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„Die größte Bausünde Südtirols“

Auch der Staatsrat erklärt die Genehmigungen für die Erweiterung des Hotels Kolfschugerhof für rechtswidrig. Wie es derzeit aussieht, müssen rund 30.000 Quadratmeter abgerissen werden.

von Thomas Vikoler

Es handelt sich um ein Paradebeispiel dafür, wie in Südtirol Hotelprojekte von öffentlichen Verwaltungen unterstützt werden. Auch wenn sie rechtlich mehr als zweifelhaft sind. So wie die Erweiterung des Hotel Kolfuschgerhof in der Gemeinde Corvara, die nun möglicherweise rückgängig gemacht werden muss.

Die VI. Sektion des Staatsrats hat nämlich entschieden, dass sechs Baukonzessionen aus dem Jahre 2019 für den Abbruch- und Wiederaufbau bzw. der Erweiterung eines Baukörpers und dem Neubau eines größeren ebenerdigen Gebäudetrakts rechtswidrig sind – inklusive Varianteprojekten für ein zusätzliches Volumen für rund 5.000 nicht genehmigter Kubikmeter.

Insgesamt geht es um eine Fläche von rund 30.000 Quadratmetern.

Der Meraner Anwalt Karl Zeller, der in diesem Verfahren den Nachbarn Stefan Alfreider bzw. die Firma Alfreider GmbH (in welcher Landesrat Daniel Alfreider Anteile hält) vertritt, spricht von „der größten Bausünde Südtirols“.

Bereits das Bozner Verwaltungsgericht hatte im April vergangenen Jahres festgestellt, dass die Gemeinde Corvara die Baugenehmigungen nicht hätte erteilen dürfen. Insbesondere die drei Landschaftsschutzermächtigungen, welche der Bürgermeister von Corvara, Robert Rottonara, ohne jegliche Begründung ausstellte. Der Staatsrat schreibt nun in seiner Urteilsbegründung, dass die Landschaftsermächtigungen auch von den zuständigen Landesstellen behandelt werden müssen. Diese hatten im konkreten Fall mitgeteilt, sie seien nicht dafür zuständig.

Das Hotel Kolfschugerhof arbeitete nach dem Umbau bzw. der Erweiterung trotz vom Verwaltungsgericht aufgehobener Baukonzessionen und von der Gemeinde aberkannter Benutzungs- bzw. Betriebsgenehmigung weiter. Man berief sich dabei auf den Twenty-Artikel 94, Absatz 4 des Gesetzes für Raum und Landschaft, der diese Möglichkeit bei Formfehlern zu laufenden Verfahren vorsieht.

Nach dem Urteil des Staatsrates, das theoretisch bei der Kassation angefochten werden kann, kann von Formfehlern wohl keine Rede mehr sein. Und es stellt sich immer drängender die Frage, ob das rechtswidrig errichtete Bauvolumen abgerissen werden muss.

Die Gemeinde Corvara hat nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts eine Abbruchverfügung erlassen, blieb sonst aber untätig. Eine Abbruchverfügung kann angefochten und bis zu einem rechtsgültigen Urteil nicht vollstreckt werden.

Der Spielraum für eine baurechtliche Sanierung der enormen Kubatur ist im konkreten Fall eher gering, auch weil die Hotelerweiterung über einer Höhe von 1.600 Metern im landwirtschaftlichen Grün liegt.

Theoretisch könnte allerdings Artikel 94, Absatz 1 ins Spiel gebracht werden, der eine „Heilung“ von aufgehobenen Genehmigungen bei einem „Ausgleich mit den gegensätzlichen Interessen“ vorsieht. Dafür ist eine Geldbuße vorgesehen, die um 0,8 bis 2,5 Mal höher sein muss als die Baukosten. Im Falle des Kolfuschgerhof wären das mehrere Millionen Euro, die kurioserweise an jene Behörde gingen, welche die rechtswidrigen Baugenehmigungen erteilt hat. Die Gemeinde Corvara.

Der betreffende Artikel gehört zu jenen des Gesetzes für Raum und Landschaft, welche der Ministerrat vor dem Verfassungsgericht angefochten hat. Das Urteil sollte in einigen Monaten ergehen.

Ebenfalls ausständig (für Oktober) ist die Entscheidung des Bozner Strafgerichts über die Zulassung einer Anklage der Staatsanwaltschaft zum Fall Kolfuschgerhof: Der Bürgermeister und der Bauherr werden darin des Amtsmissbrauchs bzw. der rechtswidrigen Bauführung beschuldigt.

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