„Sind gut aufgestellt“
Welchen Stellenwert hat Breitensport in Südtirols Politik? VSS-Obmann Paul Romen über die Zusammenarbeit zwischen Südtirols Sportvereinen und dem Land.
Tageszeitung: Herr Romen, mit mehr als 86.000 Mitgliedern ist der Verband der Sportvereine Südtirols (VSS) die größte Interessenvertretung des Landes. Finden sie in der Politik genug Gehör?
Paul Romen: Der Sport hat in Südtirol einen hohen Stellenwert und dementsprechend finden wir auch Gehör. Aus meiner Erfahrung im VSS kann ich sagen, dass unser Landeshauptmann und Sportlandesrat Arno Kompatscher, die Landesregierung, aber auch die Parlamentarier uns immer aufmerksam zugehört haben und unsere Vorstellungen nach Möglichkeit berücksichtigt wurden. Ein konkretes Beispiel und großer Erfolg letzthin ist die in der Sechserkommission vereinbarte Durchführungsbestimmung betreffend Zuständigkeiten und Anerkennung von VSS und USSA, die zweitgrößte Vereinigung von Sportvereinen in Südtirol, als Organisationen für Sportförderung (EPS).
Welchen Stellenwert nimmt Breitensport in der Politik ein? Es wird vorwiegend vom FC Südtirol oder HC Bozen geredet, wo nebenbei viel Geld fließt.
Ich glaube, Südtirols Politik weiß um den Stellenwert und die Wichtigkeit des Breiten- und Jugendsports. Als Politiker, aber teilweises auch als Eltern, wissen sie, welche wertvolle Arbeit unsere ehrenamtlichen Vereine wöchentlich auf allen Ebenen und Sportplätzen im Land leisten. Die großen Vereine und ihre sportlichen Erfolge bringen Begeisterung und haben eine Vorbildfunktion für den Südtiroler Sport. Je öfter vom Südtiroler Breitensport gesprochen und geschrieben wird, umso mehr steigt auch sein Stellenwert.
Wie zufrieden sind Sie mit der Unterstützung vonseiten des Landes?
Wünsche gibt es und wird es immer geben. Umgekehrt müssen wir erkennen, dass es Grenzen gibt. Zufriedenheit, Begeisterung und Kreativität im Verein kann man nicht kaufen, sondern muss man selbst gestalten. Aus Sicht des Verbandes weiß ich von großzügiger Unterstützung, die es dem VSS erlaubt, für den Jugend- und Breitensport jährlich ein gutes Sportangebot zu erstellen.
Wie sehen Sie den Trend in Südtirol: Schicken immer mehr Eltern ihre Kinder zum Sport?
Der Sport hat sich in Südtirol bis hin in die letzten Dörfer etabliert und wird von den Familien gerne und vielfach wahrgenommen. Im Sport erfahren wir Gemeinschaft, Integration, Fairness, Begeisterung, Gesundheit, Kampfgeist, Zusammenhalt und vieles mehr. Prägende Werte, die für Familien und Kinder weit über den sportlichen Erfolg bedeutsam sind.
Gibt es ausreichend Sportstrukturen in Südtirols Gemeinden?
Grundsätzlich glaube ich, dass Südtirols Gemeinden bezüglich Sportstrukturen gut aufgestellt sind und die vielen Vereine dadurch ein breites Angebot stellen können. Die eine oder andere Struktur, vor allem in den Städten, wo die Nachfrage nach Hallensport groß ist, wird es noch brauchen, aber im Vergleich mit unseren Nachbarn stehen wir doch gut da. Ein riesiges sportliches Angebot am Berg und im Tal bietet auch unsere einzigartige Naturlandschaft.
Werden die Sportstrukturen auch entsprechend instandgehalten?
Die Vereine, welche meistens die Anlagen führen, geben ihr Bestes, um diese in Schuss zu halten. Um dies weiterhin zu garantieren, braucht es sicherlich Nachbesserungen bei Gemeinde und Land. Es ist wie überall: Gebaut ist schnell, aber das Erhalten ist und bleibt schwierig.
Bräuchte es mehr finanzielle Förderung von Seiten des Landes?
Finanzielle Forderungen sind, wie überall, immer gerne willkommen und punktuell auch notwendig. Gleichzeitig kann es nicht immer ein Mehr an Förderung geben. Wichtig bleibt, dass man die Vereine in ihrer täglichen Arbeit unterstützt und das Ehrenamt weiterhin durch Präsenz, Gehör und ein gutes Wort wertschätzt.
Schon seit geraumer Zeit laufen Bemühungen, die Rahmenbedingungen für das Ehrenamt zu verbessern, vor allem im Hinblick auf die Bürokratie. Hat sich die Arbeit für Südtirols Sportvereine in den letzten Jahren erschwert?
Ohne Zweifel erschwert die Bürokratie die Arbeit der Sportvereine und hier gilt es sicherlich in vielen Bereichen anzusetzen. Eine schwere Bürde der Funktionäre und Betreuer bei den Sportvereinen bleibt aber die große Verantwortung, der sie ausgesetzt sind. Bürokratie ist schlussendlich der Ausdruck unserer Gesellschaft, wo vielfach den Anderen misstraut wird und Dinge deshalb dreifach dokumentiert werden müssen. Ich denke, bei den Südtiroler Sportvereinen sieht man aber mit freiem Auge, wie gut die Geldmittel eingesetzt werden.
Während der Corona-Pandemie wurde die Vereinstätigkeit mitunter am längsten ausgesetzt. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Für die Vereine war es eine schwierige Zeit. Gott sei Dank ist diese nun vorbei und ich denke, wir können wieder zuversichtlich in die Zukunft blicken. Der Sport ist in die Dörfer zurückgekehrt.
Inwiefern hat die Pandemie die Sportvereine geprägt? Gab es einen Rückgang an Einschreibungen?
In einigen Sportarten, wie zum Beispiel Kegeln und Hallensport, gab es Rückgänge, während Mannschaftsportarten inzwischen wieder stark im Aufschwung sind.
Welche Erwartungen haben Sie an die neue Landesregierung?
Ich erwarte mir, dass wir, wie bisher, in angenehmer Weise und auf Augenhöhe im Dialog bleiben und somit dem Sport in Südtirol Wegbereiter sein können.
Welche Schwerpunkte möchten Sie als neuer VSS-Obmann zukünftig angehen?
Ziel für den VSS muss es sein, den Vereinen ihre tägliche Arbeit zu erleichtern, Beratung und Dienstleistung auszubauen und die Politik dafür zu sensibilisieren, bestmögliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Schwerpunkte bleiben auf jeden Fall die Jugendförderung und der Breitensport, die Förderung des jungen Ehrenamtes – denn wir brauchen junge Funktionäre – sowie ein gutes Zusammenwirken der verschiedenen Sportverbände.
Interview: Sylvie Debelyak
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