im ersten Moment schon etwas aus der Bahn. Ich ertappe mich heute noch, dass ich fast panisch werde, wenn der Zeiger der Waage auch nur ein klein wenig nach oben schnellt, obwohl ich weiß, dass kleinere Schwankungen normal sind.“
Aber auch diese „Nebenwirkungen“ hat Lorena überwunden, dank des Fachpersonals, welches sie immer motivierte und unterstützte: „Ich habe von Anfang an eine große Anteilnahme aller gespürt. Vom Dienst für Diät und Ernährung bis hin zum psychologischen Dienst oder zur Chirurgie.
Das gemeinsame Ziel der Fachleute war es, mich nicht nur auf dem Weg zum physischen Wohlbefinden zu begleiten, sondern auch meine Ernährungsgewohnheiten zu ändern.
Michael Kob, Primar des Dienstes für Diätetik und klinische Ernährung, Ernährungstherapeut Andreas Casotti und die Psychologin Francesca Tedesco waren immer mit Empathie und Verständnis für mich da. Mein Fehler war, dass ich früher alles alleine machen wollte. Es ist wichtig, dass man jemanden hat, dem man sich anvertrauen kann und der einen berät. Ab wann mir das klar wurde? Ab einem banalen Vorfall: Als ich die Badewanne putzen wollte und mich ohne Mühe bücken konnte.“
Heute hat Lorena an Selbstbewusstsein gewonnen. Toleranz und Offenheit gegenüber ihrer Umwelt zeichnen sie aus:
„Ich habe heute eine gänzlich andere Einstellung zu vielen Dingen. Endlich habe ich Frieden mit mir selbst geschlossen und ich bin nicht mehr so reizbar, wie ich es war. Wer mit sich selbst im Reinen ist, ist es auch im Umgang mit anderen. Für mich bedeutete Essen eine Flucht, wenn die Dinge nicht so liefen, wie ich es wollte, das ist jetzt vorbei. Eine gesunde Ernährung sollte allen wichtig sein, auch Menschen ohne Gewichtsprobleme. Es geht um die eigene Gesundheit, um das Sich-Wohlfühlen…, wenn man das Ganze so betrachtet, dann ist der Schönheitsaspekt gar nur bis zu einem gewissen Punkt ausschlaggebend.“
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