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Kurioser Tippfehler

Im Dezember wurde über die Anerkennung von 26 neuen Studientiteln verhandelt, doch ein Übersetzungsfehler verzögert nun das Inkrafttreten des Beschlusses. Warum die Studientitelanerkennung für Südtiroler so wichtig ist.

von Sylvie Debelyak

Im Dezember 2022 fand in Wien die 27. Sitzung der bilateralen Expertenkommission Italien-Österreich für die Anerkennung von akademischen Titeln statt. Dabei wurde die Anerkennung und Gleichwertigkeit von zusätzlichen sechs Bachelor-, zehn Masterstudien und zehn Lehramtsstudiengängen vor allem im naturwissenschaftlichen Bereich beschlossen. Darüber hinaus wurde auch für die neue Studienordnung des Integrierten Jus-Diplomstudiums in Innsbruck abgestimmt.

Allerdings muss der Beschluss nach der Verhandlungsphase zuerst ratifiziert und im Bundesgesetzesblatt in Österreich veröffentlicht werden, bevor er in Kraft tritt, weiß Rolanda Tschugguel, Direktorin der Abteilung Bildungsförderung. Doch dies scheint noch nicht passiert zu sein – und zwar aus einem kuriosen Grund: Es gab einen Übersetzungsfehler in der Übereinkunft.

Tschugguel klärt auf: „Wir wurden vom Ministerium darüber informiert, dass es im Hinblick auf die rechtskräftige Anerkennung der neuen Studientitel aufgrund einer Unstimmigkeit im Dokument eine Verzögerung gibt. Die Übersetzung der beiden Versionen muss nämlich identisch übereinstimmen. Ich vermute dahinter einen für die Sprache belanglosen Fehler in einem Satz, vielleicht ein Tippfehler.“

Näheres könne die Abteilungsdirektorin selbst nicht sagen, jedoch bestehe kein Grund zur Sorge: „Wir schließen auf jeden Fall einen Fehler in der Anerkennungstabelle aus, denn dies wäre ganz anders zu behandeln gewesen und wir haben die Tabelle auch während der Verhandlungen mehrfach kontrolliert.“ An der Anerkennung der jeweiligen Studientitel werde sich demnach also nichts ändern: „Die sind bereits verhandelt und beschlossen worden“, bekräftigt Tschugguel.

Eigentlich müsste also nur noch der Tippfehler ausgebessert werden, um die Studientitel anerkennen zu lassen. Doch nicht einmal die Abteilung Bildungsförderung weiß, um welchen Fehler im Text es sich genau handelt und wie lange es dauert, bis der Fehler behoben wird. Dabei wäre eine schnelle Anerkennung gerade angesichts des Personalmangels von großer Bedeutung.

Die Wartezeiten zwischen den Verhandlungsphasen und dem Inkrafttreten solcher Beschlüsse erfolgen auf diplomatischem Weg zwischen Italien und Österreich und seien deshalb immer schon lang gewesen, so die Direktorin der Abteilung Bildungsförderung.  Lange Wartezeiten sind also nichts Unübliches. Nichtsdestotrotz sei man guter Dinge, dass die Anerkennung der 26 neuen Studientitel im Laufe des Sommers rechtskräftig wird. Tschugguel zeigt sich jedenfalls optimistisch: „Wir hoffen natürlich für die betroffenen Studierenden, welche eines dieser 26 Studien abgeschlossen haben oder es derzeit absolvieren, dass sie bald ihre Anerkennung beantragen können.“

Auch Landesrat Philipp Achammer bekundet die Verhandlungsergebnisse als einen großen Erfolg. Besonders die Anerkennung weiterer Lehramtsstudien naturwissenschaftlicher Fächer sei erfreulich, zumal es zahlreiche Südtiroler Studierende gebe, welche diese Ausbildungen abschließen und in der Schule dringend gebraucht werden.

Solange der Beschluss jedoch nicht in Kraft ist, kann nicht um die Anerkennung angesucht werden. Zwar könnten sich angehende Lehrkräfte laut Tschugguel unter Umständen auch mit Vorbehalt im Lehrerregister eintragen lassen und somit unterrichten, allerdings gibt es auch dort eine Frist, die eingehalten werden muss.

Für die 6.780 Südtiroler Studenten (Stand akademisches Jahr 2020/21, laut Bildung in Zahlen 2022), die in einer österreichischen Universität eingeschrieben sind, ist die Studientitelanerkennung also von enormer Bedeutung – auch wenn sie nicht immer erforderlich ist, wie Tschugguel erklärt: „Die Studientitelanerkennung ist nicht in jedem Bereich notwendig, beispielsweise im privaten Bereich. Wenn jemand Wirtschaft studiert und später in der Marketingabteilung eines privaten Unternehmens arbeitet, kommt es in erster Linie auf seine Fähigkeiten und Kenntnisse an. Hier ist der Titel nicht ausschlaggebend dafür, ob man angestellt wird.“

Allerdings ist die Studientitelanerkennung für viele Stellen im öffentlichen Dienst in Italien nach wie vor Voraussetzung: „Sie ist wichtig für Aufnahme- und Karrieremöglichkeiten im öffentlichen Dienst oder wenn man ausgehend von der Anerkennung des Studientitels noch eine Berufsbefähigung erwerben möchte – es sei denn, man lässt sich in Europa erworbene Berufsbefähigungen anerkennen. Bei geregelten Berufen ist eine der beiden Formen der Anerkennung notwendig, um den Beruf ausüben zu können“, führt die Abteilungsdirektorin aus.

Die rechtliche Basis für die Studientitelanerkennung und den Notenwechsel geht auf den Pariser Vertrag und auf das Kulturabkommen zwischen Österreich und Italien von 1952 zurück, erklärt Tschugguel: „Die Idee dahinter war, dass man es den deutsch- und ladinischsprachigen Südtirolern ermöglichen wollte, in Österreich ein Studium in ihrer Muttersprache beziehungsweise auf Deutsch zu absolvieren.“ Die gegenseitige automatische Anerkennung von akademischen Titeln gehöre zu den ältesten Instrumenten in Europa, die eine uneingeschränkte akademische Mobilität zwischen den Ländern gewährleistet.

Die Studientitelanerkennungen werden in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Die nächsten Verhandlungen finden voraussichtlich 2024 statt.

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