Reineke Füchsin
Die Schlossfestspiele Dorf Tirol bringen heuer die musikalische Fabel „Reineke Fuchs“ nach Johann Wolfgang von Goethes gleichnamigem Epos auf die Vorburg von Schloss Tirol. Regisseur Torsten Schilling macht den Fuchs zur Füchsin.
(sh) Er lügt, stiehlt, beleidigt und betrügt, dass sich die Balken biegen. Doch jedes Mal, wenn er zur Rechenschaft gezogen werden und es ihm an den Kragen gehen soll, schafft er es, sich rauszureden, indem er seine Ankläger mit eloquenter Gerissenheit manipuliert. Der listige Fuchs weiß eben, wie man die Macht mit ihren eigenen Waffen überlistet.
Kommt einem ziemlich bekannt vor. Die Geschichte von Reineke Fuchs, erstmals 1498 in deutscher Sprache erschienen, ist ein Klassiker, der Goethe 1793 zu einem satirischen Versepos inspirierte und den Dichterfürsten seinerseits in Erstaunen versetzte: „Vor Jahrhunderten hätte ein Dichter dies gesungen? Wie ist das möglich? Der Stoff ist ja von gestern und heut!“, stellte Johann Wolfgang Goethe fest.
Die Fabel hat im Laufe ihrer langen Geschichte höchst unterschiedliche Interpretationen erfahren: Vom Lügner und Sünder über den Schelm bis zum oppositionellen Helden reichen die Ausdeutungen. Torsten Schilling, der das von ihm bearbeitete Versepos für die Schlossfestspiele Dorf Tirol in eine dramatische Form gebracht hat, sieht in Reineke den Außenseiter, der sich durch Intelligenz, Witz, geniale Lügengeschichten und Schelmenstreiche aus allen prekären Lagen rettet und am Ende gegen seine Widersacher behauptet.
Alle Figuren im Stück sind Tiere. Dadurch gelingt auf ästhetisch eindrucksvolle Weise die Darstellung einer typisierten menschlichen Welt, derer politischer Alltag von Missgunst, Korruption, Opportunismus und Gewalt charakterisiert wird. Dem heuchlerischen Machtkampf am Hofe von König Nobel, des von Wolf und Bär flankierten Löwen, kommt eines entschieden in die Quere: die Anarchie eines unbeugsamen Wesens, welches die verkrusteten Strukturen zwischen Starken und Schwachen frech aus den Angeln hebt. Ein Plädoyer für Freiheit und Demokratie! Ein tierischer Appell an den menschlichen Verstand! Um die Macht vollends zu blamieren, macht Schilling den Fuchs zur Füchsin.
Torsten Schilling und sein künstlerisches Team werden mit ihrer Inszenierung voller Live-Musik, Choreografie und Slapstick diese fantastische Geschichte auf unterhaltsame Weise für Jung und Alt neu in die Sommerabende vor Schloss Tirol zaubern.
Inszenierung: Torsten Schilling; Musik: Simon Gamper; Choreografie: Sabrina Fraternali; Bühne: Kerstin Kahl; Kostüme: Sieglinde Michaeler. Ensemble: Viktoria Obermarzoner, Max Kolodej, Patrizia Pfeifer, Markus Fischer, Horst Hermann, Hannes Holzer, Sebastian von Malfér.
Termine: 19. Juli – 12. August auf der Vorburg von Schloss Tirol, Aufführungsbeginn jeweils 21 Uhr. https://schlossfestspiele.events
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