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Der Spesen-Kodex

Der Regionalrat zieht Konsequenzen aus dem Fall Ladurner: Die Politiker dürfen jetzt auch Fahrten zu Partei- und Verbandstreffen abrechnen, dafür wird strenger kontrolliert.

von Matthias Kofler

„Ich habe Fehler gemacht, stehe dafür gerade und ziehe daraus die Konsequenzen.“ Mit diesen Worten gab Jasmin Ladurner zu Silvester 2021 ihren Rücktritt aus dem Landtag bekannt. Die SVP-Abgeordnete räumte ein, mehrere Fahrten nach Trient zu Unrecht verrechnet zu haben, weil sie nur Beifahrerin war. Für die Jungpolitikerin rückte Paula Bacher in den Landtag nach. Die Regionale Staatsanwaltschaft am Rechnungshof eröffnete umgehend ein Ermittlungsverfahren. Mit den Ermittlungen wurde die Finanzpolizei beauftragt, die sich jedoch einen Patzer leistete, indem sie zunächst beim Landtag in Bozen – und erst danach beim Regionalrat in Trient vorstellig wurde. Im Zuge der monatelangen Ermittlungen wurden sämtliche Spesenabrechnungen der Regionalratsabgeordneten beschlagnahmt.

Ein Volksvertreter kann sich monatlich Ausgaben im Ausmaß von bis zu 800 Euro vom Regionalrat rückerstatten lassen. In akribischer Kleinarbeit ging der Rechnungshof der Frage nach, ob das Prozedere bei der Rückerstattung von Fahrtkosten und anderen im Zusammenhang mit dem Mandat stehenden Ausgaben fehleranfällig sei. Der aus Sizilien stammende Staatsanwalt am Rechnungshof, Gianluca Albo, teilte Regionalratspräsident Sepp Noggler (SVP) mit, dass es notwendig sei, die Kategorien der in Ausübung des Mandats bestrittenen und zulässigen Ausgaben genau zu umreißen, anzupassen und zu präzisieren.

Um die richtigen Konsequenzen aus dem Fall Ladurner zu ziehen, arbeitete Noggler ein neues Reglement für die Spesenabrechnungen aus. Dieses wurde vom Rechnungshof abgesegnet und kommt seit Jahresbeginn zur Anwendung. Auffallend ist, dass deutlich mehr Ausgaben als früher abgerechnet werden können. Im Beschluss aufgelistet sind Versammlungen der Ratsfraktionen, reffen mit Vertretern von Berufsvereinigungen oder Kulturorganisationen, Trauerfälle, Lokalaugenscheine, Tagungen, Kongresse, Studientätigkeiten, Aus- und Fortbildungskurse sowie andere Ausgabenkategorien, sofern diese auf die Ausübung des Regionalratsmandats zurückzuführen sind.

Selbst die Ausgaben für Fahrten zu Parteiveranstaltungen oder zu Verbandstreffen (Bauerbund, LVH usw.) können sich die Mandatare jetzt rückerstatten lassen. Voraussetzung ist, dass diese – so heißt es im Noggler-Beschluss wörtlich – „zur Bildung des politischen Willens beiträgt, der im Regionalrat zum Ausdruck gebracht werden soll“. Abgerechnet werden können weiterhin auch Mahlzeiten bis zu einem Höchstwert von 90 Euro täglich und Übernachtungen mit Frühstück bis zu einem Höchstwert von 220 Euro täglich.

Im Gegenzug für die großzügige Ausweitung der Ausgabenkategorien will der Regionalrat von nun an die Angaben der Abgeordneten genauer auf ihre Richtigkeit kontrollieren. Laut Reglement ist es unerlässlich, der Abrechnung Belege (Quittungen, Fahrkarten, Kassazettel) beizulegen. Im Falle einer Teilnahme an einem Begräbnis müssen die Volksvertreter die Todesanzeige des verstorbenen Ex-Kollegen mitschicken. Auch Einladungen zu Veranstaltungen, Zeitungsberichte mit einem Foto des Abgeordneten oder andere Formen der Teilnahmebestätigung sind für die Dokumentation erforderlich.

Der Grüne Riccardo Dello Sbarba rät seinen Kollegen davon ab, die neuen Möglichkeiten bei der Spesenabrechnung in Anspruch zu nehmen: „Ich rate jedem, hier äußerste Vorsicht walten lassen. Im Beschluss werden allgemeine Kategorien genannt, und es liegt dann in der Verantwortung jedes Einzelnen, diese Kategorien zu interpretieren und zu entscheiden, welche Ausgaben er beantragen möchte. Alles muss dem Zweck dienen, das Mandat auszuüben. Die Formulierung scheint mir aber sehr schwach. Ich würde diese Art der Rückerstattung nicht verwenden.“ Präsident Noggler kontert, dass das Reglement mit dem Rechnungshof abgesprochen sei. Dello Sbarba solle deshalb aufhören, den Kollegen Angst zu machen.

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