„Den Schwanz eingezogen“
Die Untersuchungen zu den SVP-Spenden 2018 enden in einem peinlichen Fiasko: Wie LH Arno Kompatscher, SVP-Chef Philipp Achammer und Wahlkampfleiter Thomas Widmann den Landtag an der Nase herumführen.
von Matthias Kofler
Riccardo Dello Sbarba tut sich schwer, die Contenance zu wahren: So etwas wie heute habe er in seinen 20 Jahren im Hohen Haus noch nie erlebt, eröffnet der Grüne seinen fünfminutigen Redebeitrag. Indem sie zu den Vorwürfen schweige, verhöhne die SVP den Landtag. „Helmuth Renzler hat gerade selbst den Beweis erbracht, dass ihr ein Schlangennest seid, denn er hat zugegeben, dass ein SVP-Vertreter die Infos der Opposition zugespielt hat“, so der Grüne. Auch die Freiheitliche Ulli Mair wird richtig hart: „Das ist feige“, brüllt sie in Richtung der verwaisten Regierungsbank. Das Fehlen der Protagonisten sei pervers. Alt-LH Luis Durnwalder habe immer seinen Kopf hingehalten, wenn ihn die Opposition attackiert habe. „Doch Arno Kompatscher zieht einfach seinen Schwanz ein“, giftet die Freiheitliche.
Die Szenen, die sich am Mittwochvormittag im Landtag abspielen, erinnern an einen schlechten Film: Die Minderheit will wenige Wochen vor den Wahlen die sogenannte SVP-Spendenaffäre „aufarbeiten“ – doch die drei vermeintlichen Hauptakteure, nämlich Landeshauptmann Arno Kompatscher, SVP-Obmann Philipp Achammer und Wahlkampfleiter Thomas Widmann, glänzen allesamt mit Abwesenheit. Dabei hat Widmann noch am Vortag gegenüber der Tageszeitung angekündigt, auf alle Fragen der Opposition zu antworten. Ein Mehrheitsvertreter verrät, dass alle SVP- und Lega-Mandatare angewiesen wurden, die Sitzung zu schwänzen. Bis auf ein paar Ausnahmen (Arnold Schuler, Waltraud Deeg, Paula Bacher und Magdalena Amhof sowie die Mitglieder des Landtagspräsidiums) halten sich alle an die Vorhabe. Das Ergebnis ist ein halbleerer Sitzungssaal.
Ein Schuss ins Knie für Kompatscher und Co.? Denn die harschen Vorwürfe, die auf die Mehrheit einprasseln, bleiben weitestgehend unwidersprochen. Wer die Sitzung verfolgt, bekommt zwangsläufig den Eindruck, dass beim SVP-Wahlkampf 2018 nicht alles mit rechten Dingen abgelaufen ist. Denn warum sonst löst das Edelweiß vorzeitig den U-Ausschuss auf? „Vertuschen, verhindern und einschüchtern lautet die Devise der SVP“, resümiert Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit. Freilich: Auch die Opposition hat sich in der Spenden-Affäre nicht mit Ruhm bekleckert: So war es Knoll, der dem U-Ausschuss eine selbst angefertigte „Spender-Liste“ vorlegte.
Landtagspräsidentin Rita Mattei entschuldigt die Abwesenheit des LH: Er sei auf der Staat-Regionen-Konferenz (zu der er ungeniert auch einen seiner drei Stellvertreter hätte schicken können). Kompatscher kennt die Vorhaltungen, nimmt aber von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Er spricht von einem „Missbrauch der Geschäftsordnung“. Im Landtag würden Falschaussagen verbreitet, die Wortwahl sei „auf unterstem Niveau“ – da spiele er nicht mit. Gegen den Abgeordneten Knoll habe er Strafanzeige erstattet, erinnert Kompatscher, weil dessen Vorhaltungen gegen ihn frei erfunden seien. Die Opposition ist hingegen überzeugt, dass sich der Regierungschef 2018 nicht an die Ausgaben-Obergrenze von 30.000 Euro gehalten – und somit eine Falscherklärung abgegeben hat. Josef Unterholzner (Enzian) zitiert Ausgaben im Wert von 250.000 Euro, die auf das Konto des LH gehen müssten, da dieser die entsprechenden Dienstleistungen in Auftrag gegeben habe. Sven Knoll und Ulli Mair werfen dem Regierungschef vor, seine Unterstützer mit Aufträgen im Ausmaß von satten 620.000 Euro belohnt zu haben, nicht nur nach den Wahlen 2018, sondern auch schon 2013.
„Ich fühle mich an der Nase herumgeführt, und es bleibt viel mehr als ein Geschmäckle zurück“, ärgert sich Alex Ploner vom Team K und stellt eine rhetorische Frage: „Will die Südtiroler Bevölkerung wirklich ein weiter so mit dieser Intransparenz, Frotzelei und diesen politischen Spielchen?“ Nicht mehr als ein Versuch der Schadensbegrenzung sind die Wortmeldungen der beiden SVP-Arbeitnehmer Helmuth Renzler und Magdalena Amhof. Die Arbeitsweise sei unkorrekt, illoyal und unfair gewesen, meint Renzler. Es seien zweifelhafte Dokumente vorgelegt worden, Inhalte und Debatten seien einseitig an die Presse weitergeleitet worden. Amhof begründet das (merkwürdige) Verhalten ihrer Parteikollegen damit, dass der U-Ausschuss von der Opposition für Wahlkampfzwecke missbraucht worden sei, um die SVP und den LH zu diskreditieren.
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