Du befindest dich hier: Home » News » Angst vor dem Rechnungshof

Angst vor dem Rechnungshof

Neun Cent zu viel abgerechnet, nicht mit dem Zug angereist: Weil die Landtagsfraktionen nur mehr einen Bruchteil ihrer Gelder ausgeben, muss der Rechnungshof Erbsen zählen.

von Matthias Kofler

Die Landtagsfraktionen haben – wie in jedem Jahr – ihre Rechnungslegungen veröffentlicht. Darin werden akribisch genau die Spesen aufgelistet, die SVP, Grüne und Co. im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2022 getätigt haben. Bis 2014 durfte jede Fraktion im Hohen Haus frei über die ihnen zugewiesenen Gelder verfügen. Doch mit der Monti-Reform vor zehn Jahren ist die Verwendung der Fraktionsspesen zu einem bürokratischen Husarenritt geworden. Jede Fraktion erhält pro Mitglied 58.000 Euro, die sie zur Deckung der Personalkosten verwenden kann. Dazu kommt noch ein nach Fraktionsgröße gestaffelter Sockelbetrag (zwischen 10.000 bis 140.000 Euro), mit dem die laufenden Ausgaben (Postspesen, Zeitungsabos, Studien usw.) bezahlt werden.

Sämtliche Rechnungslegungen werden von der Kontrollsektion des Rechnungshofes haargenau auf deren Richtigkeit überprüft. Aus Angst vor einer Beanstandung durch den Rechnungshof geben die Fraktionen mittlerweile nur mehr einen Bruchteil der zur Verfügung gestellten Mittel aus. Die Lega beispielsweise hat in dieser Legislaturperiode gerade einmal 219,20 Euro für Fraktionstätigkeiten verwendet. Über 100.000 Euro befinden sich folglich weiterhin in der Kasse der Regierungspartei. Am meisten Geld hortet die SVP mit 420.671,76 Euro, gefolgt von den Grünen und dem Team K mit jeweils etwa 270.000 Euro. Vergleichsweise fleißig beim Ausgeben der Gelder sind hingegen die Ein-Mann-Fraktionen Forza Italia, PD und Enzian. Sie haben über 80 Prozent der Finanzmittel verwendet.

Die Fraktionen passen genau auf, dass ihnen bei der Dokumentation keine Fehler unterlaufen. Mit dem erfreulichen Ergebnis, dass der Rechnungshof alle Rechnungslegungen – mit Ausnahme jener der Süd-Tiroler Freiheit – für ordnungsgemäß erklärt hat. Dies geht aus dem Abschlussbericht hervor, den die regionale Kontrollsektion unter dem Vorsitz von Irene Thomaseth veröffentlicht hat und der Tageszeitung vorliegt. Die Fraktionen sind so artig, dass der Rechnungshof sogar schon Erbsen zählen muss. So durfte SVP-Fraktionschefin Magdalena Amhof Auskunft darüber geben, warum sie für die Referentin des Schulungstreffens „Social Media“ am 18. Juli 170,20 Euro als Zugfahrtkosten verrechnet hat, obwohl die Österreicherin mit dem Auto von Wien angereist war. „Da die Referentin die Belegdokumente für die Autobahnmaut nicht aufbewahrt hat, hat sie anstatt der Fahrtkosten den Preis eines öffentlichen Verkehrsmittels (OEBB) verrechnet. Die Zugfahrt hätte pro Richtung 89,60 Euro – insgesamt 179,20 betragen. Ihre Autofahrt hätte vor Umsatzsteuer 522,48 Euro betragen. Da die kostenintensivere Anreise auf ihren persönlichen Wunsch geschehen ist, hat sie uns die Alternativkosten verrechnet“, so Amhof.

Einen skurrilen Vorfall gibt es auch in den Reihen der Grünen zu vermelden: Laut Rechnungshof hat Brigitte Foppa eine Versicherungsprämie (Polizze Nr. 420303845) bezahlt, deren Betrag den in der Ausgabenbewilligung und in der Polizze angegebenen Betrag übersteigt (gezahlter Betrag 197,59 Euro; angegebener Betrag 197,50 Euro). Fraktionschefin Foppa spricht von einem „materiellen Fehler“. Die zu viel berechneten neun Cent wurden mittlerweile an den Landtag zurückgezahlt. Die Freiheitlichen mussten sich dafür rechtfertigen, dass sie ihren Mitarbeitern eine Gehaltsaufbesserung gewährt hatten. Die Tätigkeit in der Landtagsfraktion sei mit vielfältigen Aufgaben verbunden, die ein breites Spektrum an Fähigkeiten und Kompetenzen erforderten, erklärt Andreas Leiter Reber.

Die Fraktionssprecher im Landtag wünschen sich mehr Klarheit seitens des Rechnungshofs, da sie nicht immer wissen, welche Ausgaben wie abgerechnet werden können. „Eine gute und einheitliche Regelung wäre hilfreich“, meint Magdalena Amhof. Sven Knoll bedauert, dass der Rechnungshof alljährlich die Spielregeln ändere. In einem Jahr fielen die Kosten des Lohnbüros unter die laufenden Ausgaben, im nächsten Jahr unter die Personalkosten. Die ständige Ungewissheit erschwere die Arbeit der Fraktionen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (9)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.

2025 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen