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Der letzte Auwald

WWF, Team Auwald, Artenschutzzentrum St. Georgen und Initiative für ein lebenswertes Brixen erneuern ihren Aufruf zur Rettung des letzten Auwaldes von Brixen.

Die Naturschutzvereine befürworten die Erweiterung des Biotops Millander Au, lehnen jedoch den Bau des Industriegebäudes auf dem Grundstück ab, in dem sich der letzte große Auwald des Eisacktales befindet.

Es handelt sich dabei um einen einzigartigen Lebensraum, der für den Naturschutz in Südtirol von großer Bedeutung ist. Es ist unbedingt notwendig, die nur mehr wenig verbliebene Natur im Talboden zu schützen und die verloren gegangene Natur wieder herzustellen.

Die Nachricht von der Vereinbarung zwischen der auf Betonbauten spezialisierten Brixner Firma Progress und dem örtlichen Umweltverein Hyla stammt von der letzten Woche. Die Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und dem Verein umfasst die Erweiterung des Biotops Millander Au auf dem von der Firma Progress erworbenen Grundstück.

Im Gegenzug ersucht die Firma auf dem Areal, wo sich der letzte Auwald von Brixen befindet, ein Industriegebäude errichten zu dürfen. Es handelt sich dabei um einen einzigartigen Lebensraum mit hoher Artenvielfalt, bestehend aus hohen Bäumen und reich an natürlichen Baumhöhlen, in denen sich zahlreiche Vogelarten vermehren. Jedes Jahr nisten neun bis dreizehn Graureiherpaare (Ardea cinerea) auf den Wipfeln der Fichten. In diesem Wald wurden 64 Vogelarten beobachtet, von denen 29 Arten dort auch brüten. Darunter sind auch sieben Vogelarten, die in der Roten Liste der gefährdeten Tierarten aufscheinen. Im Wald wurden auch sieben Arten von Fledermäusen (Chiroptera) nachgewiesen, so die Umweltverbände.

Die beobachteten Reptilien gehören zu drei verschiedenen Arten, die im Anhang IV der europäischen Richtlinie 92/43 EWG angeführt sind. Es geht dabei um Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, die streng zu schützen sind. Zudem leben im Auwald unzählige Insekten, darunter Käfer, Schmetterlinge, Wildbienen und Hummeln. Im Wald gibt es weiters 66 Pflanzenarten, von denen einige in die Liste der „geschützten Pflanzen“ der Abteilung Natur und Landschaft der Autonomen Provinz Bozen aufgenommen wurden.

Im Laufe der vielen Jahre hat sich der Brixner Auwald zu einem komplexen Ökosystem mit umgestürzten Bäumen entwickelt, das einen Mikrolebensraum bietet, der das Leben von Pilzen, Flechten und bestimmten Insekten begünstigt, die von Totholz leben und sich davon ernähren. Die in den Baumstämmen lebenden Insekten dienen insektenfressenden Vögeln als Nahrung, darunter auch dem sehr seltenen Kleinspecht (Dryobates Minor).

Das Grundstück beherbergt nicht nur einen der letzten Auwälder am Eisack, sondern ist zugleich auch die „grüne Lunge“ der Brixner Industriezone in einem Talboden, der durch den Einsatz von Beton und Asphalt leider zunehmend menschengerecht umgestaltet wird. Auch aus diesem Grund fordern die Naturschutzvereine den Wald zu schützen!

Zur Unterstützung des Antrags werden auch zwei Artikel der Verfassung zitiert: Art. 9: „Umwelt, Biodiversität und Ökosysteme sind zu schützen, auch im Interesse künftiger Generationen“ und Art. 41 der besagt, dass „die private wirtschaftliche Initiative frei ist. Diese darf aber nicht im Widerspruch zum gesellschaftlichen Nutzen sein oder in einer Weise erfolgen, die der Sicherheit, der Freiheit, der Menschenwürde, der Gesundheit oder der Umwelt schadet“.

Die Zerstörung dieses Auwaldes steht auch im krassen Widerspruch zu dem kürzlich vom Europäischen Parlament verabschiedeten Renaturierungs-Gesetz (Nature Restoration Law), das darauf abzielt, die Biodiversität wiederherzustellen und stark beeinträchtigte Naturgebiete wiederherzustellen. Die weltweit erste Gesetzgebung zu diesem Thema verpflichtet die Mitgliedstaaten, bis 2030 20 % der Land- und Meeresflächen und 15 % der Flüsse wiederherzustellen. Der Grundsatz dieses Gesetzes besteht darin, dass der Schutz der bestehenden Natur zwar von grundlegender Bedeutung ist, gleichzeitig aber nicht mehr ausreicht: Es ist notwendig, verloren gegangene Natur wiederherzustellen, so heißt es in der gemeinsamen Aussendung der Umweltverbände.

Auch im Namen der über viertausend Personen, die die Petition zur Rettung des Auwaldes unterstützt haben (deutsch: https://www.change.org/p/an-den-s%C3%BCdtiroler-landeshauptmann-retten-wir-den-auwald-brixen und Italienisch: https://www.change.org/p/presidente-della-provincia-autonoma-di-bolzano-salviamo-il-bosco-ripariale-di-bressanone wiederholen die Naturschutzvereine ihren Appell, den Auwald vor Verbauung zu schützen und ersuchen das Land Südtirol, die Gemeinde Brixen und die Firma Progress, für den Bau des neuen Industriegebäudes einen alternativen Standort zu suchen, der keinen natürlichen Bodenverbrauch erfordert.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (6)

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  • andreas1234567

    Hallo zum Sonntag,

    die Geschichte gärt ja nun schon länger..

    https://www.tageszeitung.it/2019/11/25/gespaltene-umweltgruppen/

    Etwas seltsam mutet schon an wenn es eine „Vereinbarung zwischen Progress und diversen Umweltschutzgruppen- und -vereinen gibt“ bislang bin ich davon ausgegangen Genehmigungen fallen den Behörden anheim.

    Irgendwie bleibt der Verdacht hängen die „mitarbeitenden“ Umweltschutzgruppen haben sich ihre „Beratung und gutachterliche Mitarbeit“ in irgendeiner Form damals versilbern lassen und hängen jetzt, 4 Jahre nach dem zitiertem Artikel in dieser Fliegenfalle fest.Es ist eine Unsitte welche in D gerade grassiert, irgendwelche Gruppen dienen sich der Wirtschaft für Beratung und Gutachten an und die Unternehmen dürfen sich dann mit dem Wohlwollen der Schutzgruppen schmücken, zu schützen gibt es Vieles..Die Umwelt, die Frauen, die Kinder, den Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus.
    Liess sich schön beobachten bei der aus D gesteuerten Gruppe gegen Pestizideinsatz mit ihrem unverschämtem Auftreten , die haben sich auch angemasst Spritzbücher einzufordern und wollten dann für“ Beratung und Gutachten“ engagiert werden. Hochtrabenderweise waren sie ja ein „Institut“ und nicht irgendein dreister spendensammelnder Verein.

    Ich verfolge das mit einigem Interesse und einen Gruss an den Teilnehmer „Treter“ der in zahlreichen Kommentardiskussionen zu dieser Thematik einiges an sachdienlichen Verlinkungen beigesteuert hat.

    Auf Wiedersehen in Südtirol

    • treter

      Danke für den Gruß Andreas1-7 und auch von meiner Seite alles Gute nach Gernany!
      Apropo die geplante Rodung des Brixner Auwaldes wird spätens nach der Eingabe beim Verwaltungsgericht TAR ad acta gelegt werden müssen!
      Grund: der unlängst in Bezug auf die Umwelt erweiterte Art. 41 der Verfassung: die private wirtschaftliche Initiative ist frei. Diese darf aber nicht im Widerspruch zum gesellschaftlichen Nutzen sein oder in einer Weise erfolgen, die der Sicherheit, der Freiheit, der Menschenwürde, der Gesundheit oder der UMWELT schadet“.
      Zudem wird auch Italien baldigst das neue EU-Renaturierungsgesetz übernehmen müssen. Und dieses schützt nicht nur Grüninseln wie den Auwald in der Brixner Industriezone sondern fordert sogar die Wiederherstellung dieses komplexen Ökosystems sprich die Verbindung mit einem unterirdischen Rohr zum Eisack hin damit dieser Auwald wieder geflutet wird!
      NB. Empfehle daher der Firma Progress schon jetzt Ausschau zu halten für einen Alternativ-Standort z.B. die große Freifläche vor der Firma Alupress oder vielleicht auch auf dem Areal von Ex-Holz Magagna da das dortige Vorhaben sprich die österreichische Firma TT-Tech scheinbar aufgrund Kreditproblemen mit Banken das Handtuch geworfen hat?!
      Und die Umweltgruppe Eisacktal soll doch bitte endlich aus diesem oberfaulen Deal aussteigen und wieder echten Naturschutz betreiben!
      Danke im Voraus….

      • andreas1234567

        Hallo @treter und Gruss zurück,

        dieses EU-Renaturierungsgesetz ist tatsächlich eine neue Spielfigur.

        Ich hab es immer als interessant empfunden wie Naturschutzgruppen welche in Beratung und Gutachten eingebunden wurden (gegen klingende Münze, davon darf man ausgehen) plötzlich den grünen Heiligenschein ausgestellt haben und zu dieser Entscheidung und den Empfehlungen auch vier Jahre später noch unverdrossen stehen.
        Ich vermute da ein Stillschweigeabkommen „wir haben euch bezahlt und jetzt spielt unsere Musik sonst veröffentlichen wir den Musikantenvertrag“

        Auf Wiedersehen in Südtirol

  • tirolersepp

    Auwald retten gut und Recht, bitte abschließen das Thema und neuem widmen !!!

    • treter

      Klar! Ich verstehe Sie auch! Aber es ist leider eine lange Angelegenheit und das Verfahren zur Bauleitplanänderung läuft nun schon seit über vier Jahren!
      Und dadurch dass hierzulande erstmals sogar ein offizieller Mitgliedsverein des Dachverbandes für Natur und Umweltschutz diesen äußerst fragwürdigen Deal mitträgt, macht das Ganze noch viel schwieriger!
      Apropo Deal: Auwald Industriezone Brixen nicht verteidigen wegen versprochener Ausgleichsmassnahmen bzw. die Erweiterung der stark pestizidverseuchten Millander Au in eine Bauschutt- bzw. Mülldeponie mit Altölvorkommen…..

  • artimar

    Das Beispiel zeigt, wie wichtig es wäre, der Natur als Teil einer Überlebensstrategie für den Menschen eigene Rechte zuzugestehen, der gegenwärtig seine eigene Existenz durch Raubbau an der Biosphäre und an deren Artenreichtum gefährdet. Die Forderung nach Rechten der Natur/Biokratie beruht auf einem ethischen Leitbild, mit dem der Mensch die Natur als Partnerin ernst nimmt.

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