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Die Pistolen-Attacke

Landesgericht Bozen

Ein 35-jähriger Bozner erwirkt eine neue Beweisaufnahme zu einem Freispruch (wegen Notwehr) für einen Mann, der ihn mit fünf Pistolenschüssen schwer verletzt hatte.

von Thomas Vikoler

Unzweifelhaft ist, dass der Bozner, der bei dem Zwischenfall im Jahre 2017 beinahe sein Leben verlor, einen Taser (Elektroschocker) bei sich hatte. Die Zeugenaussagen darüber, wie (und ob überhaupt) er ihn einsetzte, gehen auseinander: So gibt es die Version, der Taser sei hochgehalten worden, aber nicht eingeschaltet gewesen. Laut einer anderen behielt ihn der Bozner stets in seiner Hosentasche.

Jedenfalls gab es eine Reaktion eines der beiden Männer, die sich bei dem Besuch des heute 35-jährigen Bozners in der Wohnung einer Bekannten in der lombardischen Stadt Bergamo aufhielten: Er zückte eine (nicht gemeldete) Pistole und drückte fünf Mal ab. Zwei Kugeln trafen den Bozner in die Brust, eine an der Achsel, eine am Arm und eine im Bereich der Leber.

Zumindest drei der Kugeln hätten tödlich für das Opfer der Pistolen-Attacke sein können, die es schwerverletzt überlebte.

Die zuständige Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen den Schützen, einen Mann aus Bergamo. Der Vorwurf: Versuchter Mord.

Doch anstatt des beantragten Schuldspruchs gab es einen Freispruch für den Angeklagten. Die Richter kamen zum Schluss, dass der Schütze (mutmaßlich) in Notwehr gehandelt hatte, provoziert von dem Taser des Bozners. Ein ballistisches Gutachten hatte zudem ergeben, dass die Wirkung der Kugeln eingeschränkt war, weil es sich bei der Schusswaffe um einen historischen Revolver handelte.

Doch nun wird der Fall neu aufgerollt: Das Oberlandesgericht Brescia hat einen Berufungsantrag des 35-jährigen Bozners und der Staatsanwaltschaft Bergamo angenommen und vorgestern eine neue Beweisaufnahme angeordnet.

Ab Oktober sollen alle Zeugen des Zwischenfalls in der Wohnung in der Bergamo sowie mehrere gerichtsmedizinische und ballistische Sachverständige angehört werden. Also eine neue Beweisaufnahme zur Klärung der Umstände der Tat, die nach dem erstinstanzlichen Urteil in Notwehr verübt wurde.

Laut Nicola Nettis, dem Anwalt des Nebenklägers, müssen für die Einstufung einer Straftat als Notwehr zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Eine Verhältnismäßigkeit der Reaktionshandlung und eine unmittelbare Gefahr. Beides sei in diesem Fall nicht gegeben, sagt Nettis.

Im Berufungsprozess, der im Oktober beginnt, muss also erneut herausgefunden werden, was den Schützen zu seiner Tat bewegte. Für den Bozner geht es dabei auch um die Frage der Zuerkennung von Schadensersatz/Schmerzensgeld.

 

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