Die Nöte der Senioren
Bei den Bezirkstreffen der Seniorenklubs im Mai wurden viele Vorschläge zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung in Südtirol gesammelt. Die Leitung der KVW-Senioren übermittelte ein Bündel von Anregungen dem Landeshauptmann Arno Kompatscher. Dieser lud Anfang August zu einem Gespräch ein.
Die KVW-Seniorenvertretung sprach zunächst große Anerkennung für die verschiedenen Gesundheitsdienste und insgesamt gegenüber dem Sanitätspersonal aus.
Das zentrale Thema der Sitzung war die Digitalisierung. Viele Senioren fühlen sich durch die zu schnelle Digitalisierung der gesamten Information und Kommunikation überfordert. In Südtirol sind mehr als 50.000 Personen über 75 Jahre alt, davon besitzen nur 38 % ein Smartphone (Seniorenstudie ASTAT Juli 2023).
Wie viele mit diesem Gerät gut umgehen können, ist nicht bekannt. Da Senior:innen die Gesundheitsdienste viel häufiger benötigen als jüngere Menschen, braucht es neben den digitalen Diensten auch regelmäßige Öffnungszeiten der Ämter für persönliche Kontakte und Anrufe.
Laut Landeshauptmann und Gesundheitslandesrat Arno Kompatscher gehöre die Digitalisierung zur Entwicklung der Gesellschaft dazu, aber stelle insbesondere für die ältere Bevölkerung große Schwierigkeiten dar. Daher plane man gemeinsam mit dem Gemeindeverband einen Schalterdienst für digitale Dienste: Dieser soll in jeder Gemeinde eingerichtet werden. Dort sollen Personen Hilfe bei digitalen Ansuchen erhalten. Fragen sollen an zuständige Stellen weitergeleitet werden.
Maria Kusstatscher, Vorsitzende der KVW-Senioren und ihr Stellvertreter Konrad Obexer benannten weitere konkrete Probleme.
Viele Menschen klagen über die langen Wartezeiten, besonders wenn dringende Untersuchungen gemacht werden müssten. In den Privat-Kliniken bekommt man schnell einen Termin. Aber die hohen Kosten sind für viele nicht erschwinglich. „Der Gesundheitsbetrieb setzt alles daran, die Wartezeiten abzubauen und hat bereits viele Maßnahmen umgesetzt. Nichtsdestotrotz ist dies eine der größten Herausforderungen für unser Gesundheitssystem und es gibt noch vieles zu tun“, so Kompatscher. „Dafür können wir uns Hilfe von privaten Anbietern holen. Dies ist jedoch nur fürjene Leistungen sinnvoll, die in den öffentlichen Strukturen nicht erbracht werden können und dort wo es eine Ergänzung und keine Konkurrenz darstellt“.
Schwierigkeiten ergeben sich öfters auch bei der rechtzeitigen Absage von Laborproben oder Visiten (3 Werktage vorher, ansonsten ist eine Strafe von 50 € zu bezahlen). Welche Gründe werden anerkannt? Eine plötzliche Erkrankung? Unfall und Verkehrsblockaden? Günther Burger, Direktor des Landesressorts für Gesundheit, erklärt: „Die verbindliche Terminabsage wurde für ein besseres Management der Wartezeiten eingeführt: Ein rechtzeitig abgesagter Termin bedeutet, dass der Platz frei wird und an jemand anderen vergeben werden kann. Absagen können über die einheitliche Vormerknummer 100 100 gemacht werden.“ Der KVW sieht automatische Erinnerungen an Termine als positiv; aber es sollte die Möglichkeit für Rückfragen bestehen.
Franz Müntefering, der Vorsitzende der Seniorenorganisationen in Deutschland, sagte vor einem Jahr in der Eurac: Es darf nicht sein, dass der älteren Generation die Digitalisierung einfach übergestülpt wird. Das braucht Zeit, Ausbildung und die technischen Geräte.
Der KVW bietet bereits viele Ausbildungsmöglichkeiten an: EDV-Kurse, Online-Begleiter helfen auf Anfrage vor Ort, Jugendliche helfen Erwachsenen, Personen helfen einander auf Ortsebene.
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