„Wir sind vollständig“
Nach einer grandiosen Eröffnung der 39. Ausgabe des Festivals Tanz Bozen mit finden am Montag, den 17. Juli, zwei weitere Veranstaltungen im Stadttheater statt.
Nach einer grandiosen Eröffnung der 39. Ausgabe des Festivals Tanz Bozen mit King finden am Montag, den 17. Juli, zwei weitere Veranstaltungen im Stadttheater statt: die mit Spannung erwartete Neuinterpretation des Sacre du printemps aus der Kreativschmiede des visionären Künstlerkollektivs Dewey Dell in Koproduktion mit dem Festival (Großer Saal 21 Uhr, 22 € und diverse Ermäßigungen) sowie die Reflexion über die prophetische Figur der kumäischen Sibylle, Cuma, ein fesselndes Solo, getanzt von Federica D’Aversa (Studio Theater 20 Uhr, 5 €).
Die US-amerikanische Tänzerin und Choreografin Annie Hanauer arbeitet seit zwanzig Jahren in Europa und war sechs Jahre lang Mitglied der englischen Kompanie Candoco. Seit 2014 wandelt sie auf den Spuren vonRachid Ouramdane (mit dem sie bei Tanz Bozen schon mehrere Erfolge feierte) und arbeitet unter anderem mit Emanuel Gat und Boriz Charmatz zusammen. Sie war für verschiedene Kompanien als Choreografin tätig und schuf 2022 zusammen mit dem Schweizer Teatro Danzabile A space for all our tomorrow.
In ihrem neuesten Werk Updraft setzt sich Hanauer mit ihrer Biografie und ihrer physischen Besonderheit auseinander. Eingetaucht in die Natur, widmet sie sich dem Thema des Fluges und der Zeit und erschafft mit ihrem Körper Außergewöhnliches, bricht mit Erwartungen.
„Die Wechselbeziehung zwischen dem menschlichen Körper und der Natur“, schreibt sie in den Anmerkungen zu ihrem
Werk, „erinnert mich an die Weisheit von Menschen mit Behinderung: Viele von uns verbringen das tägliche Leben in Körpern, die sich ständig verändern, wie das Wetter. Die Natur wurde oft als Grundlage für archetypische Vorstellungen von Perfektion, Harmonie, Vollständigkeit, von einer idealen Welt oder idealen Person verwendet. In meiner Arbeit bringe ich Körper zur Geltung, die manchmal als reparatur- oder heilungsbedürftig betrachtet werden, die in der Geschichte als‚unnatürlich’ oder gar ‚gottlos’ abgestempelt wurden, obwohl wir in Wahrheit ganz und gar vollständig sind, so wie wir sind. Ein Teil der Natur”. Kellerei Kettmeier, Kaltern, 16. Juli, 18 und 20 Uhr, Tickets 5 €. Reservierung erforderlich.
Am Montag, den 17. Juli, gibt es also ein zweifaches Vergnügen im Stadttheater mit dem Solo Cuma aus der Feder von Michele Ifigenia Colturi (Studio Theater 20 Uhr) und der mit Spannung erwarteten Neuinterpretation desSacre du printemps von Dewey Dell, einem der interessantesten Künstlerkollektive der zeitgenössischen Performing Arts (Großer Saal 21 Uhr).
Den Auftakt des Abends macht das betörende Solo Cuma, erschaffen von Michele Ifigenia Colturi. Im Mittelpunkt des Stücks steht das Geheimnis der Weissagung, verkörpert durch die Figur der Prophetin und Apollopriesterin Sibylle von Cumae. Völlig nackt taucht eine Frauengestalt, dargestellt von Federica D’Aversa, aus der Dunkelheit auf und scheint mit ihren Bewegungen eine letzte, geheimnisvolle prophetische Botschaft verkünden zu wollen. Ihr kantiger, dreieckiger Tanz folgt dem Diktat einer höheren Macht. Auch ihr Gesang ist fremdbestimmt: Cuma wirkt wie besessen von einer übermenschlichen Macht, ihr Körper wie beinahe zerrissenvon der Prophezeiung selbst.
Im Anschluss präsentiert Dewey Dell, eines der bedeutendsten Künstlerkollektive der europäischen Performing Arts, im Großen Saal seine Neuinterpretation von Strawinskys Le Sacre du Printemps. Das ursprüngliche Thema des legendären Nijinsky/Strawinsky-Balletts aus dem Jahr 1913 – die Opferung eines Menschenlebens, um sich die Fruchtbarkeit der Erde zu sichern – verschmilzt in dieser Version mit der Idee einer notwendigen Regeneration des Planeten Erde zu einer bildgewaltigen Gratwanderung zwischen Lebenswerdung und Tod. Eine riesige Raupe, auf ihre Verwandlung in einen Schmetterling wartend, verharrt in einer Betonhöhle, einemvegetationslosen Raum, in dem die Trockenheit alles zu beherrschen scheint.
Doch schon bald tauchennacheinander extravagante Figuren auf, vor Leben strotzend und in ständige Kämpfe verwickelt. „Ein Stück“, so Roberto Giambrone in Il Sole24ore nach der Erstaufführung in Mailand, „das verzaubert, als wäre es eine geniale kinematografische Féerie von Georges Méliès“.
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