Doppelter Philipp
Philipp Achammer ist über Silvio Berlusconi hergezogen wie kaum ein anderer SVP-Politiker. Jetzt will er von seinen „Jugendsünden“ nichts mehr wissen.
Kritische Distanz zu Silvio Berlusconi gehörte in der SVP über Jahrzehnte zur Parteiräson. Parlamentswahlen wurden mit dem Appell an die Bevölkerung geführt (und gewonnen), zusammenhalten, um zu verhindern, dass der FI-Gründer Regierungschef wird. Philipp Achammer ging mit Berlusconi besonders hart ins Gericht. 2008 setzte Achammer, damals noch Chef der Jungen Generation, durch, dass die SVP Berlusconi im Parlament das Misstrauen ausspricht: „Hier geht es um unsere Glaubwürdigkeit. Diese Regierung hat sich gegenüber unserer Autonomie nie positiv gezeigt, entsprechend müssen wir Haltung zeigen.“
Im Vorfeld der Wahlen 2013 ließ sich der damalige SVP-Sekretär in ausländischen Medien mit den Worten zitieren: „Berlusconi war nie ein Partner Südtirols und wird es auch nie sein.“ FI habe „keinen Ansatz für die Autonomie“, die deutschsprachige Bevölkerung könne mit einem Berlusconi nichts anfangen. „Er besitzt die wichtigsten Medien Italiens, und die Italiener sehen seine Fernsehkanäle, lesen seine Zeitungen, und die Deutschen und Ladiner lesen auch Zeitungen aus Deutschland und Österreich und kennen die wahre Situation Italiens.“ Auch als Obmann verpasste Achammer dem Medienmogul 2017 eine klare Abfuhr: „Wenn ich mir seine Vergangenheit, vor allem in autonomiepolitischer Hinsicht, anschaue, und wenn man bedenkt, dass er immer noch eine Biancofiore im Schlepptau hat, deren Einfluss auf ihn zuzunehmen scheint, dann tendiert seine Glaubwürdigkeit gegen Null.“ Bei den Staatspräsidentenwahlen 2022 schloss der Obmann eine Unterstützung Berlusconi kategorisch aus: „Für uns gilt, dass die Person an der Spitze des Staates die moralische Integrität haben und über den Dingen stehen muss, um alle StaatsbürgerInnen zu vertreten.“
Im Vergleich dazu war Julia Unterberger im Senat zahm wie eine Klosterfrau. Um es sich hinsichtlich der Landtagswahlen nicht mit den Rechten zu verscherzen, tut der Obmann aber so, als sei Kritik am verstorbenen Berlusconi eine Majestätsbeleidung.
Das sei aber nicht mit der Unterberger-Rede zu vergleichen, betont der Obmann. „Ich habe immer gesagt, dass jeder seine Meinung zu Berlusconi haben kann. Er war eine polarisierende Figur, an der man Vieles kritisieren kann. Die Frage jetzt ist aber eine andere: Ist eine Gedenkstunde im Parlament knapp eine Woche nach dem Tod die Gelegenheit, um zu provozieren und Kritik breit auszutragen? Oder sollte es auch in der Politik über die Lager hinaus ein paar respektvolle und menschliche Züge geben, um in einer Gedenkstunde, in der Weggefährten trauern, angemessen und dem Rahmen würdig zu reagieren?“ Achammer fügt hinzu, dass es hier nicht ums „Wer traut sich, wer traut sich nicht?“ gehe. Auch sei hier niemand „gekauft“ worden. „Es ist eine Frage des Stils und des guten Geschmacks. Immerhin geht es um einen Menschen, der erst seit etwas mehr als eine Woche tot ist“, so der Obmann. Alles andere werde die Geschichte zeigen.
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