DJs sind auch Künstler
Der Meraner DJ Walter Garber bemüht sich seit eineinhalb Jahren, in das Landesverzeichnis der Kunstschaffenden aufgenommen zu werden. Jüngst hat die Landesregierung seine Aufsichtsbeschwerde abgelehnt. Doch es gibt Hoffnung für ihn.
von Thomas Vikoler
Es geht um einen Zugang um mögliche Vorsorgeleistungen wie eine Zusatzrente, vor allem aber um eines: Die Anerkennung des Discjockeys als Künstler, seine Anerkennung als Künstler.
Der Meraner Walter Garber alias DJ Veloziped führt seit November 2022 einen zähen Kampf mit dem Land Südtirol, in dessen Landesverzeichnis der Kunstschaffenden aufgenommen zu werden. Bisher ist ihm das nicht gelungen, doch es gibt Hoffnung.
Garber hat am 15. November 2022 einen formellen Antrag auf Eintragung in das kurz davor eingerichtete Landesverzeichnis gestellt. Das Künstler-Register ermöglicht neben dem Zugang zu Förderungen für Künstler die Schaffung von öffentlich bezuschussten Zusatzleistungen, wie der Vorsorgeleistung zum Aufbau einer Zusatzrente.
Die Voraussetzungen dafür: Die Antragsteller müssen in Südtirol ansässig sein und in den vorangegangen zwei Jahren eine künstlerische Tätigkeit berufsmäßig ausgeübt haben.
Das trifft für Garber offensichtlich zu: Er ist ein international tätiger DJ, der regelmäßig in Clubs und bei Kulturveranstaltungen auftritt.
Während der Corona-Pandemie erfuhr er seitens des Kulturassessorats die entsprechende Anerkennung als Künstler: Im Rahmen des Kulturmaßnahmenpakets für freischaffende Künstler erhielt er in den Jahren 2020 und 2021 Beihilfen vom Land in der Höhe von 8.000 Euro.
Das Landesverzeichnis der Kunstschaffenden gab es in jenen Jahren noch nicht, die Richtlinien für die Eintragung wurden von der Landesregierung mit Beschluss vom 30. August 2022 festgelegt.
Ende des Jahres 2022 teilte das zuständige Landesamt Garber die Hinderungsgründe für die Eintragung in das neue Register mit. Begründung: „Die Mitglieder der Bewertungskommission haben festgestellt, dass Ihre Berufsbeschreibung als DJ nicht in die musikalischen Genres fällt. Aufgrund des vorgelegten Curriculum Vitae werden auch die Voraussetzungen einer künstlerisch anerkannten Tätigkeit nicht erfüllt“.
Dem Meraner Discjockey blieb nichts anderes übrig, als einen Einwand gegen den negativen Bescheid vorzubringen. Mit einem listigen Hinweis: Er zitierte aus einem Text von Antonio Lampis, damaliger (und heutiger) Ressortdirektor der Abteilung italienische Kultur, in einer Publikation zum Transart-Festival des Jahres 2005. „Unzweifelhaft ist der DJ ein Künstler und sein Berufsbild hat sich in den vergangenen 15 Jahren stark verändert. Ein guter DJ macht heute das, was ein Buchhändler oder ein Bibliothekar im Verlagswesen tut. Er ist ein kultureller Vermittler“.
Im Einwand bleib auch nicht unerwähnt, dass es für den DJ keine spezielle Ausbildung in einer anerkannten Einrichtung gibt. Und dass große Unterschiede zwischen einem kommerziellen DJs, der vorwiegend in Diskotheken auflegt, und einem künstlerischen DJ bestehen. Hier zitierte Garber aus einem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf zu einem Gewerbesteuer-Streitfall: „Es muss in diesem Zusammenhang zwischen Unterhaltungs-DJs auf der einen Seite und Kulturinstitutionen und Musikclubs mit sogenannten Underground-DJs auf der anderen eindeutig unterschieden werden“.
Außerdem verwies Garber auf die zahlreichen Auftritte, Radiosendungen, Anerkennungen und Erwähnungen in seiner langen Karriere, etwa die Teilnahme an der Ausstellung Techno im Bozner Museion, für welche er einen 15-minütigen Mix zusammenstellte, der in das Archiv des Museums aufgenommen wurde. Direktor Bart van der Heide, wie der oben erwähnte Ressortdirektor Lampis ein Fan von Techno-Musik, bestätigte in einem Schreiben die Teilnahme Garbers an der zwischen September 2021 und März 2022 laufenden Ausstellung. Auch der ORF-Jugendsender FM4 belegte in einem Schreiben, dass Garber neun einstündige Mixes für die Sendung „La Boum de luxe“ bereitgestellt und künstlerisch produktiv zur Sendung beigetragen habe.
Doch das alles nützte nichts: Der Antrag auf Eintragung in das Landesverzeichnis der Kunstschaffenden wurde vom Amt für Kultur nach Vorbringung der Einwände abgelehnt.
Walter Garber gab nicht nach und reichte im Februar dieses Jahres bei der Landesregierung Aufsichtsbeschwerde gegen die Verwaltungsmaßnahme ein.
Wieder erhielt er eine Abfuhr. Die Landesregierung lehnte die Aufsichtsbeschwerde mit einem Beschluss vom 18. Juli ab. „Die Tätigkeit des DJ kommt in der Kategorie Musik nicht vor, somit fehlt die Voraussetzung für die Annahme des Antrags“, argumentierte die Landesregierung. Im folgenden Absatz stand ein Satz, der den Antragsteller besonders ärgerte: „Das eingereichte Curriculum erfüllt nicht die Erfordernisse einer künstlerischen Professionalität als DJ“.
Theoretisch könnte Garber nun beim Verwaltungsgericht einen (teuren) Rekurs gegen die Ablehnung seiner Aufsichtsbeschwerde einreichen.
Doch das wird er nicht tun, denn es gibt inzwischen neue Hoffnung, am Ende doch in das Künstler-Register eingetragen zu werden: Am 30. Mai hat die Landesregierung die Richtlinien für die Eintragung in das Landesverzeichnis für Künstlerinnen und Künstler geändert. Und hier taucht – unter der Kategorie Musik – plötzlich der Begriff elektronische Musik-Performance auf. Das dürfte auf das Profil eines DJs, aber auch eines Produzenten elektronischer Musik, passen.
Garbers gut dokumentierte Einsprüche haben offenbar ihre Wirkung gezeigt: „Es wurde den Zuständigen offenbar bewusst, dass sie weltfremd waren und den Zeitgeist nicht erfasst hatten“, kommentiert Garber.
Poetry Slammer und Graffitikünstler, die in etwa zeitgleich mit den Underground DJs in den USA aufgekommen sind und von denen es auch in Südtirol einige gibt, waren von Anfang an in die Kriterien für die Aufnahme in das Künstler-Register angeführt worden.
Inzwischen hat Walter Garber alias DJ Veloziped an das Amt für Kultur einen neuen Antrag gestellt. Mit wesentlich besseren Aussichten auf Annahme als beim ersten.
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Kommentare (2)
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summer1
Meine Güte, eine Runde Mitleid!
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Wirklich eine riesen Kunst, ein Lied zu starten und dann noch eins … und dann noch eins …