„Vitaler Fischbestand“
In Südtirols Gewässern tummeln sich etwa 100 Kilogramm Fisch pro Hektar, Sorgenkind bleibt die Etsch zwischen Auer und Salurn.
Ein insgesamt vitaler Fischbestand, schwächer am ehesten im südlichen Teil der Etsch: Diese Erkenntnis geht aus der jüngsten Erhebung in Südtirols Gewässern hervor. In regelmäßigen Abständen wird dieser Fischbestand erhoben. Eine international übliche Einheit ist die Biomasse, ausgedrückt in Kilogramm pro Hektar: Dabei werden Abfischungen in repräsentativen Gewässerabschnitten vorgenommen und ausgewertet, dann werden die Ergebnisse auf Hektarwerte hochgerechnet, damit diese Daten wiederum mit anderen Gewässern vergleichbar sind, informiert der zuständige Landesrat Arnold Schuler.
Die Daten der jüngsten Erhebung liegen nun vor. Interessantes Detail: In Gewässern mit Gletschereinfluss gibt es keine Fische – dieses Wasser ist zu kalt und zu stark von Gletschermilch beeinträchtigt. Die Rede ist hier vom Suldenbach im Ortlergebiet und dem Karlinbach in Langtaufers, welcher bei Graun in den Reschensee mündet. „In den meisten Gebirgsbächen und Flüssen in der Talsohle ist der Fischbestand hingegen vital und hat gute Biomassen“, sagt Schuler. Die Fische pflanzen sich natürlich fort, nur in einigen Fällen braucht es einen Stützbesatz mit Jungfischen, müssen also Tiere aus der Aufzucht eingesetzt werden. Dafür sorgen das Artenschutzzentrum gemeinsam mit dem Fischereiverband und den Fischereivereinen.
„Positiv aufgefallen ist uns im Frühling die natürliche Fortpflanzung der Fischart Äsche in den Flüssen der Talniederungen, die in den vergangenen Jahren zu sehr schwach war. Bestätigt sich diese Beobachtung auch im Herbst, verbessert sich die natürliche Altersverteilung der Äsche und der Bestand baut sich von selbst auf“, kommentiert Schuler. Noch Verbesserungspotential gebe es bei den Marmorierten Forellen in den Flüssen – „hier können wir aber auf ein erfolgreiches und innovatives Zuchtprogramm des Aquatischen Artenschutzzentrums verweisen, wir haben genetisch reine Marmorierte Forellen und eine möglichst naturnahe Produktion in einem strukturierten Fließkanal“, sagt Schuler. „Erklärtes Ziel ist es, auf die natürliche Fortpflanzung unserer Fische zu setzen. Das ist auch im neuen Fischereigesetz so verankert. Fischbesatz wirkt als Initialzündung, ist das Habitat aber nicht lebenswert, funktioniert der natürliche Kreislauf nicht“, sagt der Landesrat.
Grundsätzlich leben in Südtirols Fließgewässern und in den kälteren Hochgebirgsseen vor allem Salmoniden, also Forellen (Marmorierte Forelle, Bachforelle, Regenbogenforelle, Saiblinge), Äschen und Mühlkoppen, welche zu den Barschverwandten gehört. „Mühlkoppen finden wir auch in allen unseren Hauptgewässern. Mühlkoppen sind gute Bioindikatoren für hohe Wasserqualität: Sie reagieren sehr empfindlich darauf“, sagt Florian Blaas, Vertreter des Amtsdirektors im Amt für Jagd und Fischerei. In den Seen, wo die Sauerstoffkonzentration niedriger ist als im fließenden Gewässer und die Wassertemperaturen höher, leben Cypriniden, also Weißfische wie Karpfen und Hechte.
Entsprechend der Erhebung tummeln sich in Südtirols Gewässern etwa 100 Kilogramm Fisch pro Hektar. „Am meisten vom Durchschnitt driftet die Etsch ab. Hier haben wir einzelne Gewässerabschnitte zwischen Auer und Salurn mit lediglich 18 Kilogramm pro Hektar“, sagt Blaas. Allerdings ist dieser Wert schon eine Verbesserung zu früheren Jahren – es gab Zeiten, da wurden nur 14 Kilogramm Fisch pro Hektar in der Etsch erhoben. Laut Schuler sind die Ursachen für eine schwächere Fischbiomasse in den Gewässern vielfältig: Dazu gehören Schwallbetrieb für die Energieproduktion und fischfressende Vögel wie Kormorane. „Fischreiher und Gänsesegler schaffen Probleme, aber derzeit weitaus weniger als der sich europaweit stark ausbreitende Kormoran – der ernährt sich nämlich ausschließlich von Fisch“, sagt Landesrat Schuler. Für die Kormorane konnte man jedoch den Nachweis erbringen, dass der Schaden weitaus höher ist als der Nutzen. „In enger und guter Zusammenarbeit mit dem Fischereiverband konnten die notwendigen wissenschaftlichen Unterlagen bereitgestellt werden, damit die Ispra (staatliche Höhere Anstalt für Umweltschutz und Forschung) ein positives Gutachten zur Entnahme erteilt. Mittlerweile konnte der Bestand an Kormorane deutlich reduziert werden“, erklärt Schuler.
Schwallbetrieb ist vor allem für Fischbrütlinge ein Problem, da die Jungfische mit den spontanen Änderungen der Strömungsgeschwindigkeiten nicht umgehen können. So stranden sie an den Ufern. Allerdings sei laut Schuler positiv anzumerken, dass vor allem der Sonderbetrieb Wildbachverbauung und die anderen Ämter der Agentur für Bevölkerungsschutz bei den Arbeiten sensibel vorgehen und sehr darauf achten, bei Begradigungen, Aufweitungen oder anderen Verbauungsarbeiten sicheren Lebensraum und Rückzugsgebiete für Fische und andere Lebewesen zu schaffen.
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