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„Schule in Not“

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Eine Initiativgruppe von Lehrern schlägt Alarm: Lehrpersonen sehen sich immer öfter mit Problematiken konfrontiert, die einen guten Unterricht be- und auch verhindern – weil Wertschätzung und Personal fehlen.

von Lisi Lang

„Wir brauchen Hilfe!“ Mit einem eindringlichen Appell wenden sich mehr als 1.000 Lehrpersonen der Grund-, Mittel- und Oberschule an die Landespolitik und die Schulverwaltung, denn für sie steht fest: So kann es einfach nicht weitergehen. „Wir sehen uns immer öfter mit Problematiken konfrontiert, die einen guten Unterricht be- und manchmal sogar verhindern“, schreiben die Lehrpersonen einleitend in ihrer Petition.

Die Petition ist das Ergebnis von vielen Gesprächen, die in der Mittelschule Sterzing begonnen haben. „Es gab heuer wirklich viele Diskussionen, weil es uns im Unterricht nicht gut gegangen ist“, erklärt Martin Volgger, Sprecher der Lehrpersonen, die die Petition unterzeichnet haben. Man habe deswegen auch das Gespräch mit Lehrpersonen anderer Schulen gesucht und recht rasch gemerkt, dass es sich bei den angesprochenen Schwierigkeiten um kein „hauseigenes Problem“ handelt.

Von den insgesamt 1.152 Lehrpersonen, die über die Petition abgestimmt haben, teilen 1.142 die Inhalte und Forderungen der Initiativgruppe. Auch die Gewerkschaften unterstützen den Hilferuf der Lehrer. „Die Ergebnisse sind sehr klar, es „brennt“ nicht nur an unserer Schule“, so die Initiativgruppe.

Die großen „Baustellen“ betreffen laut den Lehrpersonen vor allem die Mittelschule, aber auch viele Lehrpersonen der Grund- und Oberschule teilen die Petition und die darin enthaltenen Forderungen.

In erster Linie fordern die Lehrpersonen mehr qualifiziertes Personal. „In letzter Zeit treffen wir Lehrer immer öfter auf Unterrichtssituationen, die uns überfordern. Dies passiert immer dann, wenn Kinder mit diversen „Störungen“ (Verhaltens- oder Lernstörungen, sozialer Vernachlässigung, Migrationsproblematiken u.a.) nicht von qualifizierten Mitarbeitern betreut werden, weil kein Personal zur Verfügung steht“, heißt es in der Petition. Es komme deswegen zu Störungen des Unterrichts. „Viele Kollegen empfinden ein Gefühl der Ohnmacht, wenn Schüler und oft auch ihre Familien nicht mehr erreichbar sind. So werden junge und alte engagierte Kollegen „verbrannt“, und die Schule kann ihrer Bildungsaufgabe nicht nachkommen“, heißt es in der Petition. Die Problematiken seien wirklich divers, sagt auch Martin Volgger – und man brauche hier dringend zusätzliche Unterstützung.

Ein weiterer Punkt, der den Lehrpersonen ein großes Anliegen ist, ist die fehlende Wertschätzung. „Wir spüren und nehmen wahr, dass die Wertschätzung für unsere Arbeit von Seiten der Gesellschaft einen Tiefpunkt erreicht hat“, erklären die Unterzeichner. Dies habe extreme Auswirkungen auf die tägliche praktische Arbeit und münde letztendlich im fehlenden Respekt vieler Schüler und Eltern der Schule und Lehrpersonen gegenüber. „Die Eltern müssen uns unterstützen, wenn unsere Arbeit auf fruchtbaren Boden fallen soll. Jedes Schimpfen, Verunglimpfen oder Beleidigen von Lehrpersonen und der Schule im Beisein der Kinder schädigt das Vertrauen, den Respekt und die Motivation des Schülers“, unterstreichen die Lehrpersonen.

Martin Volgger ist selbst seit vielen Jahren Lehrer und auch Sportpsychologe. „Wenn man vor 40 Jahren gesagt hat, dass man Lehrer ist, hatte dieser Beruf in der Gesellschaft einen gewissen Stellenwert. Heute hört man als Lehrer eher blöde Kommentare“, ärgert sich Martin Volgger.

Die fehlende Wertschätzung für den Beruf spiegle sich aber auch beim Gehalt wieder. „Wenn man sich die Lehrergehälter im europäischen Vergleich ansieht, sind wir wirklich das Ende der Fahnenstange – schon jetzt stellen wir eine klare Abwanderung ins Ausland fest, hier muss man dringend aktiv werden“, fordert Martin Volgger.

Die Initiative „Schule in Not“ ist sich einig, dass Politik und Schulverwaltungen viel mehr tun müssen, um die Wertschätzung für die Schule wiederherzustellen. „Schule hat einen klaren Bildungsauftrag und ist keine Aufbewahrungsanstalt“, unterstreichen die Lehrpersonen, die zudem ein stärkeres Mitspracherecht einfordern, wenn es um schulische Anliegen geht.

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