Der Influencer-Effekt
Influencer werden auch im Tourismus immer häufiger für Marketingzwecke eingesetzt. Der Tourismusforscher Florian Gasser hat untersucht, wie Influencer unsere Tourismusentscheidungen beeinflussen können.
von Lisi Lang
Dass die sozialen Medien mit ihren Influencern einen Einfluss auf viele Entscheidungen haben, ist mittlerweile unbestritten. Neue Kosmetikartikel, Nahrungsmittel, Diätprodukte, aber auch Sportsachen oder Kleidungsstücke werden von Influencern tagtäglich im Netz präsentiert, oft auch mit Rabatt-Codes, um die Follower zum Kauf anzuregen.
Influencer werden aber schon lange nicht mehr nur eingesetzt, um verschiedene Artikel zu bewerben, auch im Tourismus oder Destinationen-Marketing greift man auf diese Werbemöglichkeit zurück. Nach dem Motto: Ein Bild oder Kurzvideo sagt mehr als tausend Worte.
Der Feldthurnser Florian Gasser hat in einer Forschungsarbeit für sein Doktorat den Einfluss der sozialen Medien auf das Tourismusverhalten untersucht und bei der AIEST-Konferenz in Madrid, wo die Themen des nachhaltigen Tourismus und die digitalen Entwicklungen und Herausforderungen für den Tourismus im Fokus standen, den dritten Platz unter den besten Forschungsbeiträgen eines Doktorierenden belegt. „In meiner Arbeit ging es darum herauszufinden, welche Kontextfaktoren unser Verhalten auf Social Media beeinflussen und wie Influencer unsere Tourismusentscheidungen beeinflussen können“, sagt Florian Gasser, der sich dafür konkret den Wintertourismus im Alpenraum angesehen hat.
Florian Gasser, der sich an der Universität St. Gallen in der Schweiz nicht nur mit Tourismusforschung sondern auch Verhaltenswissenschaft hinsichtlich Kauf- und Wahlverhalten beschäftigt, hat im Rahmen seiner Studie die Ist-Situation beleuchtet, also die Frage, wie stark Destinationen auf Social Media und Influencer für die Tourismuswerbung setzen. Und hier gibt es große Unterschiede: „In machen Gebieten spielen soziale Medien in den Strategiepapieren eine wesentliche Rolle, in anderen, wie auch in Südtirol, wird es häufig nicht als zentrales Instrument angesehen“, erklärt Gasser.
Aber macht es Sinn, dieses Marketing-Tool bzw. diese Kanäle noch stärker zu verwenden? „Es gibt nachweislich Effekte und das Marktvolumen von Social Media Influencer-Beiträgen umfasste laut aktuellen Studien branchenübergreifend ca. 20 Milliarden USD letztes Jahr. Aber es kommt sehr auf die Zielgruppe und den Auftritt der Influencer an – und der Strategie einer Destination, ob der Einsatz von Influencern für eine Destination zweckmässig ist“, erläutert Florian Gasser die Ergebnisse seiner Analyse.
Seine Studie habe nämlich gezeigt, dass es Unterschiede zwischen Influencern mit großer und kleiner Reichweite gibt. Interessant: Kleinere Influencer wie „Local Heroes“ erzielen oft einen größeren und nachhaltigeren Einfluss als Stars und Celebrities. „Kleinere Influencer werden als authentischer wahrgenommen und man vertraut ihnen mehr, entsprechend haben sie stärkere Effekte“, erklärt Gasser. Spannend sei zudem, dass Influencer mit höheren Follower-Zahlen eher als solche wahrgenommen werden. „Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber auch die Erkenntnis, dass man, wenn Influencer höhere Follower-Zahlen haben, ihre Beiträge – egal was sie posten – stärker als Werbung wahrnimmt“, erklärt der Verhaltensforscher. Und in diesem Moment kommt die Psychologie ins Spiel: „Wenn wir etwas als Werbung wahrnehmen oder davon ausgehen, dass wir aktiv von etwas überzeugt werden, hat das negative Auswirkungen auf unsere Wahrnehmung dieses Beitrages und schlussendlich auch auf unsere Kaufentscheidung“, so Gasser.
Wenn die Beliebtheit und Bekanntheit eines speziellen Ortes aber zu viel wird, dann kann das auch zum Problem werden. Beim Pragser Wildsee versucht man mittlerweile beispielsweise durch eine Kontingentierung und eine Lenkung der Besucherströme diese besser zu steuern. „Wenn punktuell zu viel Werbung komprimiert wird, dann kann das dazu führen, dass man Probleme hat“, erklärt der Verhaltenswissenschaftler. „Zielführend wäre es, dass man diese Mittel nicht nur einseitig verwendet – also, dass man nicht nur ein Gebiet, eine Attraktion bewirbt, sondern auch die Pfade und Gebiete rundherum, um eine nachhaltige Balance zu erreichen“, erklärt Gasser. Das werde bislang aber häufig noch nicht so stark umgesetzt. „Man hofft immer noch ein bisschen, dass man durch die punktuelle Werbung Leute anzieht und sich diese dann verteilen. Dies klappt aber nicht und kann eben dazu führen, dass bestimmte Gebiete zu stark besucht sind. Dies kann sich negativ auf die Umwelt, die Wahrnehmung der Bevölkerung als auch auf die Tourismuserfahrung der Gäste selbst auswirken – was längerfristig auch für die Tourismusbranche selbst eine Herausforderung wäre. Deshalb sollte man die modernen Marketingkanäle so verwenden, dass man hier ein Ausbalancieren erreichen kann“, erklärt Florian Gasser.
Für den Feldthurnser steht fest, dass Social Media und Influencer im Bereich der Tourismuswerbung noch viel Potential haben, gleichzeitig gäbe es aber auch noch einige offene Fragen, auch für die Forschung, wie man diese Möglichkeit bestmöglich nutzen und auch negative Effekte hinsichtlich punktuellem Übertourismus verringern kann.
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