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Der Corona-Kassensturz

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Hilfsgelder im Wert von 1 Milliarde Euro, steuerliche Mindereinnahmen von über 500 Millionen Euro: Was uns die Corona-Pandemie gekostet hat.

von Matthias Kofler

Wirtschaftshilfen, Impfungen und Schnelltests: Im Kampf gegen Corona hat die Landesregierung viele Hunderte Millionen Euro ausgegeben. Das ist das Ergebnis eines „Kassensturzes“, den die Tageszeitung vorgenommen hat. Grundlage der Recherche sind die Daten, die das Land im Auftrag der Freiheitlichen Ulli Mair herausgegeben hat, um im Sinne der Transparenz und einer kritischen Aufarbeitung der Krisenbewältigung die Gesamtkosten im Zusammenhang mit der Pandemie zu veranschaulichen.

Die Maßnahmen, die im Zuge der Corona-Pandemie getroffen wurden, haben bei vielen Unternehmen und Bürgern zu massiven finanziellen Einbußen geführt. Dem gegenüber stehen eine Reihe von Hilfspaketen, die sowohl vom Land als auch vom Staat geschnürt wurden, um die Folgen abzufedern. Die Gesamthöhe der öffentlichen Gelder, die das Land und der Staat hierfür in die Hand genommen haben, belaufen sich – immer auf Südtirol bezogen – auf fast 1 Milliarde Euro. Von dieser Milliarde stammen circa 800 Millionen aus Landesmitteln, während der Rest aus staatlichen und europäischen Mitteln stammt, die zum Teil auch für die Deckung der Mindereinnahmen verwendet wurden.

Den Löwenanteil bei den öffentlichen Hilfsgeldern macht mit satten 281.540.414,40 Euro das Ressort Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tourismus und Bevölkerungsschutz aus. An zweiter Stelle folgt der Einsatzbereich Deutsche Kultur, Bildungsförderung, Handel und Dienstleistung, Handwerk, Industrie, Arbeit sowie Integration mit 249.063.080,82 Euro. Keine öffentlichen Hilfsgelder wurden hingegen über das Kuenzer-Ressort Raumentwicklung, Landschaft und Landesdenkmalamt ausbezahlt (siehe Tabelle).

Das Südtiroler Gesundheitswesen hat zur Bewältigung der Covid-Pandemie für die Jahre 2020, 2021 und 2022 öffentliche Finanzierungen im Ausmaß von sage und schreibe 244.319.063,20 Euro zur Verfügung gestellt. Diese Gelder stammen je zur Hälfte aus der Landes- und der Staatskasse. Die Impfkampagne kostete das Land insgesamt fast 2 Millionen Euro.

Interessant ist auch der Blick auf die Auswirkungen der Maßnahmen und Folgen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft in Südtirol sowie die Auswirkungen auf die Lieferketten und Arbeitsausfälle. Das Bruttoinlandsprodukt sank in realen Werten von 24,4 Milliarden Euro im Jahr 2019 auf 22,2 Milliarden Euro im Jahr 2020. Dies entspricht einem Rückgang von 9,0 Prozent. Im Jahr 2021 schätzt das Astat das BIP-Wachstum in Südtirol auf 6,5 bis 7,0 Prozent. Damit lag die Wirtschaftsleistung Ende 2021 noch 760 Millionen Euro (3,1%) bzw. 650 Mio. Euro (2,6%) unter dem Vorkrisenniveau von 2019.

In Bezug auf den Tourismus reduzierten sich die Nächtigungen von 33,7 Millionen im Jahr 2019 auf 21,7 Millionen im Jahr 2020 (-35,5%) bzw. auf 23,8 Millionen im Jahr 2021. Die genehmigten Stunden der Lohnausgleichskasse verzehnfachten sich von 2 Millionen im Jahr 2019 auf 19,8 Millionen im Jahr 2020, um im Jahr 2021 wieder auf 11,8 Millionen zu sinken.

Aus den Erhebungen des WIFO-Wirtschaftsbarometers geht hervor, dass die Unternehmen in den Monaten März bis Juni 2020 deutliche Umsatzrückgänge im Vergleich zu den jeweiligen Vorjahresmonaten verzeichnet haben. Im Schnitt betrugen diese -31%. Am höchsten waren die Rückgänge im April 2020 mit -41%. In den Monaten Juli bis Oktober 2020 fielen die Umsatzrückgänge moderater aus (durchschnittlich -9%), während in den Lockdown-Monaten November 2020 bis Februar 2021 die Umsatzrückgänge wieder anstiegen (durchschnittlich 19%).

Betrachtet man die 12 Monate nach Beginn der Covid-19-Pandemie (März 2020-Februar 2021), so wurde ein Rückgang der unselbständig Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 5,3 Prozent verzeichnet. Besonders deutlich ist der Rückgang im Gastgewerbe (-33%). In diesem Sektor wurden in den Monaten der ersten Welle Spitzen von über -40% erreicht, in den Monaten von Dezember 2020 bis Februar 2021 sogar von über -50%.
Insgesamt war jedes vierte Unternehmen im Jahr 2021 von Engpässen in der Produktionskette betroffen, allerdings bewerteten nur 7 Prozent der Befragten die Auswirkungen dieser Engpässe als „sehr stark“. Bei größeren Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten steigt der Anteil auf rund 30%, unter anderem auch, weil diese häufiger in internationale Wertschöpfungsketten eingebunden sind.

Wie sieht es mit den steuerlichen Mindereinnahmen aus? Aus den vorliegenden Daten geht hervor, dass das Land in den Corona-Jahren 2020 und 2021 im Vergleich zum Vorkrisenjahr ahr 2019 insgesamt 531,5 Millionen Euro weniger an Steuern eingenommen hat. Allerdings sind die Zahlen für das Jahr 2021 noch nicht definitiv, da noch die genauen Auswertungen der Steuererklärungen 2021 fehlen. Abgefedert wurden die Mindereinnahmen vorerst durch Ausgleichszahlungen des Staates im Ausmaß von 370 Millionen (Jahr 2020) und 44,1 Millionen (2021) für die abgetretenen Staatssteuern und 49,4 Millionen (2020) für die eigenen Steuern (IRAP). Laut Staatsgesetz wird den Regionen mit Sonderstatut für die Jahre 2020 und 2021 jener Teil der entgangenen Steuern ersetzt, der unter dem Mittel des Dreijahreszeitraumes 2017-2019 (4.185 Millionen bei den abgetretenen Steuern und 474,2 Millionen bei den eigenen Steuern) liegt.

Im Bildungsbereich wurden Mehrkosten durch zusätzliche Ersatzaufträge verzeichnet. Insgesamt wurden für FFP2- und chirurgische Masken, Fieberthermometer, Desinfektionsmittel, Notebooks, Tablets, Headsets, Webcams (Fernunterricht) usw. 1.114.323,43 Euro ausgegeben. Diese Spesen betreffen vor allem Kindergärten und Musikschulen. Die Hälfte dieser Ausgaben (503.604,73 Euro) wurde für Notebooks und Tablets ausgegeben, die für SchülerInnen und für die Kindergärten angekauft wurden.

Für die Informations- und Sensibilisierungskampagnen des Landes und anderer öffentlicher Körperschaften wurden unter Landesrat Thomas Widmann beachtliche 399.749,75 Euro investiert. Nicht bekannt ist die Höhe der Ausgaben, die der Staat für Info-Kampagnen bezüglich der Corona-Pandemie in Südtirol bestritten hat.

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