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„Ein falscher Schritt“

Cannabidiol wird in die Tabelle der Betäubungsmittel aufgenommen. CBD-Produkte sollen demnach künftig nur mehr in Apotheken zum Verkauf stehen. Was Peter Grünfelder vom Cannabis Social Club Südtirol zum neuen Dekret sagt.

Tageszeitung: Herr Grünfelder, laut eines jüngst erlassenen Dekretes von Gesundheitsminister Orazio Schillaci sollen in Italien ab September CBD-Öle nur mehr in Apotheken verkauft werden. Was halten Sie davon?

Peter Grünfelder: Ich finde, das ist ein sehr schwieriger Schritt und auch der falsche Schritt. Im besagten Dekret wird absurderweise CBD als psychoaktive Substanz definiert. Es wird sozusagen auf das gleiche Niveau gesetzt wie Opiate, Benzodiazepine und eben auch das psychoaktive, und deswegen nur auf Verschreibung erhältliche THC-haltige Cannabis.

Was bedeutet das für den alternativen Markt, Cannabis für therapeutische Zwecke zu verwenden?

In den letzten Jahren ist dieser Markt stetig gewachsen, in Italien wie auch in anderen EU-Ländern. Inzwischen arbeiten bereits tausende Menschen in diesem Bereich, die alle ihren Beruf verlieren würden. Der Umsatz wird auf 500 Millionen Euro geschätzt. Die große Pharmaindustrie hingegen würde wieder einmal davon profitieren.

Welche Produkte sind vom neuen Dekret betroffen? Vorwiegend therapeutische Öle oder beispielsweise auch Kosmetikprodukte?

Es geht hauptsächlich um die reinen CBD-Öle. Aber CBD-Öle werden ohnehin als technisches Produkt verkauft und nicht als Nahrungsergänzungsmittel. Denn laut aktueller Bestimmungen für die Produktsicherheit dürfen Nahrungsergänzungsmittel nur aus Hanföl bestehen, welches aus Hanfsamen gepresst wird, und nicht aus dem Extrakt der Blüten, das auch CBD enthält. Es ist mir demnach noch nicht ganz klar, welche Produkte genau von der neuen Regelung betroffen wären. Aber ich glaube sowieso nicht, dass es soweit kommen wird.

Warum nicht?

Weil diese Branche in Italien in den letzten fünf Jahren stark gewachsen ist und nicht nur die Menschen, welche durch die neue Regelung ihre Arbeit verlieren würden, sondern auch das gesamte Klientel davon betroffen wäre. Als Ex-Gesundheitsminister Roberto Speranza im September 2020 dieses Dekret erlassen hatte, musste er es aufgrund zu vieler Proteste ad acta legen. Deshalb bin ich mir sicher, dass auch dieses Mal ein Rekurs eingereicht werden wird.

Wer kauft diese Produkte?

Alte sowie Junge. Studenten, die Prüfungsstress haben oder gegen Angstsituationen ankämpfen, bis hin zu älteren Personen, die CBD-Produkte für die Verbesserung ihres allgemeinen gesundheitlichen Zustandes einnehmen. Außerdem kann es psychische Beschwerden lindern und bei Schmerzen helfen.

Während einige Länder wie Deutschland sich auf dem Weg der Legalisierung befinden, rudert Italien zurück. Welche Auswirkungen hat das neue Gesetz auf die Legalisierungskampagne?

Ich glaube, dass sich Italien hier lächerlich macht, immerhin geht es um die Verwendung von Cannabis für therapeutische Zwecke und dessen medizinischer Nutzen ist wissenschaftlich erwiesen. Aber anstatt des Fortschrittes verfolgt Italien eine opportunistische Politik, die nur in die eigene Tasche arbeitet und auf eigene Vorteile bedacht ist.

Haben Sie sich bereits gedacht, dass es mit der neuen Regierung schwieriger werden könnte, Cannabis zu legalisieren?

Ja, die rechte Regierung verfolgt in Bezug auf die Drogenpolitik eine härtere Bestrafung. Ich kann dieser Politik jedoch nichts abgewinnen, denn man hat gesehen, dass das die Probleme nicht löst. Trotz einer aktiven Bekämpfung sind die Drogenkartelle in den letzten Jahrzehnten immer mächtiger geworden. Die Drogenpolitik hat total versagt. Ich bin der Meinung, dass Italien etwas ändern muss, sowohl was die Drogenpolitik anbelangt, als auch im Hinblick auf die Legalisierung von Cannabis.

Befürchten Sie, dass Gesetzeslockerungen rund um den Verkauf und die Verwendung von leichtem Cannabis schrittweise wieder zurückgenommen werden?

Nein, ich bezweifle, dass das geht. Inzwischen hängt eine immer größer werdende Branche daran, die ebenfalls versucht, ihre Interessen zu wahren. Das geht vom Produzenten bis hin zum Verkäufer.

Könnte die Substanz in Italien bald gänzlich verboten werden?

Nein, das würden sie nicht durchbringen. Ich bin davon überzeugt, dass es vielmehr in Richtung einer Liberalisierung beziehungsweise Regulierung von Cannabis gehen wird. Legalisierung bedeutet immer zugleich auch Regulierung. Denn alles, was in unser Wirtschaftssystem eingeführt wird, unterliegt bestimmten Regeln, und diese würden schließlich auch für Cannabis gelten.

Interview: Sylvie Debelyak

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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