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„Ein Teil der Lösung“

Südtirol setzt schon seit Jahren auf Wasserstoff-Busse. Eine Eurac-Studie belegt, dass diese weniger leistungsfähig sind. Oder etwa doch nicht?

von Stefanie Putzer

Wasserstofffahrzeuge gelten als saubere Alternative zu Pkw mit Verbrennungsmotoren. Aus diesem Grund ist es kaum verwunderlich, dass auch Südtirol auf Wasserstoff setzt. Seit Ende 2013 sind im Rahmen des EU-Demonstrationsprojektes „Clean Hydrogen in European Cities“ (CHIC) Wasserstoffbusse in Bozen im Einsatz. Da es sich hierbei um den Versuch handelt, die Markteinführung von wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellenbussen voranzutreiben, kann man daraus schließen, dass Südtirol fest von dieser Technik überzeugt ist.

Anfang August erschien jedoch in der internationalen Fachzeitschrift „Journal of Energy Storage“ ein Artikel zu einer Eurac-Studie, wo erstmals der Verbrauch von Energie und die Effizienz von Elektro- und H2-Bussen verglichen wurde. Die Daten wurden zwischen Januar 2021 und April 2022 in Bozen und Leifers erhoben. Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache: Mit Batterie betriebene Busse brauchen weniger Energie und sind im Betrieb günstiger als jene mit Wasserstoff.

Zum einen steht laut dem Leiter des Instituts für Erneuerbare Energien von Eurac Research Wolfram Sparber, welcher an der Studie beteiligt war, fest, dass die Elektrifizierung des Verkehrssektor ein zentraler Teil der gesamten Energietransformation ist. „Dies gilt vor allem für Südtirol, da dort der Verkehrssektor in absoluten Zahlen der größte Einzelverursacher von Emissionen ist.“

Auch in der Studie wird dieses Thema angeschnitten: So wird angemerkt, dass Fahrzeuge des Personenverkehrs etwa 45 Prozent der weltweiten Verkehrsemissionen verursachen. Dieser Umstand könnte jedoch im Vergleich zu anderen Sektoren leicht geändert werden, da die öffentlichen Institutionen die Umstellung des öffentlichen Verkehrs durch direkte Lizenzvergabe oder den Kauf von Flotten aus erster Hand beeinflussen können. Hinzukommt, dass der Verkehrssektor, laut Sparber, im Gegensatz zu anderen Sektoren kurzlebiger ist, wodurch schneller Wirkungen erzielt werden können.

Die Studie wirft jedoch gleichzeitig anhand von Daten die Frage auf, ob man E-Fahrzeuge den H2-Fahrzeugen vorziehen sollte.

Im Rahmen der Studie hat die Eurac den Einsatz der 16 H2-Busse und fünf E-Busse auf den Straßen von Bozen und Leifers wissenschaftlich begleitet, wobei die Busse insgesamt 500.000 Kilometer zurücklegten. Hierbei konnte festgestellt werden, dass die H2-Busse für dieselbe Strecke in und um Bozen 126 bis 145 Prozent mehr Energie als die E-Busse brauchten. Das bedeutet einerseits, dass die Energieeffizienz der H2-Busse deutlich schlechter als die der E-Busse ist, was unter anderem damit zu tun hat, dass die Herstellung von Wasserstoff und die spätere Umwandlung in Strom zum Antrieb des Fahrzeugs viel Energie verbraucht.

Zweitens betragen die Betriebskosten für einen E-Bus laut Studie 0,55 Euro pro Kilometer, für einen H2-Bus hingegen 1,27 Euro pro Kilometer, was bedeutet, dass ein Kilometer mit einem H2-Bus um 2,3-mal so viel wie dieselbe Strecke mit einem E-Bus kostet.

Trotz dessen, dass der E-Bus mit seiner Energieeffizienz gegenüber dem H2-Bus punkten kann, stellt der H2-Bus ihn bei der Klimaverträglichkeit in den Schatten. Da E-Busse im Sommer und im Winter zusätzlich Strom verwenden müssen, um den Bus intern zu heizen oder zu kühlen, sodass die Reichweite je nach Jahreszeit variieren kann. „Da der Stromverbrauch bei E-Bussen im Sommer und Winter stärker schwankt, als es bei H2-Bussen der Fall ist, ergibt es sich, dass H2-Busse beim Klima weniger sensibel sind als die E-Busse“, verdeutlicht Sparber.

Der CEO von H2-South Tyrol, Claudio Vitalini meint, dass genau diese Unterschiede ausschlaggebend für die Nutzung der beiden Technologien sind: „E-Busse sind meiner Meinung nach im städtischen Raum effizient. Sobald man jedoch außerhalb der Stadt fährt, ist die Leistung, die ein H2-Bus erbringt, viel höher, da dieser nicht abhängig von der Neigung und Temperatur ist. Demnach ist zum Beispiel der H2-Bus für eine Fahrt im Gebirge geeigneter als ein E-Bus.“

Hinzukommt, dass laut Vitalini die E-Busse sich mehr für kurze Strecken mit nur wenig Gewicht wie auch für kleine Fahrzeuge eignen und somit nur eingesetzt werden können, wenn keine größere Leistung benötigt werde. Wohingegen die Verwendung von Wasserstoff bei größeren Fahrzeugen, wie großen Bussen oder Lkw als europaweite Strategie gelte. „Die 40-Tonnen-Lkw sind mit Wasserstoff am besten bedient“, sagt Vitalini. „Um solche Fahrzeuge mit einer Batterie zu fahren, bräuchte die Batterie selbst eine unglaubliche Menge an Gewicht als auch an Volumen, wodurch nicht mehr genügend Platz für die eigentliche Ladung vorhanden wäre.“

Auch Sparber schlussfolgert, dass es sich bei Wasserstoff lediglich um einen Teil der Lösung handelt und er vielmehr dort eingesetzt werden muss, wo andere Technologien nicht hinkommen. „Eine Idee ist es, Wasserstoff in der Schwer- oder Zementindustrie sowie in anderen chemischen Industrien einzusetzen, wobei er insbesondere im Schiff- und Flugzeugverkehr eine Rolle spielen soll.“ Insofern, so Sparber, brauche es viel erneuerbaren Strom, sowohl für die direkte Nutzung als auch für die Herstellung von erneuerbarem Wasserstoff.

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