15 Jahre Gauthier Dance
Gauthier Dance//Dance Company Theaterhaus Stuttgart feiert heute mit gleich zwei Aufführungen bei Tanz Bozen sein fünfzehnjähriges Bestehen und einen kometenhaften Aufstieg in den Olymp des internationalen zeitgenössischen Balletts.
Drei Stunden Tanz vom Feinsten mit dem gesamten Ensemble der Stuttgarter Kompanie. Voller Leidenschaft pustet die Principal Guest Company von Tanz Bozen, die seit ihren Anfängen Jahr für Jahr mit spektakulären Neuproduktionen beim Festival vertreten ist, mit einer fulminanten Gala unter dem Titel 15 YEARS ALIVE ihre fünfzehn Geburtstagskerzen aus.
Den Auftakt machen im Studio Theater um 20 Uhr drei kurze Werken aus der Feder des israelischen Choreografen Itzik Galili und Eric Gauthier selbst – Butterflies don’t understand why flowers don’t fly, das Duett Les Adieux und das Solo Ballet 101 –, gefolgt von einer Revue aus Choreografie und Film im Großen Saal um 21 Uhr mit namhaften Autor:innen aus aller Welt, die das facettenreiche Repertoire der Kompanie im Lauf der letzten fünfzehn Jahre bereichert haben. Auf der Bühne Werke von Mauro Bigonzetti, von Alejandro Cerrudo, vom künstlerischen Leiter Eric Gauthier, von Ohad Naharin aus Israel, von der serbisch-niederländischen Filmemacherin und Choreografin Dunja Jocić (Serbien/ Niederlande) sowie zwei exklusive Kurzfilm-Projekte der derzeitigen Hauschoreografen der Kompanie Hofesh Shechter und Marco Goecke. Jedes der mitreißenden und virtuosen Stücke steht beispielhaft für die Mission, der sich die Kompanie verschrieben hat: die sonnige Seite des zeitgenössischen Tanzes zu zeigen. Ein Revival auf der Bühne erleben Pression von Mauro Bigonzetti, PACOPEPEPLUTO von Alejandro Cerrudo, ABC von Eric Gauthier und das umwerfende Minus 16 von Ohad Naharin. Dazu gesellen sich neue Kreation rund um das Thema „Lebendig sein“, und zwar Ayda von Dunja Jocić für die Gauthier JUNIORS sowie die Kurzfilme Rats von Marco Goecke (Uraufführung in Bozen) und Returnvon Hofesh Shechter, die gemeinsam mit den Tänzerinnen und Tänzern der großen Kompanie umgesetzt wurden.
Pression, ein frühes Werk von Mauro Bigonzetti, erschaffen 1994 für das Balletto di Toscano, lässt ein Universum voller Poesie und Virtuosität erstehen. Zwei eng verknotete männliche Körper verwandelnd sich zu den kompromisslosen Klängen des Stuttgarter Komponisten Helmut Lachenmann (der Titel des Stücks geht auf sein Solo für Cello zurück) in eine rätselhafte Skulptur, während gleich darauf zwei einsame Amazonen zu Schuberts melancholischem Der Tod und das Mädchen elegant schwebend ihre Kreise durch den Raum ziehen.
PACOPEPEPLUTO ist ein überraschendes Stück für drei Solisten, in dem die Virtuosität der Sprünge mit der Sinnlichkeit zeitloser Lieder wie That’s Amore verschmilzt.
ABC von Gauthier ist ein Solo aus Stichworten rund um das Ballett: nach den Anweisungen einer Stimme aus dem Off muss der Solist eine Art Lexikon des Tanzes, eine Nomenklatur aus Schritten, Autoren und Stilen abarbeiten.
Ayda (aus dem Arabischen „Etwas, das zurückkehrt“) von Dunja Jocić ergründet die Geheimnisse der Existenz über Rituale: Das gesamte Stück ist eine hypnotisch-suggestive Übung zur Musik des Komponisten Renger Koning, deren Mischung aus Holzbläsern, Glocken und griechisch-orthodox angehauchten Gesängen den meditativen Charakter noch zu verstärken scheint.
Minus 16 von Naharin, auch bekannt unter dem Titel Echad nach dem als Untermalung ständig präsenten hebräischen Pessach-Lied Echad mi Yodea, ist ein Stück für das gesamte Ensemble, dessen grandioses Stuhlkreis-Ritual in einer Tanzexplosion kulminiert.
Last but not least die beiden Kurzfilme: Return von Hofesh Shechter (Regie, Choreografie und Musik frei nach Bach) feiert das Leben aus der Warte des Todes, der laut Shechter „das Einzige ist, das der Existenz eine wahre Perspektive, das ihr Bedeutung gibt“. Gedreht wurde der Film in der Industriearchitektur des Wizemann Areals und in einem Leichenschauhaus. Rats von Marco Goecke hingegen entstand am Lieblingsort des Choreografen in Stuttgart, im Hotel Schlossgarten, das sich gerade im Umbau befindet und dessen verlassene, leere Räume Einsamkeit und Melancholie verströmen.
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