„Steigende Ungewissheit“

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Die beschlossene Bettenobergrenze, die steigende Inflation und der Fachkräftemangel: HGJ-Obmann Daniel Schölzhorn spricht über die größten Herausforderungen von Südtirols Junggastwirten.
Tageszeitung: Herr Schölzhorn, als HGJ-Obmann bemühen Sie sich um die Belange von Südtirols Junggastwirte. Was sind die größten Probleme, die ansprechen möchten?
Daniel Schölzhorn: Grundsätzlich geht es darum, dass gut ausgebildete Junggastwirte mit Freude und Begeisterung in die elterlichen Betriebe einsteigen können. Dafür brauchen sie aber Perspektiven. Zudem tragen manche Probleme, die immer wieder dem Tourismus in die Schuhe geschobenen werden, oftmals dazu bei, dass Zweifel aufkommen, ob der Wert der Gastronomie und Beherbergung noch erkannt wird. Und der Tourismus ist immerhin eine tragende Säule der heimischen Wirtschaft.
Finden junge Hoteliers- und Gastwirte in der Politik genügend Gehör?
Gehör finden wir vor allem bei unserem ehemaligen HGJ-Obmann Helmut Tauber, der viele unserer Anliegen in den letzten fünf Jahren im Landtag vertreten hat und unsere Probleme bestens kennt. Am Ende des Tages hat er aber auch nur eine einzige Stimme. Leider ist bei der Umsetzung unserer Anliegen bisher nicht viel passiert.
Es wird oft gesagt, dass in Südtirol vor allem die großen Wirtschaftslobbys – Hoteliers, Bauern und Unternehmer – den Ton angeben. Sehen Sie das auch so?
Das wird gerne von vielen so behauptet und medial so beschrieben. Vielleicht war das früher einmal so. Zumindest im Sektor der Gastronomie und Beherbergung kann ich allerdings nicht erkennen, dass wir den Ton angeben. Ja, wir und der HGV bringen konstruktive und zielführende Vorschläge ein. Aber was spricht dagegen, konstruktive Vorschläge aufzunehmen und zu diskutieren?
Wie hat sich der Tourismus in den letzten Jahren in Südtirol entwickelt?
Wir haben in den letzten fünf Jahren viel in die Qualität investiert und versucht, speziell die kleinen und familiengeführten Betriebe zu fördern. Diese Stoßrichtung finde ich weiterhin richtig. Wenn wir uns die letzten Jahre anschauen, dann war es ein gewaltiges auf und ab: Zuerst die Pandemie und dann die explodierende Inflation. Mittlerweile sieht es so aus, als ob sich alles wieder langsam einpendelt, trotz des Krieges in Europa, den hohen Zinsen und der steigenden Ungewissheit in unserem und vielen anderen Sektoren.
Werden neue Formen der Übernachtung wie Urlaub auf dem Bauernhof oder Privatzimmervermietungen zunehmend zur Konkurrenz für gewerbliche Betriebe?
Ich würde es nicht als Konkurrenz bezeichnen. Ich finde es gut, dass wir in Südtirol touristisch breit aufgestellt sind und allen Urlaubern etwas bieten können. Dies sollte auch unser Weg für die Zukunft sein.
Es stand die Diskussion im Raum, die GIS-Steuer für nichtgewerbliche Beherbergungsbetriebe zu erhöhen, die dann aber wieder fallen gelassen wurde. Wie stehen Sie dazu, auch im Hinblick auf die GIS-Steuer für Hotels?
Generell sind wir im Gastgewerbe immer höheren steuerlichen Belastungen ausgesetzt. Das führt dazu, dass wir teurer werden und aufpassen müssen, ob wir noch konkurrenzfähig bleiben. Zum Thema GIS würde ich mir wünschen, dass alle touristischen Beherbergungsformen gleichbehandelt werden.
Um dem Massentourismus Einhalt zu gebieten, wurde eine Bettenobergrenze beschlossen. Wie bewerten Sie diese Entscheidung?
Für uns Junggastwirte finde ich die Bettenobergrenze nicht richtig. Dadurch wird es uns erschwert, uns wirtschaftlich in unserem Sektor weiterzuentwickeln beziehungsweise uns zu verwirklichen. Trotzdem verstehe ich die Notwendigkeit, dass wir in einigen Gebieten an deren Belastungsgrenzen stoßen. Ich hoffe hier auf die Politik, dass in Zukunft die territorialen Gegebenheiten stärker berücksichtigt werden. Hinzu kommt, dass wir dadurch gute, motivierte und qualifizierte junge Leute ans Ausland verlieren. Das kann doch nicht politisch gewollt sein.
Weitere große Themen sind aktuell die steigende Inflation und der Fachkräftemangel. Was kann die Politik dagegen tun?
Um der Inflation entgegenzuwirken, wird der Zinssatz wohl noch längere Zeit sehr hoch sein, was keine großen Investitionen mitbringen wird und somit unsere Wirtschaft schwächt. Hier würde von Seiten der Politik der Rotationsfond eine Hilfe sein oder indem man Druck auf Banken ausübt und bei Zinsen Unterstützung erhält. Was den Mitarbeitermangel betrifft, haben dieses Problem alle Sektoren in Südtirol. Hier wird es der beste Weg sein, für Südtiroler leistbares Wohnen zu realisieren.
Inwiefern ist ein nachhaltiger Tourismus wichtig? Und welche Lösungsmöglichkeiten schlagen Sie vor?
Ich glaube, hier sind wir auf dem richtigen Weg. Viele setzen sich bereits mit dem Thema auseinander. Jedoch bräuchte es Subventionen für nachhaltige Erneuerungen in den Betrieben. Des Weiteren sind länderübergreifende Strategien zur Optimierung der Verkehrsflüsse erforderlich. Es bräuchte mehr Förderung bei den Bahnlinien und der Optimierung von Bahnhöfen sowie im Hinblick auf Fahrräder und E-Bikes, die man sich an öffentlichen Stellen einfach ausleihen kann. Außerdem wäre es wichtig, den Gremien vor Ort wieder mehr Entscheidungskraft zu geben. Wir müssen aber auch an die soziale Nachhaltigkeit denken.
Welche Erwartungen haben Sie im Hinblick auf die kommenden Landtagswahlen im Herbst an die neue Landesregierung?
Grundsätzlich habe ich die Erwartung, dass die Landesregierung an einem Strang zieht. Örtliche Probleme sollten vor Ort gelöst und nicht zentral geregelt werden. Am wichtigsten ist mir aber, dass wir als junge Unternehmer unterstützt werden und Ansporn geschaffen wird, um Projekte umzusetzen. Und dass dies auch öffentlich wertgeschätzt wird. Außerdem würde ich mir ein etwas liberaleres System und weniger Bürokratie wünschen.
Interview: Sylvie Debelyak
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