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„Werden uns wehren“

Die Ex-Quarantäne-Station in Gossensass (Foto: lpa)

Wo wird das geplante Abschiebezentrum errichtet? Auch die Militäranlage in Gossensaß ist im Gespräch. Die Bevölkerung ist besorgt, in der Grenzgemeinde will man sich wehren.

von Erna Egger

Das in Südtirol geplante Abschiebezentrum heißt die Diskussionen an. In diesem sollen straffällige Einwanderer, die keine Aufenthaltsgenehmigung in Italien haben, zwischenzeitlich untergebracht werden.

Vier Standorte liegen auf dem Tisch. Neben dem Flugplatzgelände in Bozen und der Mercanti-Kaserne in Eppan soll auch die Militäreinrichtung in Gossensaß als mögliche Option ins Auge gefasst worden sein – und zwar der sogenannte „soggiorno militare“.

Die Struktur mitten im Dorfkern von Gossensaß ist eigentlich ein Feriendomizil, indem Militärangehörige und deren Familien Urlaub machen. Während der Corona-Pandemie wurde die Einrichtung zwischenzeitlich als Quarantänestation für Infizierte genutzt.

Im heurigen Sommer wurde die Einrichtung wieder ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung als Ferieneinrichtung zugeführt. „Und es war recht viel los“, sagt Bürgermeister Martin Alber.

Ein Abschiebezentrum in dieser Einrichtung ist für die Ortsbevölkerung jedoch inakzeptabel. Am Brenner formiert sich jetzt schon der Widerstand: „Ich werde mich massiv dagegen wehren“, sagt Alber. Er hat am Mittwoch aus inoffiziellen Kreisen von der Option erfahren – und die Nachricht über die WhatsApp-Gruppe den Gemeinderäten übermittelt. „Die Gemeinderäte waren sehr besorgt“, so Alber. „Ich habe versucht zu beruhigen: Ich habe ihnen mitgeteilt, dass noch nichts offiziell ist und dass wir uns gemeinsam zur Wehr setzen werden.“

Zuerst nahm man an, dass das Abschiebezentrum am Brenner direkt errichtet werden soll, wo einige Kasernen leer stehen. Bei einer Nutzung müssten diese aber kostenaufwendig adaptiert werden.

Bald stellte sich heraus, dass jedoch der „soggiorno militare“ in Betracht gezogen wird.

Die Einrichtung sei bereits in der Corona-Zeit zweckentfremdet worden, „und jetzt kommt dieser Vorschlag auf“, ärgert sich Alber. „Dass immer wir, weil wir diese Einrichtung im Dorfzentrum haben, zum Zug kommen sollen, sehe ich nicht ein.“

Alber unterstreicht die verfahrene Situation: Das Abschiebezentrum werde einem Gefängnis ähneln, in dem die dort Untergebrachten auf ihre Abschiebung warten.

Der „soggiorno militare“ steht mitten im Dorf, „angrenzend an die Schule. Daher kann man nicht einem Abschiebezentrum an diesem Ort zustimmen“, sagt Alber.

Er verweist auch auf das bereits bestehende Migrationsproblem am Brenner: „Wodurch wir sehr belastet sind. Wir befinden uns nämlich auf der Hauptroute, der Brennerroute, die permanent von nationalen und internationalen Medien zitiert wird“, so Alber. Sehr viele Migranten, die nicht in Italien bleiben wollen, versuchen den Brennerpass zu passieren, sofern sie auf österreichischer Seite erwischt werden, werden sie rückverwiesen.

Alber hat die Rückendeckung des ganzen Bezirkes Wipptal: „Das ist sicher. Wir werden die Gemeinde Brenner in ihrer Haltung unterstützen. Gossensaß ist in der Migrationsfrage jetzt schon stark belastet – und die Situation wird sich voraussichtlich eher verschlechtern als verbessern“, sagt Sebastian Helfer, Bürgermeister der Gemeinde Ratschings und SVP-Bezirksobmann des Wipptales.

Wie ist aber die grundsätzliche Meinung zur Einrichtung eines Abschiebezentrums: „Ich bin hierzu auf der Seite des Landeshauptmannes: Ein Abschiebezentrum ist notwendig, es ermöglicht, auf diese Menschen ein Auge zu werfen. Der Standort ist jedoch immer problematisch.“

Alber indes steht einem Abschiebezentrum gespalten gegenüber? „Es gib ein Für und ein Wider: Personen, die sich in unserem Land illegal aufhalten, gegen die Gesetze verstoßen, sich einer Integration verweigern und auch die Bevölkerung gefährden, muss man in ihre Herkunftsländer rückführen. Es stellt sich aber die Frage, ob nur Kriminelle rückgeführt werden? Nein. Es werden nämlich auch Menschen rückgeführt, die sich in einer grenzwertigen Situation befinden – also Wirtschaftsflüchtlinge oder Migranten, die aus religiösen und politischen Gründen die Heimat verlassen mussten. Der Umgang mit diesen Menschen muss einen menschlichen Charakter haben. Die Gefahr, die sie zu Hause erwartet, ist schwer einzuschätzen.“

Die reichen Länder und die Unternehmen müssen beginnen, seriös in diese Länder zu investieren. „Nur dann haben wir die Chance, dass der Einwanderungsstrom stoppt. Wird der Kontinent aber weiter sich selbst überlassen, werden wir nicht imstande sein, diese Migranten, die zu Hunderttausend kommen, aufzuhalten“, ist der Bürgermeister der Meinung.

 

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