Eine gegen alle
Renate Holzeisen, die um ein Restmandat zittert, hofft, dass das neue Enthüllungsbuch zur Masken-Affäre die Corona-Pandemie wieder aufrollt – und Thomas Widmann, Florian Zerzer und Co. zur Rechenschaft gezogen werden.
von Matthias Kofler
Mit Vita, JWA, Enzian und der Süd-Tiroler Freiheit kämpfen gleich vier deklariert impfkritische Bewegungen um den Einzug in den Landtag. Auch wenn Südtirol italienweit die höchste Dichte an Impfgegnern aufweist, ist absehbar, dass es am Ende des Wahltags nicht für alle Listen reichen wird. Besonders groß ist die Nervosität bei Vita, das sich wahlprogrammatisch fast ausschließlich auf die Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen beschränkt hat. Corona, was? Knapp vier Jahre nach Ausbruch der Pandemie wollen die allermeisten BürgerInnen von dem Virus nichts mehr hören und wissen. Spitzenkandidatin Renate Holzeisen hofft daher inständig, dass durch das neue Enthüllungsbuch „Das Geschäft mit der Angst“ das Corona-Thema wieder ins Blickfeld der Bevölkerung rückt. Auf einer Pressekonferenz im Hotel Laurin gratulierte die Rechtsanwältin den Autoren für ihre Arbeit, betonte gleichzeitig aber auch, dass im Buch „nicht alles steht, was die Bürger wissen müssen“. „Das kriminelle Vorgehen der Südtiroler Verantwortungsträger – im Geschäft mit der Angst der Bürger – ist viel größer, vielschichtiger und mit weitaus dramatischeren Konsequenzen verbunden“, so Holzeisen.
In einem einstündigen Monolog fasste die Vita-Spitzenkandidatin zusammen, was sie durch akribische Kleinstarbeit herausgefunden hatte. Erstens: Alle Masken – egal ob chirurgische Masken, FFP2-Masken, qualitativ hochwertiges Schutzmaterial oder chinesischer Ramsch – seien grundsätzlich als Virenschutz absolut ungeeignet. Die Viren seien nämlich so klein, dass die Gewebe der Masken sie durchlassen würden. Gleichzeitig sei der Mundschutz aber auch physisch und psychisch gesundheitsschädigend, so die Anwältin. Das Land, das massiv auf den Einsatz von Schutzmasken gesetzt habe, habe folglich Steuergelder verbrannt. Holzeisen zitierte zur Untermauerung ihrer These eine Studie des Forschungsnetzwerks Cochrane. Dabei ist es Cochrane selbst, das in einer Stellungnahme versucht, gegen „allzu weitreichende Deutungen“ der eigenen Studie in den sozialen Netzwerken vorzugehen. Denn: „Die meisten Studien sind älteren Datums und beziehen sich auf die Übertragung von Influenza- und anderen Erkältungsviren, Studien aus der Corona-Pandemie bleiben in der Minderzahl.“ Die Mehrzahl der Erhebungen untersucht klassische Hochsaisons für Atemwegsviren bis ins Jahr 2016, nicht die Corona-Pandemie. Über andere Studien, die das Gegenteil beweisen, schwieg sich Holzeisen freilich aus. So ergibt eine Überblicksstudie von Mitte 2020, die in der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht wurde, dass Schutzmasken das Infektionsrisiko deutlich senken können. Aus einer Ende 2021 im Fachblatt „PNAS“ veröffentlichten Untersuchung geht hervor, dass Masken das Infektionsrisiko erheblich senken können: Tragen eine nicht-infizierte und eine infizierte Person gut sitzende FFP2-Masken, beträgt das maximale Ansteckungsrisiko nach 20 Minuten demnach selbst auf kürzeste Distanz in einem Raum kaum mehr als ein Promille.
Holzeisen ist dennoch überzeugt, dass die Landesregierung und die Verantwortlichen im Sanitätsbetrieb für die Verhängung der „menschenrechtsverletzenden“ Maskenpflicht strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Zudem seien alle Verwaltungsstrafen, die den Bürgern verhängt wurden, aufzuheben.
Die zweite These, die die Vita-Frontfrau gestern energisch vertrat: Die Justiz sei im Zusammenhang mit der Corona-Impfung ihrer Aufgabe als Hüterin des Rechts nicht nachgekommen. Der damalige NAS-Ermittler und heutige Team-K-Kandidat Davide Perasso sei im Jänner 2022 von der Staatsanwaltschaft beauftragt worden, einer von 100 suspendierter Ärzten und Krankenpflegern eingereichten Strafanzeige nachzugehen. Doch statt den gröbsten Verletzungen des Arzneimittelrechts auf den Grund zu gehen, habe Perasso eine reine Collage von Inhalten der Webseite der italienischen Arzneimittelbehörde (AIFA) und des Istituto Superiore della Sanità (ISS) gemacht. Holzeisen warf den Landtags-Kandidaten Thomas Widmann, Bernd Gänsbacher und Hubert Messner vor, die Bevölkerung mit „unglaublichen Falschinformationen“ zur Impfung getäuscht zu haben. Diese „experimentellen auf Gentechnik beruhenden Substanzen“ führten zu schweren irreversiblen Folgen bis hin zum Tod. Dem deutschen Paul-Ehrlich-Institut wurden bislang 338.333 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und 55.486 Verdachtsfälle schwerwiegender Nebenwirkungen berichtet. Die Melderate betrug für alle Einzelfallmeldungen allerdings nur 1,77 pro 1.000 Impfdosen.
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