Schuss ins Knie
Der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti kassiert zu seinem zweiten Abschussdekret für die Bärin JJ4 eine weitere Niederlage. Und wird vom Verwaltungsgericht heftig gerügt.
von Thomas Vikoler
Der juristische Kampf um die Bärin JJ4, die vor knapp einem Monat im Val di Sole den 27-jährigen Bergläufer Andrea Papi tötete, geht in die entscheidende Phase. Fulvio Rocco, Präsident des Trienter Verwaltungsgericht, hat die zweite Abschussverfügung des Trentiner Landeshauptmannes Maurizio Fugatti vom vergangenen Donnerstag, am Dienstag auf Antrag von drei Tierschutzorganisationen ausgesetzt.
Damit ist vorerst das Szenario eines Abschusses der Problembärin nach der für den 11. Mai angesetzten Verhandlung zum ersten Abschussdekret gebannt. Fugatti wollte mit seiner zweiten Verordnung den Tierschutzorganisationen die Möglichkeit nehmen, eine etwaige Abschlusserlaubnis des Verwaltungsgerichts über einen Aussetzungsantrag an den Staatsrat zu stoppen.
Dies ist Fugatti nicht gelungen. In Roccos Präsidialverfügung klingt an, dass das Gericht einen Abschuss von JJ4 mehr als skeptisch gegenübersteht. Die Behauptung Fugattis, dass eine Tötung der Bärin die einzige Möglichkeit sei, um die öffentliche Unversehrtheit sicherzustellen, bezeichnet es als widersprüchlich.
In der Vergangenheit hatte die Provinz Trient bereits zwei Problembären – DJ3 und M47 – vom Wildpflegezentrum Casteller oberhalb von Trient in Wildgehege ins Ausland gebracht: DJ3 nach Deutschland, M47 nach Ungarn.
Auch die von Fugatti im zweiten Dekret genannten hohen Kosten für eine Verlegung ins Ausland seien nicht glaubwürdig, heißt es weiter in der Präsidialverfügung: Zum einen gebe es hierfür Gelder vom Staat, zum zweiten hätten Tierschutzorganisationen eine Geldsammlung angekündigt, um den Transport bzw. die Unterbringung von JJ4 im Ausland zu finanzieren.
Und schließlich erweist sich der Hinweis von Sheriff Fugatti, die Einrichtung in Casteller sei für die Unterbringung der Bärin nicht geeignet und folglich ein Abschuss einzige Ausweg, als juristischer Schuss ins Knie.
Der Gerichtspräsident erinnert in seiner Verfügung daran, dass ein Abschuss laut dem Managementplan für den Braunbären (Pacobace) die „extremste“ Lösung sei. Zuerst müsse geprüft werden, ob ein Bär freigelassen oder dauerhaft in einer Einrichtung untergebracht werden kann.
Es folgt eine heftige Rüge an die Adresse Provinz Trient und den Staat Italien, die es verabsäumt hätten, angesichts des „unkontrolliert“ angewachsenen Braunbären-Bestands eine geeignete Einrichtung für die längere Unterbringung von Problembären zu schaffen. Eine Absage erteilt wird auch an die Forderung der Tierschutzorganisationen, die einen „Korridor“ zu Verteilung der Trentiner Bären-Population (rund 150 Tiere) auf andere Alpenregionen einzurichten. Dies würde das aktuelle Problem der hohen Tier-Dichte im Trentino sogar verschärfen, schreibt der Präsident des Verwaltungsgerichts.
Die Entscheidung über das weitere Schicksal von JJ4 fällt am 11. Mai, wenn das Verwaltungsgericht Trient über die Bestätigung der Aussetzung des ersten Abschussdekrets befindet.
Bis zu diesem Termin müssen der Umweltminister und die ISPRA-Behörde zudem ihre Gutachten zur Abschuss-Lösung vorlegen.
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