Das Orstaxen-Chaos
Die Erhöhung der Ortstaxe sorgt für Aufregung: Viele Gastbetriebe wissen nicht, wie viel Geld sie ab Januar bei ihren Gästen einheben sollen.
von Matthias Kofler
Die Landesregierung hat vor der Sommerpause beschlossen, die Ortstaxe zu erhöhen und die Zuweisung der Einnahmen neu zu regeln. Die Änderungen treten ab dem 1. Januar 2024 in Kraft. Die Gemeindeaufenthaltsabgabe wird dann landesweit pro Übernachtung in folgendem Ausmaß bestimmt: 2,50 Euro für die Beherbergungsbetriebe mit einer Einstufung von vier Sternen, vier Sternen „Superior“ und fünf Sternen; 2,00 Euro für die Betriebe mit einer Einstufung von drei Sternen und drei Sternen „Superior“ sowie für Campings mit einer Einstufung von fünf Sternen, Privatvermieter mit einer Einstufung von fünf Sonnen und Urlaub auf dem Bauernhof mit einer Einstufung von fünf Blumen; 1,50 Euro für alle anderen Betriebe. Die Gemeinden haben allerdings die Möglichkeit, die Ortstaxe generell oder für besondere Vorhaben und tourismusrelevante Dienstleistungen und Infrastrukturen auf maximal 5 Euro zu erhöhen.
Das Problem: Dank einer Ausnahmeregelung können die Gemeinden noch bis zum 30. November entscheiden, wie viel Geld die Gastbetriebe effektiv bei ihren Gästen einheben sollen. Der Großteil der Hotels, Ferienwohnungen und UaB-Betriebe weiß derzeit also nicht, wie hoch die Ortstaxe ab Januar ausfallen wird. Das sorgt für Frust bei den Touristikern. „Es ist immer sehr ärgerlich, wenn die Landesregierung und ihre Beamten die Rahmenbedingung ändern, ohne dabei an jene zu denken, die dann damit arbeiten müssen“, kritisiert der Freiheitliche Andreas Leiter Reber.
In einem Schreiben an die Mitglieder empfiehlt der Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV), dem Gast schon vor der Anreise den neuen Betrag der Ortstaxe mitzuteilen. Die Erhöhung der Ortstaxe berechtigt den Gast laut HGV nicht, seinen Aufenthalt kostenlos zu stornieren. „Viele Gäste haben schon für nächstes Jahr reserviert, viele Angebote wurden bereits fixiert und nun muss der HGV den Betrieben empfehlen, die mögliche Erhöhung der Ortstaxe vor der Anreise hinterherzuschicken. Die Gäste bekommen also eine nicht gerade sympathische Post aus Südtirol und für die Gastwirte selbst ist es auch peinlich, aber sie müssen den Kopf hinhalten, obwohl sie nichts dafürkönnen“, schüttelt Leiter Reber den Kopf. Er hoffe daher, dass die Gemeinden mit ihrer Erhöhung erst später nachziehen.
Tourismuslandesrat Arnold Schuler hält die Kritik für überzogen: Die Änderungen seien mit den Tourismussektoren schon lange vereinbart worden. Er könne verstehen, dass die Zeiten bei der Erstanwendung knapp sein könnten. „Doch im Regelfall gibt der Betrieb den Preis pro Nächtigung an und fügt dann hinzu, dass die Ortstaxe zu bezahlen ist“, erklärt Schuler. Alles halb so wild, also?
Die Landesregierung hat eine weitere Neuerung vorgesehen: Demnach werden ab dem 1. Januar Minderjährige gänzlich von der Ortstaxe befreit, falls es sich um Teilnehmer an organisierten Schul- und Jugendgruppen handelt, die einschließlich der Begleitpersonen aus mindestens zehn Personen bestehen. In seinem Schreiben dankt der HGV dem SVP-Landtagsabgeordneten Helmut Tauber, weil dieser sich für diese Neuerung zugunsten der Schul- und Jugendgruppen eingesetzt habe. Wenige Wochen vor den Landtagswahlen riecht dieses Lob stark nach Wahlwerbung. Doch neben der nach wie vor unklaren Höhe der Ortstaxe sorgt eine weitere Änderung für Unverständnis: Obwohl der Landtag beschlossen hat, die für die touristische Vermarktung zuständige IDM zu zerschlagen, will das Land dem Marketing-Koloss jetzt mehr Geld zuweisen: nämlich 30 Prozent der neuen Ortstaxe.
Wie Landeshauptmann Arno Kompatscher in Beantwortung einer Anfrage des Team-K-Abgeordneten Paul Köllensperger mitteilt, wird die IDM dadurch voraussichtlich 17,6 Millionen Euro – und damit 8,7 Millionen Euro mehr als bisher aus der Ortstaxe erhalten. Allerdings, so betont der LH, werde die ordentliche IDM-Finanzierung nicht um diesen Betrag steigen, da gleichzeitig die Finanzierung über den Landeshaushalt reduziert werde. 60 Prozent der Einnahmen aus der Ortstaxe gehen an die Tourismusorganisationen. Weitere 10 Prozent werden den Tourismusorganisationen für die Durchführung – in Abstimmung mit der IDM – von übergemeindlichen Maßnahmen und Projekten zur Stärkung von Erlebnisräumen zugewiesen.
„Die Ironie daran ist, dass über ein Drittel der bei den Gästen einkassierten Ortstaxe an die IDM geht, die damit mit teuren Werbekampagnen Südtirol positiv in Szene setzt und bei den Gästen einen guten Eindruck hinterlassen will“, meint Leiter Reber. Auch im Zusammenhang mit den IDM-Millionen scheut der HGV nicht davor zurück, für „seinen“ Vertreter Tauber die Werbetrommel zu rühren: Dieser habe – so heißt es im Info-Schreiben – „sämtliche Vorstöße abwehren können, die Einnahmen aus der Gemeindeaufenthaltsabgabe für tourismusfremde Vorhaben zu verwenden“. „Armes Südtirol, wenn das Schicksal der heimischen Gastbetrieben auf den Schultern eines einzigen Mandatars liegt“, kommentiert Leiter Reber süffisant.
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