Maïwenn
Mit „Jeanne Du Barry“ legt Maïwenn Le Besco einen Film vor, der viel interessanter ist als Johnny Depp, von dem gerade viel die Rede ist, weil er mitspielt. Dabei bleibt er sekundär.
von Renate Mumelter
Das hätte ich mir nicht erwartet, dass ich gerne im Kino bleibe, obwohl ein Film Dinge vereint, die mich weniger ansprechen: das Genre Kostümfilm nämlich und den Darsteller Johnny Depp. Aber „Why not“, dachte ich – so heißt übrigens auch die Produktionsfirma von Pascal Caucheteux, der sich in das Abenteuer „Jeanne Du Barry“ wagte.
Maïwenn Le Besco erzählt als Regisseurin, Drehbuchautorin und Hauptdarstellerin die Geschichte der letzten Kurtisane von Ludwig XV. Diese war Tochter einer Köchin und eines Geistlichen, wurde von einem Edelmann großgezogen. Ob der wirklich durch und durch Edelmann war, bleibt offen. Jeanne bekam jedenfalls Bildung, lernte Umgangsformen, kam ins Kloster. Weil sie dafür aber nicht gemacht war, stand sie vor der Alternative Köchin oder Mätresse zu werden. Sie entschied sich für die Freiheit der Kurtisane und schaffte es bis an prunkvollen Hof von Ludwig XV., der für seine Mätressenwirtschaft bekannt war (Madame Pompadour etc.).
Die zwei scheinen sich wirklich ineinander verliebt zu haben, und die Geschichte dauerte bis zu des Köngis Pockentod fort.
Es gab sie wirklich
Jeanne Du Barry gab es wirklich (geboren als Marie Jeanne Bécu 1743-1793), auch das Leben bei Hof schildert Maïwenn realitätsnah. Alle und alles gefangen in viel blasiertem Gehabe, bei dem nur eine mutige Kurtisane wie Jeanne es sich herausnahm, die Grenzen der Etikette zu überschreiten, Gefühle zu zeigen, Lebensfreude.
Das ist trotz des starren Louis-Quinze-Ambientes spannend und unterhaltsam erzählt, wohl auch, weil Maïwenn eine überzeugende Jeanne gibt und weil viele Themen mitklingen, die bis heute aktuell sind, damals überspitzt, heute glattgefeilt. Da geht es um einen schwarzen Sklavenjungen, den der geizige Richelieu der Kurtisane schön verpackt als Geschenk überreicht, und der als Erwachsener in der Revolution für vermeintliche Gerechtigkeit sorgt. Es geht um Menschen, die in Konventionen ersticken wie die Töchter des Königs, es geht um unverschämtes Patriarchat, es geht aber auch um Liebe.
Maïwenn spielt den König an die Wand. Der hat allerdings bis auf etwas Mienenspiel nicht viel zu tun, und das passt. Der Film ist in seiner Originalfassung (die ich sehr empfehle) französisch. Wer besser Französisch kann als ich soll sich daran gestoßen haben, dass Depp mit dieser Sprache Probleme hat.
Maïwenn ist ein bretonischer Vorname. Le Besco hat sich in ihrem Leben übrigens bereits aus einigen Zwängen befreit, beispielsweise jenem dass ihre Mutter sie zum Kinderstar machen wollte.
Premiere: „Erben“
Am Donnerstag, den 7. September lädt der Filmclub um 20 Uhr zu einem besonderen Abend mit Karl Prossliners neuem Dokumentarfilm „Erben. Die Übergabe in vier Episoden“. Der Regisseur und einige Protagonisten werden dabei sein, ebenso die Unternehmerin Maria Niederstätter, die viel Erfahrung in Sachen Übergabe gesammelt hat und im Gespräch davon erzählen wird.
Venezia 80
Derzeit läuft in Venedig die Mostra del Cinema und die ersten Filme sind schon am Kinostart, Liliana Cavanis „L’ordine del tempo“ zum Beispiel, der seit 31. August im Kino zu sehen ist. Cavani bekam dieses Jahr den Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk. Eine online-Masterclass mit ihr gab es online. Ein Tipp für Daheimgebliebene: Über die Plattform Mymovies können diverse Masterclasses (u.a. heute mit Wes Anderson) verfolgt und Filme angesehen werden. Nur in Italien allerdings.
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