Umstrittener Auftritt

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Der sehr kontrovers diskutierte Schweizer Historiker Daniele Ganser tritt im September im Meraner Kurhaus auf. Das sorgt schon im Vorfeld für Kritik.
von Karin Gamper
Daniele Ganser macht auf seiner Tournee durch große Städte in Deutschland und Österreich auch in Südtirol Halt.
Für den kommenden 6. September hat der umstrittene Schweizer Historiker den Meraner Kursaal angemietet. Sein Thema: „Warum haben wir Krieg in Europa? Zusammenhänge und Hintergründe“. Daniele Ganser wird dabei nicht als Historiker, sondern als Friedensforscher angekündigt. Als Veranstalter scheint „Menschheitsfamilie.at“ auf. Der Ticketpreis beträgt 29 Euro. Das Interesse scheint groß. Bereits jetzt sind 500 der 1000 Plätze verkauft.
Die Veranstaltung sorgt jedoch für Diskussionen. Ganser ist wegen seiner Theorien zu 9/11, Corona-Impfpflicht und Ukraine-Krieg sehr umstritten. In einigen Städten haben die Saalvermieter deshalb den bereits geplanten Vortrag in gemeindeeigenen Einrichtungen nach öffentlicher Kritik wieder storniert. Mit mäßigem Erfolg: In Dortmund beispielsweise hat die Agentur Gansers ein Auftrittsrecht in der Westfalenhalle gerichtlich durchgesetzt. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen kam zum Schluss, dass ein Auftrittsverbot für Ganser gegen die Meinungsfreiheit verstoßen würde.
Das Meraner Kurhaus wird im Auftrag der Stadt vom „Kurhaus- und Stadttheaterverein“ verwaltet. Präsidentin ist Jutta Telser. Was sagt sie zur entstandenen Polemik? Telser betont, dass der Kurhaus- und Stadttheaterverein lediglich der Vermieter des Saals sei und nicht der Veranstalter. „Ich kann die Einwände der Kritiker nachvollziehen, es gibt jedoch weder in unseren Statuten noch vom Gesetz her eine Handhabe, den Vortrag zu unterbinden“, erklärt sie in Abstimmung mit der Stadtregierung. Ganser verbreite zwar Theorien, die sie nicht teile, bewege sich jedoch in einem gesetzlichen Rahmen. Bei einer Absage sei mit einer Schadenersatzklage zu rechnen wie in Dortmund.
Die grüne Fraktion im Meraner Gemeinderat hat sich gestern per Presseaussendung von der Veranstaltung distanziert. Der Gemeinschaft von Ganser-Anhängern stehe „eine skeptische Öffentlichkeit gegenüber, die seinen wenig faktenbasierten, die Realität verdrehenden, oft abenteuerlichen Thesen nichts abgewinnen kann“. Und weiter: „Völlig inakzeptabel aber sind seine Vergleiche der Folgen der Corona-Epidemie mit dem Holocaust, den er als lokales Phänomen relativiert und in seiner industriellen und genozidalen Dimension verharmlost“, so die Grünen. Es gelte allerdings das Prinzip der Meinungs- und Äußerungsfreiheit, die auch in diesem Fall Gansers Position zu Worte kommen lasse. Deshalb verlangen die Meraner Grünen kein Auftrittsverbot, aber von der Stadtregierung eine „scharfe Abgrenzung von seinen Positionen, die in unserer Stadt fehl am Platz sind“.
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