Schwurbler & Verarsche
Wie sich LH Arno Kompatscher und Enzian-Frontmann Josef Unterholzner beim Thema Corona-Aufarbeitung in die Haare geraten sind.
Josef Unterholzner, Chef der Ein-Mann-Partei Enzian, kann mit dem Abstimmungsergebnis nicht zufrieden sein: Lediglich sieben Mandatare stimmten im Landtag für seinen Antrag, die Corona-Pandemie kritisch aufzuarbeiten: Peter Faistnauer (Perspektiven für Südtirol), Marco Galateo (Fratelli d’Italia), Sven Knoll und Myriam Atz-Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit), Andreas Leiter Reber und Ulli Mair (Freiheitliche) sowie seine Wenigkeit.
Die Grünen verließen bei der Abstimmung den Sitzungssaal. „Das Schlimmste an dieser Zeit war die Polarisierung in der Gesellschaft, und dieser Antrag will wieder zum Glaubensbekenntnis zurück, das in der Corona-Zeit von beiden Seiten verlangt wurde“, begründete Brigitte Foppa den ungewöhnlichen Schritt.
In der Generaldebatte lieferten sich Unterholzner und Landeshauptmann Arno Kompatscher einen heftigen Schlagabtausch. Aufarbeitung sei „natürlich notwendig“, betonte der Regierungschef. Allerdings gehe es im Enzian-Antrag „nicht um Aufarbeitung, sondern ums Rechthaben“. Es habe nie jemand behauptet, dass man während der Pandemie alles richtig gemacht habe. Kompatscher räumte mit einer weiteren „Legende“ auf, nämlich dass alle blind irgendwelchen Dingen nachgelaufen seien. Man sei mitunter zwölf Stunden in der Regionenkonferenz gesessen und habe über die Maßnahmen diskutiert, ob sie in diesem und jenem Ausmaß wirklich notwendig seien. Die Landesregierung habe stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, um Schlimmeres zu verhindern. „Worauf hätten wir hören sollen, wenn nicht auf die Wissenschaft?“, stellte Kompatscher eine rhetorische Frage.
Unterholzner bedankte sich in seiner Replik dafür, vom LH als „Schwurbler“ bezeichnet worden zu sein. Tatsächlich hatte der SVP-Politiker gesagt: „Das ist immer dieses Geschwurble, diese Unterstellung, man würde sich die Auswirkungen der einzelnen Maßnahmen nicht genauer anschauen.“ Der Enzian-Mandatar ärgerte sich über Kompatschers – so wörtlich – „größere Verarschung“: Hier im Hohen Haus seien die Abgeordneten scheinheilig mit Maske und drei Metern Abstand gesessen, um dann in die Landtagsbar zu gehen und dort ohne Maske nebeneinander zu stehen. „Da brauchen Sie nicht mich den Schwurbler und Aluhutträger zu nennen, der in einer Glaskugel sitzt“, schloss Unterholzner seinen Wutauftritt. (mat)
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