Du befindest dich hier: Home » News » „Schlimmer als in Burundi“

„Schlimmer als in Burundi“

Weil der Regionalrat ihnen die kalte Schulter zeigt, nehmen die 65 Altmandatare das Heft jetzt selber in die Hand – und holen sich direkt in Rom ihre Steuerguthaben zurück.

von Matthias Kofler

Giovanni Zaccagna, der Berater von 65 Altmandataren der Region Trentino-Südtirol, legt die Marschroute fest: „Da sich der Regionalrat seit mittlerweile neun Jahren weigert, auf unsere Anfragen zu antworten und sich mit uns an einen Tisch zu setzen, gehen wir jetzt eigenständig vor, um die noch ,offenen‘ Steuererklärungen richtigzustellen.“

Wie berichtet, tragen die ehemaligen Abgeordneten und der Regionalrat über ihre Anwälte einen erbitterten Rechtsstreit aus. Es geht dabei um die Frage, ob die Altmandatare in den letzten Jahren zu viel an Steuern gezahlt haben. Zaccagna, der selbst zwei Jahre lang im Präsidium des römischen Senats saß, vertritt italienweit die Interessen der ehemaligen Mandatare. Gegenüber der Tageszeitung betont der Paduaner: „Wir fordern einzig und allein die korrekte Anwendung der Steuergesetzgebung ein.“

Aus den Ämtern des Regionalrats hingegen verlautet, dass man stets korrekt und gesetzeskonform gehandelt habe und deshalb den Ex-Politikern keinen Cent schuldig sei. Die Sachlage ist äußerst komplex. Der Teufel liegt, wie so oft bei Steuerfragen, im Detail. Laut Regionalrat wollen die Ex-Politiker insgesamt 21 Millionen Euro an Steuern zurück. Bei der kolportierten Summe handelt es sich allerdings um Rückstellungen, die der Regionalrat in Erwartung einer Klärung der Rechtslage vorgenommen hat. Der Regionalrat wird vor Gericht vom honorigen Bologneser Rechtsprofessor Giandomenico Falcon vertreten.

Wirtschaftsprüfer Zaccagna wirft den Ämtern des Regionalrats „völlige Unordnung und Ineffizienz“ vor. Unmengen von Steuergeldern würden buchstäblich zum Fenster hinausgeworfen, und die Manager seien mehr damit beschäftigt, ihre Büros einzurichten als sie zu verwalten. „Ist es denn normal, dass für die Berechnung der Leibrente ein bis zwei Jahre vergehen. Solche Zustände gibt es noch nicht einmal in Burundi und Ruanda“, kritisiert Berater Zaccagna. Er nennt zwei Beispiele für die angebliche Inkompetenz des Regionalrats:

Der „falsch“ berechnete Steuerfreibetrag

Die Altmandatare sind überzeugt, dass ihre Leibrenten jahrelang zu hoch besteuert wurden. Man stützt sich dabei auf eine Antwort der Agentur für Einnahmen an den Regionalrat, datiert vom 16. Januar 2023, aus der hervorgeht, dass der Regionalrat bei der Berechnung des Freibetrags den falschen Freibetrag angewandt habe: Statt 12,72 Prozent müsse dieser nämlich mindestens 30 Prozent betragen. Die Ex-Mandatare schließen daraus, dass ihnen der Staat (und nicht der Regionalrat) aufgrund der seit 2012 falsch berchneten Freibeträge Geld schuldet. Da ihnen der Regionalrat die kalte Schulter zeigt, haben Zaccagna und Co. das Hemd in die Hand genommen: Sie stellen bei der Agentur für Einnahmen in Rom ihre Steuererklärungen aus der Zeit seit 2017 „richtig“. Ein ungewöhnlicher Vorgang, dessen Ausgang noch ungewiss ist.

Der „Bollo“-Etappensieg

Seit 1972 sieht das Staatsgesetz eine Stempelsteuer für bestimmte Dienste vor. Doch weder das Parlament in Rom noch die Regionalräte haben diese Bestimmungen je auf die Lohn- und Rentenauszüge angewandt. Bis zum Oktober 2011 auch nicht die Region Trentino-Südtirol. Vor mittlerweile zwölf Jahren hat das Regionalratspräsidium festgelegt, dass die Altmandatare bei ihren Gehaltsabrechnungen eine Stempelsteuer von (damals) 1,81 Euro zu entrichten haben. Mittlerweile kostet der „Bollo“ 2 Euro. Im Präsidium und im Regionalrat saßen damals Abgeordnete, die heute gerichtlich gegen ihre damaligen Beschlüsse vorgehen.

Als Zaccagna die Auszüge der Altmandatare näher unter die Lupe nahm, fiel ihm sofort eine „Anomalie“ auf: „Ich habe noch nie Gehalts- und Rentenabrechnungen mit einer Stempelsteuer gesehen“, berichtet der Ex-Senator. Zaccagna hat daraufhin umgehend beim Regionalrat interveniert. Präsident Roberto Paccher (Lega) antwortete, dass alles seine Richtigkeit habe und verwies auf eine entsprechende Interpellation des Trentiner Landtags von 2014. „Allerdings hat der Regionalrat in seiner Interpellation die Lohnauszüge als Kontoauszüge ,getarnt‘: Nur deshalb kam diese Antwort zustande“, kritisiert Zaccagna. Er habe so lange Druck auf den Regionalrat ausgeübt, bis sich dieser erneut an die zentrale Steuerbehörde in Rom wandte.

Mittlerweile liegt die Antwort vor. In der Interpellation Nr. 906-158 von 2020 stellt die Agentur für Einnahmen klar, dass der „Bollo“ nicht zu zahlen sei. Die Altmandatare haben also einen Etappensieg eingefahren. Der Regionalrat hat seine Beschlüsse revidiert und den Abzug der Stempelsteuer eingestellt. Die Altmandatare fordern auch hier die zu viel gezahlten Beträge zurück. Es geht um etwa 200 Euro pro Kopf. „Das große Problem“, sagt Berater Zaccagna, „sind nicht die 2 Euro, die uns der Regionalrat nicht zurückgeben will, sondern der ,Allmachtswahn‘, der die Ämter des Regionalrats befallen hat. Sie halten sich nicht an die Regeln, und wenn sie mit den Fingern in der Keksdose erwischt werden, schreien sie zum Himmel.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (33)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • schwarzesschaf

    Arme arme alte Leute

  • pingoballino1955

    Ihr Altmandatare habt damals schon zuviel abgesahnt ,im Verhältnis zur Leistung. Was wollt ihr noch? GELD ZURÜCK? Der Staat wird euch eins pfeifen und das wäre gut so!

  • nochasupergscheiter

    Was man hier erkennen kann, ist eigentlich welch schlechte Politiker wir hätten…
    Selbst bis zu den Oberarme und teilweise bis zum Kopf nahe am Verschlucken im Kekssack.. Aber nie zufrieden….
    21 Millionen seid 2017 für 65 altmandatare ergibt summa summarum für mich einen Betrag von 4.400 Euro im Monat den sich die Herren über eine Steuerbefreiung herausholen wollen…
    Habe gemeint zu glauben die thaler Reform sollte uns politikerkosten sparen, die altmandatare haben alle einen Millionenvorausschuss erhalten, und jetzt fehlen ihnen monatlich 4. 400 Euros die sie durch einen steuerfreibetrag zu erhalten haben…
    Auch in Zukunft natürlich das ist euch doch klar?!
    Tatsache ist dass diese Herren hier trotz rentenvorausschuss wieder Richtung 10000 Euro im Monat marschieren, da sie sich eigenhändig steuerfreibeträge genehmigt haben…
    armer Bürger ob solch gieriger Verwalter und ex Verwalter

  • leser

    Ja im Herbst dürft ihr nicht vergessen die nachwuchsaasgeier wieder zu bestätigen

    • pingoballino1955

      Stimmt,die NEUEN,sind keinen Funken besser ,deshalb Achtung vor man das geldgierige Edelweiss ankreuzt.Wie kann , man diese schöne Alpenblume als Partei so MISSBRAUCHEN! SCHÄMT EUCH IHR SVP LER!

  • sukram

    Es lebe das Schweizer Modell der Politikerentlohnung…

  • placeboeffekt

    So viel kann man gar nicht fressen wie man kotzen möchte.

    Scheingefechte in den Provinzparlamenten austragen und den lieben ganzen Tag dran denken wie man noch ein paar Vorteile für sich und die besten Freunde/Verwandten herausschlagen kann.

    Um dann nach jeder Wahl Krokodilstränen über die steigende Zahl von Nichtwählern zu vergießen.

    Sehe ich gewisse Politiker dann denke ich oft unwillkürlich an allerhand seltsames Getier-Hyänen, Aasgeier und andere Parasiten.

  • gerhard

    Das diese raffgierigen alten Menschen keinen Anstand besitzen ist hinlänglich bekannt.
    Das der Alt LH ein gerichtlich verurteilter Straftäter ist, der sein Land betrogen hat, wurde auch gerichtlich bestätigt.

    Wenn aber nach den damalig gültigen Gesetzen Ihnen dieses Geld zusteht, dann sollten sie das Geld auch bekommen.
    Rache, Gesetzesbeugung und Hinterfotzigkeit sollte nich die Triebfeder der jetzigen Regierung sein.
    Geld allein macht nicht glücklich.
    Die Verachtung der Bevölkerung ist für diese 63 Menschen die höchste Strafe.
    Wollten Sie doch immer im Rampenlicht stehen, und wichtigtun, diese armseeligen, geldgeilen Karakter.
    Und jetzt sind sie als gewissenlose, rücksichtslose Schädlinge des Südtiroler Volkes gebrandmarkt.
    Schreit Ihnen ein „Pfui Teufel“ hinterher, egal wo Ihr Sie auf der Strasse seht.
    Ich habe das beim Alt LH in Bozen erlebt.
    Der ist richtig zusammengezuckt und war sichtlich verletzt.
    So könnt Ihr „Rache“ nehmen, das ist legal und richtig.
    Aber Gesetz muss Gesetz bleiben.

    • andreas

      Von dir als AFDler braucht Südtirol eigentlch keine Vorschläge bzw. Belehrungen, du kannst aber in Deutschland durchaus alles rumschreiben, was du für Rumschreienswert hälst.

      Durnwalder hat nicht das Land „betrogen“, er hat gesetzeswidrig gehandelt, aber nicht betrogen bzw. sich bereichert, was das Gericht auch so kommuniziert hat.

      Bist eigentlich mit deinem Gossenjargon der Held in der Eckkneipe „Zum strammen Adolf“?

      • gerhard

        Lieber Deutschenhasser, Du bist ein Trottel.

      • gerhard

        Die Verurteilung des Südtiroler Altlandeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) in der sogenannten Sonderfonds-Causa ist rechtskräftig. Der Kassationsgerichtshof in Rom bestätigte das Urteil des Oberlandesgerichts Trient,. 2019 war Durnwalder der Unterschlagung im Amt für schuldig befunden und zu 2 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt worden.
        2 Jahre und 6 Monate Haft für einen Lumpen, der Geld unterschlagen hat.
        Wen hat er denn betrogen- wenn nicht das Land Südtirol?
        Bekommt man als prominenter Politiker eine Haftstrafe wenn man nichts angestellt hat?
        Hör doch auf mit dem Schönreden eines Verbrechers.

        Alles, was in Dein Spatzenhirn nicht reinpasst ist AFD.
        Dann verunglimpst Du und beleidigst.
        Du bist ein erbärmlicher Mensch, ein ganz erbärmlicher Mensch.

        • andreas

          Du bis aber ein weinerlicher AFDler.
          Bäh, Bäh, der ist böse mit mir und teilt nicht meine rechte Gesinnung und Gossensprache, obwohl ich doch ein Deutscher bin, der mit seinem Geld die Welt rettet.
          Da Durnwalder die Summen immer ausgelichen hat, entstand dem Land kein wirtschaftlicher Schaden. Was genau verstehst du daran eigentlich nicht?

          • gerhard

            Lieber Andreas
            ist es Dir eigentlich nicht irgendwann zu blöde, oder unter Umständen zu peinlich, derart minderbemittelte Kommentare abzugeben?

      • pingoballino1955

        Andreas,kennst du alle gerichtlichen Protokolle von allen Prozessakten von Durnwalder im Detail? Wenn nicht,lehn dich zu weit aus dem Fenster!

    • pingoballino1955

      Der italienische Staat wird dieses Gesetz mit Lücken, so interpretieren,dass er diesen Aasgeiern keinen Cent mehr zahlen wird,hoffentlich! Zum anderen haben sie recht,war mal in einem Gastlokal,einer dieser“ Vögel“ war anwesend,ich habe zu meinem Begleiter gesagt“ gehn wir,hier STINKTS! Wir sind geblieben,die Person ist mit hochrotem Kopf gegangen,warum hat er sich wohl schuldig gefühlt? Es kann ja im Lokal stinken,hahaha,sorry die Ironie!

    • placeboeffekt

      @Gerhard

      Ich teile ihre negative Einschätzung über den Alt-LH überhaupt nicht. Er hat über Jahre sehr viel positives erreicht-ganz zu schweigen von seinem Tagespensum, von dem sich andere faule Säcke viel abschauen hätten können.

      Wer viel arbeitet dem unterlaufen halt auch Fehler. Bestes Beispiel FJS in Bayern: wo wäre den Bayern ohne FJS? Wahrscheinlich auf dem gleichen Niveau wir Bremen oder das Saarland, und man würde sich mit denen streiten wer denn nun mehr Knete beim Länderfinanzausgleich bekommt. Natürlich sehen die linken Matschbirnen nur seine Verfehlungen, weil sie selber nie etwas richtig auf die Reihe bekommen.

      • pingoballino1955

        Sie werden vielleicht Südtirol als schönes Land kennen,haben aber keine Ahnung was der “ Alte“ sich negativ geleistet hat.Sicher hat er auch gutes gemacht,aber nur für die Lobbys,oder ARSCHKRIECHER?????? Deshalb ,sie haben ihre Meinung,und ich meine! Schönen Tag!

      • gerhard

        Naja, lieber placeboeffekt, Franz Josef Strauss hat, ohne Frage sehr viel für Bayern und Deutschland geleistet.
        Und dennoch war er im Grunde auch nur ein Lump, der betrogen hat, sich hat schmieren lassen und Anderen , die nicht seiner Meinung waren, übelst verfolgt.

        Viel Arbeit, viel Fehler. Das ist nicht von der Hand zu weisen.

        Aber sind denn Straftaten wie die des Alt-LH oder von FJS Fehler oder nicht doch eher kriminelle Handlungen.
        Im Falle des Alt LH wurden nachweislich seine Verbrechen mit 2 Jahren und 6 Monaten Gefängnis bestraft.
        So ohne triftige Gründe wird das Gericht UND das Berufungsgericht in Trient wohl nicht zu diesem Urteil kommen.

        Die Verdienste beider Politiker sind ENORM.
        Ohne jede Diskussion.
        Leider auch deren kriminelles Verhalten

  • andreas

    Durnwalder wollte also, dass über seine Handhabung des Sonderfonds hinweggesehen wird, prozessiert jetzt aber für eine Stempelgebühr von monatlich € 1,81, na ja.

    Dass es der Regionalrat aber nicht auf die Reihe bekommt, die Freibeträge ordnungsgemäß anzuwenden, da ich davon ausgehe, dass die Altmandatare im Recht sind, auch die Rückstellungen weißen darauf hin, zeigt wie sorglos diese Kaste mit Geld umgeht und dass sie anscheinend nicht mal ihre eigenen Gesetze verstehen.

  • leser

    Pahl hatte recht als er lautstark verkündete
    Dem Bürger sollte das recht auf Mitbestimmung genommen werden da er weder Politik versteht noch welche Gesetze richtig sind
    Ihm ist der gemeine Bürger einfach zu dumm aber nicht zu schlecht für ihn finanziell aufzukommen
    Widersprochen hat ihm schon damals keiner

  • pingoballino1955

    Wichtig ist,dass du die Gesetze verstehst,der italienische Staat und die Gerichtsbarkeit,drehen sich das wie es ihnen vorkommt.Wichtig,viele Prozesse und wer Geld hat,kann sich darin tummeln.Möchte nicht wissen wieviel Geld der Glatzkopf ausgegeben hat,aber egal,er hat es sich ja vorher vom Steuerzahler zahlen lassen,oder nicht??,?

    • leser

      Pingo
      Deshalb gibt es ja Gesetze für alle und gleichere Gesetze
      Und wenn du ein bisschen Geld hast dann holst du dir ein paar Anwälte die machen sie nicht gleicher
      Ich seh da das Problem nicht

  • franz19

    Ihr wollt Steuern zurück, ihr habt Gesetze gemacht mit euren horrenden Monatsgehälter und nicht der Steuerzahler!! Ihr könnt euch bodenlos schämen ,weil viele von euch haben sehr viel verdient und nie eine Lestung gebracht !!

  • robby

    Diese raffgierigen Altmandatare sollten sich nicht wundern wenn ihnen die Südtiroler vor lauter Achtung vor ihre Füße spucken

  • na12

    Heute, Großdemo auf dem Magnagoplatz um 17 Uhr für Inflationsanpassung und Gehaltserhöhung der Bürger. Schweizer Lebenshaltubgskosten und süditalienische Gehälter, das geht nicht!!
    Leute zeigt den Schlaufüchsen wer die Macht hat. Wir, indem wir sie nicht mehr wählen!!

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen