Schmutzige Wäsche
Thomas Widmann spuckt in den Teller, aus dem er jahrelang gegessen hat – und bringt damit seine ehemaligen Parteifreunde immer mehr gegen sich auf.
von Matthias Kofler
Arnold Schuler und Helmut Tauber sind nicht gut auf Thomas Widmann zu sprechen. Grund ist dessen Aussage, dass die beiden Tourismus-Vertreter im Landtag „nichts weitergebracht“ hätten. „Noch nie wurde so viel entschieden wie in dieser Legislatur“, meint Schuler und erinnert an das Tourismusentwicklungskonzept, die Bettenbegrenzung und die neuen Qualitätsstandards. Der Vorwurf sei eine „absolute Frechheit“, findet auch Tauber. „Ich habe mich dafür eingesetzt, dass sich unser Lebensraum weiterentwickelt und Südtirol erfolgreich bleibt“, sagt er und zählt auf: Zinsbegünstigung für Darlehen, IRAP-Reduzierung von 3,9 auf 3,3%, Digitalisierungprämie und Vorschussbetten für die Gemeiden. Widmann habe als Landesrat all die Maßnahmen, auch das von ihm jetzt so gescholtene Urbanistik-Gesetz, mitgetragen. „Vielleicht wird man mit dem Alter vergesslicher“, so Schuler. Nach seinem Ausscheiden aus der Landesregierung sei Widmann seltener Ehrengast im Landtag gewesen und habe sich an den fraktionsinternen Diskussionen nicht mehr beteiligt, obwohl man ihn gebraucht hätte. „Die Präsenzliste zeigt, wer gearbeitet hat und wer nicht“, so Tauber.
Mit seinen ständigen Verbalattacken bringt der Afinger seine früheren Parteikollegen immer mehr gegen sich auf. Widmann tut so, als ginge das Land mittlerweile den Bach hinunter. Dabei war er selbst über Jahrzehnte in führenden Positionen für die SVP tätig: Er war Landessekretär, Vizeobmann und Landesrat. Jetzt spukt er in den Teller, aus dem er selbst gegessen hat.
Besonders augenfällig ist Widmanns Widersprüchlichkeit, wenn es um die Südtirol-Autonomie geht. In einem Werbespot in den Athesia-Medien stellt der Ex-Landesrat die gewagte These auf, dass es sich die SVP unter Landeshauptmann Arno Kompatscher bequem gemacht habe und nicht mehr für die Autonomie kämpfe. Während unter Luis Durnwalder die Autonomie ausgebaut worden sei, gingen jetzt immer mehr Kompetenzen nach Rom.
Eine Behauptung, die aus dem Munde eines Sven Knoll stammen könnte – die aber den Fakten nicht standhält. Seit Kompatscher an der Macht ist, konnte die Landesregierung in Zusammenarbeit mit den Parlamentariern in Rom über 25 Durchführungsbestimmungen nach Südtirol holen. Dabei sticht besonders der Finanzpakt hervor, mit dem das von Durnwalder ausverhandelte Mailänder Abkommen wesentlich verbessert wurde, da letzteres nicht gehalten hatte. Die größten autonomiepolitischen Einschnitte gab es in den Jahren 2011 und 2012 unter Ministerpräsident Mario Monti: Landeshauptmann war damals noch der von Widmann so hochgelobte Durnwalder, der – so berichten Augenzeugen – in den letzten fünf Jahren seiner Amtszeit immer mit derselben Liste nach Rom gefahren war, aber keine der Forderungen umsetzen konnte. Und Widmann? Der saß damals selbst in der Landesregierung. Sein ehemaliger Parteikollege Karl Zeller findet für die Schmutzkampagne deutliche Worte: „Widmann hat in Rom nie nichts geholt. Nicht einmal während der Pandemie wurde er dort gesehen. Von Autonomie hat er keine blasse Ahnung.“
Kommentare (70)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.