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„Mafiöse Vernetzungen“

Martin M. Lintner

Warum Georg Oberrauch, Vorsitzender der katholischen Männerbewegung, überzeugt davon ist, dass eine lokal Untergrundbewegung dafür zuständig ist, dass Martin Lintner nicht Dekan der PTH in Brixen wurde. 

Tageszeitung: Herr Oberrauch, nachdem der Vatikan Martin Lintner die Stelle als Dekan an der Philosophisch-Theologischen Hochschule verweigert hat, hat das katholische Forum diese Entscheidung vehement kritisiert. Stehen Sie hinter dieser Stellungnahme?

Georg Oberrauch: Das katholische Forum ist unsere übergeordnete Dachorganisation und hat alles gesagt, was uns am Herzen liegt. Wir sind dem Forum sehr dankbar, dass sie das so klar und deutlich vorangebracht haben. Wir haben außerdem darum gebeten, am Thema dranzubleiben, ohne zu skandalisieren.

Sie kritisieren die Entscheidung also ebenso?

Die Entscheidung zeigt auf der einen Seite, dass es Machterscheinungen aus der Kirche gibt, die nichts mit der Frohbotschaft Jesu zu tun haben, auf der anderen Seite zeigt sie aber auch die Schwäche der Kirche, die zwar sagt, zur Vielfältigkeit zu stehen, aber einen so edlen Menschen wie Martin Lintner absägt. Ich habe das Gefühl es gibt in der Kirche eine Mafia von konservativen Kräften, die versuchen, ihre Macht mit allen Mitteln zu erhalten. Das, was Martin Lintner gemacht hat, war ja nichts anderes als ein zaghafter Versuch, die Sexualmoral auf die Ebene der Frohbotschaft Jesu in der heutigen Zeit zu interpretieren. Insofern ist es skandalös und traurig, dass so eine Entscheidung getroffen wird. Martin Lintner ist ein bedachter und hochintelligenter Seelsorger und Wissenschaftler, der in der Diözese eine große Wertschätzung hat und mehr verdienen würde. Mit solchen Aktionen wird einer unserer edlen Priester in einer Art und Weise behandelt, die aus meiner Sicht nichts mit Christlichen zu tun hat.

Das katholische Forum hat den Verdacht geäußert, dass lokale Einflüsterer für das Nein aus Rom gesorgt haben. Auch Sie machen Andeutungen in diese Richtung…

Das schlimme ist, dass es Untergrundbewegungen gibt, die nicht den Mut hat, eine öffentliche Debatte zu führen. Es ist aber bekannt, dass es nach wie vor irgendwelche Wichtigmacher gibt, die gerne im Untergrund bleiben und mafiöse Vernetzungen aufrechterhalten. Aus welchen Gründen auch immer. Das ist nicht unsere Welt, aber es ist offensichtlich eine Tatsache, dass Kräfte am Werk sind, die eigentlich in der Minderheit sind. Ich finde es schade, dass der Bischof und Martin Lintner im Einklang entschieden haben, keinen Rekurs einzureichen. Auch wenn dieser kräftezehrend ist und lange dauert, würde er die Debatte aufrechterhalten, die notwendig ist. Es braucht eine Reinigung davon.

Wer gehört zu dieser Untergrundbewegung in Südtirol?

Das ist alles spekulativ. Da will und kann ich nichts sagen. Auch der Bischof wird dazu nichts sagen, er hat aber sicherlich einen Überblick, gehört aber nicht dazu.

Kann sich angesichts solcher Bewegungen, die vom Vatikan offensichtlich unterstützt werden, die Kirche noch nachhaltig verändern?

Wir kämpfen und hoffen dafür, da wir an die Frohbotschaft Jesu glauben und nicht an das Machtsystem der Kirche, was von bestimmten Kräften mit Verzweiflung versucht wird, aufrecht zu erhalten. Wir versuchen den Entscheidungsträgern klarzumachen, dass diese Entscheidung mit der Frohbotschaft Jesu zu tun hat. Es sind gut gemeinte Notwendigkeiten dabei, an die man festhalten kann. Mit solchen Entscheidungen hat die Kirche aber die Möglichkeit verspielt, authentisch die Frohbotschaft Jesu in den Vordergrund zu stellen. Aus meiner Sicht geht es nur um dunkle Mächte, die keine Legitimation der Frohbotschaft Jesu im Sinn haben. Es gibt aber verschiedene Sichtweisen. Ich habe Verständnis dafür, dass unsere These, zu Vielfalt zu stehen, auch bedeutet, dass jemand beispielsweise eine lateinische Messe lesen kann. Die Kirche soll die Frohbotschaft Jesu aber nicht bremsen. Gewisse Kreise versuchen das aber.

Martin Lintner versucht die Frohbotschaft voranzutreiben?

Martin Lintner ist ein Leuchtturm, der versucht, die Frohbotschaft von heute in die Zukunft zu interpretieren.

Wie stark schätzen Sie den konservativen Untergrund in Südtirol ein?

Es handelt sich um eine ganz kleine Minderheit. Ich bin durch meine Tätigkeit mit vielen Gläubigen zusammen, die große Mehrheit tut sich aber schwer, das System zu durchbrechen. Es gibt eine kleine Gruppe, die ihre Kontakte missbraucht.

Interview: Markus Rufin

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