Schamloser Freispruch
In Italien herrscht große Empörung. Ein Staatsanwalt aus Brescia fordert den Freispruch eines Mannes, weil das Verbrechen der Misshandlung nicht bewiesen sei: „Das ist seine Kultur“.
von Sylvie Debelyak
Ein Antrag auf Freispruch am Landesgericht von Brescia sorgt derzeit in ganz Italien für große Empörung. Eine Frau aus Bangladesch zeigte 2019 ihren Mann an, weil er sie „wie einen Sklaven behandelte“. Ein Staatsanwalt aus Brescia fordert nun dessen Freispruch, weil das Verbrechen der Misshandlung nicht bewiesen sei.
Jedoch sorgt nicht der Antrag auf Freispruch selbst für Aufsehen, sondern die Worte des Staatsanwalts. Das Verhalten des Angeklagten sei ihm zufolge nämlich das Ergebnis eines „kulturellen Systems und nicht seines Gewissens und seines Wunsches, seinen Ehepartner zu vernichten und zu erniedrigen“, da „die Ungleichheit zwischen Mann und Frau ein Ergebnis seiner Kultur sei.“
Der Fall aus Brescia schlägt bis weit über die regionalen Grenzen hinaus Wellen und sorgt für heftige Kontroversen. „Der Antrag auf Freispruch eines gewalttätigen Ehemannes, weil sein Verhalten durch die Kultur seines Herkunftslandes gerechtfertigt sei, ist schlichtweg inakzeptabel“, so Julia Unterberger, SVP-Senatorin und Vorsitzende der Autonomiegruppe im Senat. „Eine 27-jährige Bengalin, die angibt, zwangsverheiratet, Opfer wiederholter Gewalttaten und in einen Zustand der Sklaverei versetzt worden zu sein, darf von der italienischen Justiz nicht solche Antworten erhalten. Auch wenn sie aus einem sozialen und familiären Umfeld kommt, in dem die Würde und die Freiheiten der Frauen mit Füßen getreten werden, hat sie deswegen in unserem Rechtsstaat nicht weniger Rechte.“ Die Botschaft der Staatsanwaltschaft von Brescia sei vor allem für ausländische Frauen, die sowieso häufig nicht den Mut und die Kraft finden, eine Anzeige zu erstatten, verheerend.
Erst vor wenigen Tagen hätte man mit der Untersuchungskommission zu Femiziden beim Filmfestival von Venedig eine Sensibilisierungsaktion durchgeführt, wie die SVP-Senatorin erklärt: „Die Botschaft dahinter war, dass die Bekämpfung von Gewalt auch kultureller Kraftanstrengungen bedarf.“
Die Begründung des Staatsanwaltes, der eine rückständige Kultur zur Rechtfertigung von Gewalt heranzielt, gehe demnach genau in die entgegengesetzte Richtung, sagt Unterberger: „Wer in Italien lebt muss sich an die Gesetze und Grundprinzipien des Landes halten, angefangen bei der Gleichheit von Mann und Frau und der Unantastbarkeit der menschlichen Würde und Freiheit. Für Kulturen, die Frauen unterdrücken, ist kein Verständnis aufzubringen.“
Auch der Leitende Oberstaatsanwalt am Landesgericht Brescia, Francesco Prete, distanziert sich in einer offiziellen Aussendung von seinem Stellvertreter Antonio Bassolino, der diesen schamlosen Freispruch gefordert hat.
Ähnliche Artikel
Kommentare (22)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.
andreas
Der Fall zeigt das Dilemma mit anderen Kulturen auf.
Jedes Land hat seine eigenen Moralvorstellungen und auch Ansichten zum Wert von Frauen.
Manche sind mit unseren nun mal nicht vereinbar und eine „Umerziehung“ schwierig bis unmöglich.
criticus
Dieser Urteilsspruch ist wohl im Sinne der Grünen, oder? Die haben ja gerne das Multikulti!
heracleummantegazziani
So ein Quatsch.
andreas
Ein Staatsanwalt spricht keine Urteile, solltest du das nicht wissen.
jorge
Bist wohl auch so ein „Spinner“, der immer versucht den „Grünen“ alle Schuld zuzuschieben und deren einstellung völlig verkennt, nur weil sie die Rechte eines würdigen Lebens in den Vordergrund stellen, egal welcher Kultur jemand angehört.
summer1
Jergile
„Das Recht eines würdigen Lebens“: du kannst es nicht und du wirst die deutsche Sprache nie mehr veherrschen.
Und das als akademischer Geograph und Biologe.
Will gar nicht erst deine Diplomarbeiten sehen. Pfui!
unglaublich
Die Begründung des Antrages des Staatsanwaltes ist einfach unglaublich.
gerhard
Einhergehend mit der Forderung nach Freispruch müßte aber die logische Konsequenz eines zivisierten und gebildeten Menschen lauten:
Und deswegen ist dieser Mann unverzüglich in sein Heimatland auszuweisen.
Dort trifft dann seine Kultur und Handelweise wieder zusammen.
summer1
Gerhard, der AfDler, hat gesprochen!
gerhard
Was juckt es eine deutsche Eiche
wenn eine (kommunistische) Wildsau sich an ihr reibt!
summer1
Ja die deutsche Eiche und die jüdischen Kommunisten mit der Weltverschwörung.
Was braucht es noch Beweise?
gerhard
Trottel
foerschtna
Das Gericht muss dem Antrag des Staatsanwaltes ja nicht folgen, und im Grunde genommen hat er ja nur das gesagt, was mittlerweile in unserer Willkommenskultur zum guten Ton gehört, nämlich die Toleranz gegenüber den Eigenheiten fremder Kulturen. Und im Buche des Propheten steht nun mal, dass der Mann das Recht hat, seine Frauen und Töchter zu „züchtigen“, was immer das dann in der Praxis auch heißen mag. Und im Zweifel steht bei diesen Personen das Buch des Propheten halt über unserem Zivilgesetzbuch. Aber das ist halt so, wenn unsere Willkommenskultur mit den Eigenheiten fremder Kulturen kollidiert. Wie jüngst in Berlin, wo Mitglieder eines queeren Clubs lautstark gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in ihrer Nähe protestiert haben. Mit der Begründung, die Neuankömmlinge hätten, vorsichtig ausgedrückt, gewisse Schwierigkeiten mit der Akzeptanz von mehrgeschlechtlichen Lebensformen. Multigeschlechtlichkeit kollidiert mit Willkommenskultur. Ein schier unlösbares Dilemma für die woken Gutmensch*Innen. Und nicht auszudenken, wäre dieser Protest beispielsweise von einer Pfadfindergruppe ausgegangen.
heracleummantegazziani
Die Toleranz gegenüber anderen Kulturen hört bei Verstoß gegen irgendein Gesetz auf. Überall. Da sind sich – außer besagtem Staatsanwalt – wohl alle einig.
Das immer wieder geforderte „einfach Abschieben“, wäre aber ein Akt der inaktzeptablen Toleranz, denn es würde Straffreiheit bedeuten.
2xnachgedacht
@hera
straffreiheit auch dann-wenn sie hierbleiben. finde den fehler.
heracleummantegazziani
Nein, eben nicht, wenn sie verurteilt werden. Bestraft zu werden heißt nicht immer Gefängnis. Sie sollten sich mal mit dem Strafgesetzbuch und der Strafprozessordnung auseinandersetzen.
heracleummantegazziani
Die Staatsanwaltschaft von Brescia hat sich übrigens von diesem Staatsanwalt distanziert und ihren Einsatz gegen Gewalt an Frauen bekräftigt. Das Justizministerium hat hingegen schon eine Untersuchung gegen den Staatsanwalt eingeleitet.
cosifantutte
Die Aussage des Staatsanwaltes trägt konsequent der Entwicklung Rechnung. Da der Rechtsstaat durch wachsende Verschuldung und offene Grenzen zusehends geschwächt wird, werden die Einhaltung seiner Gesetzen nicht mehr einforderbar und sich solche Situationen zwangsweise häufen. Man ist auf den Weg in den ‚failed state‘.
foerschtna
Deutschland, Frankreich, Italien. Und andere. Die sind nicht mehr auf dem Weg dorthin, die sind bereits failed states.
cosifantutte
Kann man so sehen. Darum enden solche Experimente meistens im Totalitarismus, also dem Gegenteil von dem, was sie sich zu erreichen auf die Fahne schreiben.
romy1988
Menschen mit anderen Kulturen haben sich in unserem Land anzupassen, ansonsten ab nach Hause…ebenso mit dem Staatsanwalt, der nur mehr peinlich ist.
dn
Wahnsinn!!!