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„Falsche“ Arbeitslose


Statt auf Abruf bereit zu stehen, verbringen viele ausländische Saisonarbeiter die „arbeitsfreie“Zeit in ihren Heimatländern. Laut LR Philipp Achammer sind dem Land die Hände gebunden.

von Matthias Kofler

Für Ulli Mair ist das ganze „ein Wahnsinn“. „Sie wissen alle, dass es Missbrauch gibt – aber Schwamm drüber. Gleichzeitig zählt man bei unseren Leuten großspurig Erbsen und durchleuchtet die gesamte Verwandtschaft samt Besitz“, ärgert sich die Freiheitliche.

Der Hintergrund: Arbeitskräfte aus dem Ausland, die einen saisonal begrenzten Arbeitsvertrag oder einen befristeten Arbeitsvertrag haben, können nach dem Auslaufen des Vertrages um das staatliche Arbeitslosengeld ansuchen. Laut Gesetz sind die Saisonarbeiter verpflichtet, auch in der „arbeitsfreien“ Zeit – sprich: in den Monaten, in denen sie ohne Arbeitsvertrag sind –, auf Abruf bereit zu stehen. Allerdings kommt es häufig vor, dass ausländische (Saison-)Arbeiter nach Auslaufen des Vertrags in ihr Herkunftsland zurückkehren und dort einer Arbeit nachgehen, jedoch weiterhin das Arbeitslosengeld beziehen. Nachdem das Arbeitslosengeld aus Italien ausläuft, bewerben sich viele dieser ausländischen Arbeitskräfte wiederum um einen zeitlich begrenzten Arbeitsvertrag – und das Spiel fängt von vorne an. Wie Wirtschaftslandesrat Philipp Achammer gegenüber der Tageszeitung erläutert hat, werden die Arbeitsvermittlungszentren des Landes im Juni um 40 zusätzliche MitarbeiterInnen aufgestockt. Diese sollen kontrollieren, ob Arbeitslose zu Recht das Arbeitslosengeld kassieren. Wer hingegen unbegründet ein Arbeitsangebot ablehnt, soll die finanzielle Hilfe verlieren.

Doch wird dieses strenge Regime auch bei den Arbeitslosen angewandt, die in ihre Heimatländer zurückkehren? Auf Anfrage der Freiheitlichen antwortet Achammer ausweichend: Die Arbeitsvermittlungszentren kontrollierten automatisch die Vereinbarkeit des Arbeitslosenstatus mit der Aufnahme einer Beschäftigung. Hierfür würden die vom Gesetz vorgesehenen Pflichtmeldungen von Arbeitsverhältnissen berücksichtigt. Diese Meldungen betreffen laut dem SVP-Politiker allerdings ausschließlich Arbeitsverhältnisse im Inland. Die Zahlung des Arbeitslosengeldes hingegen berechne und kontrolliere das Nationale Institut für Fürsorge (NISF).

In anderen Worten: Das Land selbst führt bei den Empfängern des Arbeitslosengeldes keine Kontrollen durch, um in Erfahrung zu bringen, ob Nicht-EU-BürgerInnen im Ausland einer Arbeit nachgehen.
Achammer sagt, dem Land seien hier die Hände gebunden. „Aufgrund eines nicht existierenden Datenflusses mit dem Ausland – weder EU- noch Nicht-EU-Ausland – kann die Kontrolle von Arbeitsverhältnissen im Ausland nicht durchgeführt werden“, so der Landesrat. Die Landesregierung werde deshalb auf staatlicher Ebene intervenieren, um eine Änderung der Bestimmungen zu erreichen, die einen Missbrauch ausschließen soll.

Ulli Mair ist mit dieser Antwort in – wie sie sagt – „typischer Achammer-Manier“ nicht zufrieden. Sie bezweifelt, dass das Land wirklich beim Staat intervenieren werde, um Missbrauch den Riegel vorzuschieben. Die Freiheitliche erinnert sich an die Antwort einer Landtagsanfrage, die ihr vor ein paar Jahren der damalige Landesrat Richard Theiner gegeben hat: „Der Missbrauch ist billiger als die Kontrollen.“ Das könne es nicht sein. „Fakt ist“, fährt Ulli Mair fort, „dass sich in der Zwischenzeit einige Schlaue in ihrem Heimatland ein Schwimmbad vor die Villa hingebaut haben – auf Kosten der Südtiroler.“ Sie selbst wisse von einem Marokkaner, der dieses Spiel seit langer Zeit betreibe. In Südtirol lebe er samt Familie in einer Wobi-Wohnung für 50 Euro Miete monatlich, bringe die Kinder im Q8 zur Schule, und die Kinder zeigten sowohl den Lehrern als auch den Mitschülern die Villa im Herkunftsland samt Schwimmbad, wo sich die Kinder auch während des Schuljahres gerne aufhalten würden. „Diese Gleichgültigkeit der Thematik gegenüber ist schwer zu ertragen“, kritisiert Ulli Mair. Im Wahljahr würden vielleicht rauere Töne angeschlagen, es werde so getan, als würde man jetzt etwas ändern – und in Wahrheit laufe alles gleich falsch weiter.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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