Steigen die Löhne?
Die Wirtschaftsverbände befürworten grundsätzlich eine Erhöhung der Löhne – von einer Pauschale hält man allerdings wenig. Was hds, lvh und HGV zur 150 Euro-Forderung der Gewerkschaften sagen.
Philipp Moser, hds-Präsident
Grundsätzlich sind wir alle einer Meinung: Das Ziel muss sein, dass die Mitarbeiter mehr verdienen. Wir haben aber unterschiedliche Vorgangsweisen und mit der Art und Weise, wie die Gewerkschaftsbünde diese Lohnerhöhungen fordern, können wir nichts anfangen. Der Grund dafür ist einfach: Wir haben für heuer, also für das Jahr 2023, auf nationaler Ebene bereits im Durchschnitt die Vergütungen um 860 Euro brutto erhöht – die Verhandlungen auf nationaler Ebene laufen derzeit und werden demnächst abgeschlossen. Dann werden wir uns auf lokaler Ebene mit den Fachgewerkschaften, nicht mit den Gewerkschaftsbünden, zusammensetzen und unseren territorialen Zusatzvertrag nachverhandeln. Wir müssen alles dafür tun, dass unsere Mitarbeiter mehr verdienen, aber flächendeckend querbeet über alle drüber ist für uns keine Option. Wir haben unterschiedliche Situationen, unterschiedliche Realitäten und diese müssen unterschiedlich bewertet werden. Und wenn wir ehrlich sind, haben wir heute einen enormen Mitarbeitermangel, weshalb die Firmen alle mehr zahlen – wenn ich heute nur laut Kollektivvertrag zahle, dann bleibt mir niemand. Wir müssen auch höhere Löhne zahlen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. 150 Euro brutto mehr für alle ist eine populistische Aussage.
Eine Lösung, für die man sich in Rom einsetzen könnte, wären aber sicher auch geringere Nebenkosten, dass mehr Netto vom Brutto bleibt.
Manfred Pinzger, HGV-Präsident
Für uns ist ganz klar, dass unsere Mitarbeiter ein Anrecht haben, gut bezahlt zu werden, um den Wirtschaftskreislauf und somit in unserem Fall die Restaurationen, die Gasthäuser in Bewegung zu halten. In unserem Fall, also in der Gastronomie und Hotellerie, gibt es aber wohl kaum einen Mitarbeiter, der laut Kollektivvertrag bezahlt wird. Die Betriebe in unserem Sektor zahlen weit über dem Kollektivvertrag und deswegen ist dieser für uns schon lange keine Basis mehr. Für uns ist diese Forderung nach 150 Euro mehr deswegen kein Thema, weil wir sowieso schon drüber sind. Zudem gibt es auch saisonale Zuschläge. Aber wir sind natürlich immer für Gespräche offen und befinden uns immer in enger Absprache.
Martin Haller, lvh-Präsident
Grundsätzlich sind Forderungen nach höheren Löhnen in Zeiten von Inflation in Ordnung und wir haben auch unsere Bereitschaft erklärt, dass wir uns durchaus Vertragsverhandlungen auf territorialer Ebene vorstellen können. Wir haben z.B. im Metall-Handwerk den finanziell besten territorialen Zusatzvertrag Italiens, das hat das AFI bestätigt. Aber wir haben auch gesagt, dass man Zusatzverträge Sektorenspezifisch machen muss – so wie es bisher auch gehandhabt wurde.
Es ist sicher nicht so, dass nichts gemacht wird: den Vertrag für das Bau-Handwerk haben wir erst kürzlich unterschrieben, jener für das Metall-Handwerk ist noch aktuell. Es wird laufend etwas gemacht in den einzelnen Sektoren und deswegen steht die Forderung nach einer pauschalen Lohnerhöhung etwas im Widerspruch zu dem, was das Regelwerk vorsieht. Wir haben einfach unterschiedliche Situationen und deswegen denke ich, dass Pauschalen so keinen Sinn machen.
Man muss aber auch sagen, dass wir im Handwerk durchschnittlich 3,3 Mitarbeiter haben und deswegen gibt es viele Betriebe, die übervertraglich zahlen, weil seit Jahren individuelle Lohnverhandlungen mit den Arbeitnehmern gemacht werden. Deswegen glaube ich war auch die Teilnahme an der Kundgebung vonseiten des Handwerks relativ schwach.
Umfrage: Lisi Lang
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