„Gegen den Feind“
PD-Senator Luigi Spagnolli schießt sich auf die in die Bredouille geratene Tourismusministerin Daniela Santanchè ein – und zieht einen Vergleich zur SVP.
Tageszeitung: Herr Spagnolli, der Senat hat mit 67 Ja und 111 Nein einen Misstrauensantrag gegen die unter dem Verdacht des Bankrotts und der Bilanzfälschung stehende Tourismusministerin Daniela Santanchè abgelehnt. Die falsche Entscheidung?
Luigi Spagnolli: Falsch war die Initiative an sich. Indem die Opposition diesen Antrag vorgelegt hatte, hat sie erreicht, dass sie Mehrheit kompakt zusammengerückt ist. Wenn die Ministerin weggeht – und das wird ohne Zweifel ihr Schicksal sein –, dann nicht, weil es die Opposition gefordert hat, sondern weil sie es selbst bzw. die Frau Präsidentin (Giorgia Meloni, A.d.R.) so entscheidet. Wir hätten die Mehrheit alleinlassen sollen. Dort gibt es so viele unterschiedliche Positionen. Doch sobald diese Parteien einen gemeinsamen Feind gefunden haben, rücken sie eng zusammen. Das ist ähnlich wie in der Südtiroler Volkspartei: Auch dort gibt es verschiedene Seelen, die aber gegen den Feind geschlossen auftreten.
Warum sollte Santanchè ihren Hut nehmen?
Das Problem ist nicht, dass sie als Ministerin zurücktreten muss. Das Problem ist, dass sie Ministerin geworden. Es ist nicht der Senat, der sie anklagt, sondern das Gewirr von Lügen, möglichen Interessenkonflikten und noch zu klärenden Ereignissen, die sie politisch und moralisch unvereinbar mit ihrer Rolle als Ministerin machen. Wie kann es sein, dass eine Unternehmerin vom eigenen Personal angezeigt wird, weil sie dessen Pensionsbeiträge nicht gezahlt hat? Was geschah mit den 2,7 Millionen Euro, die Invitalia den Unternehmen der Visibilia- und Ki-Gruppe geliehen hatte? Gab es eine betrügerische Nutzung der Covid-Untersuchungskommission, wie von einigen Mitarbeitern berichtet? Ist es angemessen, dass das Santanchè-Unternehmen mit der Steueragentur über die Rückzahlung von Steuerschulden verhandelt, wenn die Ministerin im Ministerrat neben jenem Mann sitzt, der direkt für die Agentur zuständig ist? Oder dass das Santanchè-Unternehmen die Einnahmen der Twiga als Garantie nimmt, während die Ministerin damit beschäftigt ist, die Konzessionen für die Badestrände zu erneuern?
Senatspräsident Ignazio La Russa meint, dass noch kein Minister für etwas zurücktreten musste, das er vor seiner Amtszeit begangen hat …
Der Präsident ist ein guter Freund der Ministerin und unterhält auch wirtschaftliche Beziehungen zu ihr. Er ist in dieser Sache nicht glaubwürdig. Die Mehrheit sollte sich nicht hinter dem Feigenblatt des „garantismo“ verstecken. Jemand, der im Verdacht steht, ein Verbrecher zu sein und private mit öffentlichen Interessen vermischt, darf nicht Minister bleiben. In anderen Ländern der Welt mussten Minister für weniger schlimme Dinge zurücktreten, etwa in Deutschland der Verteidigungsminister, der seine Doktorarbeit abgeschrieben hatte. Es geht um die Würde des Landes.
Interview: Matthias Kofler
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Kommentare (4)
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andreas
La Russa, ist das nicht der Typ, der seinen Sohn bei einer Anzeige wegen einem Sexualdelikt damit verteidigt hat, dass die Frau Kokain konsumiert und sein Sohn das niemals machen würde und das vorgestern zurückgezogen hat?
Dass Rechte mit jedem Verbrecher solidarisch sind, ist jetzt nichts Neues, Berlusconi und Trump sind Beispiele dafür.
Dass der presidente Meloni Santanchè und La Russa nicht schon längst abgesetzt hat zeigt, dass sie jeglichen Anstand verloren bzw. nie einen gehabt hat.
pingoballino1955
Andreas,besser kann man diese “ Baggage“ nicht erklären.STIMMT: SKANDAL PUR! Die Dame mit dem “ Hündchen“ in Bozen,passt dazu,wie eine Faust aufs Auge! Frage mich wie Santanchè aus diesem betrügerischen Konkurs von 1,9 Millionen? sich rausmanövrieren will und Senatorin bleiben? Die INPS wird auch noch anklopfen,was sie sicherlich schon in die Wege geleitet hat! Dann wird Meloni passen müssen!! ???
brutus
…heute werden nicht mehr anständige, einfache Politiker gewählt, sondern die „Marktschreier“!
…und erhält dafür nur „Plunder“!
andreas69
Das wird wohl alles so sein was Spagnolli gesagt hat. Nur hat er sich nicht an die ungeschriebenen Spielregeln in der Politik gehalten: Falle niemals den in den Rücken, durch den du in deinen Sitz gehievt worden bist. Denn ohne des sehr zurückhaltenden SVP-Wahlkampfes (Mayr) bei der Parlamentswahl, wäre Spagnolli nie und nimmer Abgeordneter geworden.