Der „Knottn“ des Anstoßes
Im Sarntal wird über einen Felsen an der Staatsstraße gestritten, der teilweise einem Gewerbegebiet weichen soll. Für seinen Erhalt setzt sich vor allem ein benachbarter Unternehmer ein, der Bürgermeister zweifelt an seinen lauteren Absichten.
Von Thomas Vikoler
Wer öfter mit dem Auto ins Sarntal fährt, kennt ihn, den Tanzbach-Felsen an der Staatstraße nicht unweit der Abzweigung nach Wangen in der Fraktion Dick. Laut einer Baugenehmigung der Gemeinde Sarntal, die vor wenigen Tagen allerdings vom Verwaltungsgericht ausgesetzt wurde, kann der Felsen teilweise abgetragen bzw. -gesprengt werden.
Die Firma Kröss ist dort eine 500 Quadratmeter große Gewerbezone zur Errichtung einer Bauschutt-Recylinganlage zugewiesen worden.
Dagegen – insbesondere gegen die Abtragung des Tanzbach-Felsen – stellt sich der Unternehmer Gebhard Locher, ein Cousin des SVP-Landtagsabgeordneten Franz Locher, und erfolgreicher Produzent und Erfinder von Sicherheitstüren. Die Straße zu seiner Gewerbezone, auf der auch Hubschrauber und Flieger stehen, führt direkt am „Knottn“ vorbei.
„Der Felsen ist ein Naturdenkmal und befindet sich schon seit Jahrtausenden am jetzigen Ort. In all diesen Jahren war er weder eine Gefahr für den Menschen, noch für die Infrastruktur oder Umwelt“, schreibt Locher in einem Brief an den Landeshauptmann, an die Landesregierung und die Landtagsabgeordneten. Der Unternehmer hat auf change.org eine Petition zur Rettung des Felsens gestartet, die bisher von einigen hundert Personen unterschrieben wurde.
Gestern Nachmittag lud der Türen-Unternehmer die angeschriebenen Politiker zur Vorstellung der Petition – natürlich direkt vor dem von der Sprengung bedrohten Felsen, der übrigens einem in der Schweiz wohnenden Sarner gehört.
Der Sarner SVP-Bürgermeister Christian Albert Reichsigl beobachtet Lochers Aktivitäten mit einer gewissen Ironie: „Ich habe den Verdacht, dass andere Interessen dahinterstehen, als die Rettung des Felsens. Dass dieser ein Naturdenkmal sein soll, war uns bisher nicht bekannt. Unser steinernes Naturdenkmal ist die Sarner Scharte“.
Reichsigl verteidigt die Abbruchgenehmigung mit technischen und wirtschaftlichen Argumenten: Die zuständigen Landesstellen hätten die geplante Gewerbezone für geeignet befunden, wenn die vom Felsen ausgehenden Sicherheitsrisiken beseitigt würden. Laut Straßendienst des Landes müsse zudem die bestehende Zufahrt zur Locher-Zone teilweise genutzt werden, um auf das 500-Quadratmeter-Areal zu gelangen. Und bei dieser Variante steht offenbar der Felsen im Wege.
Gebhard Locher wirft dem Bürgermeister vor, seine Genehmigung aufgrund eines von der Firma Kröss vorgelegten geologischen Gutachtens erteilt zu haben. Dabei stehe dort, dass eine Sprengung mehr Schaden als Nutzen anrichten würde – auch für die Zufahrt zu seinem, Lochers, Betrieb. „Warum also ein solches Risiko und die Zerstörung eines Naturdenkmals auf sich nehmen, wenn von dem Felsen gar keine Gefahr ausgeht?“, fragt der Initiator der Felsen-Rettung.
Bürgermeister Reichsigl verweist auf die Vorgaben der Landesämter für die Ausweisung der neuen Gewerbezone, deren Fläche derzeit als rote Zone ausgewiesen ist, und betont, dass in diesem Fall die wirtschaftlichen Interessen den Vorrang vor landschaftsschützerischen haben müssten: „Das Sarntal braucht eine Bauschutt-Recyclinganlage, damit das Material nicht durch das Tal und die Stadt Bozen anderswo hin transportiert werden muss. Außerdem unterstütze ich es, wenn im Tal Arbeitsplätze geschaffen werden“.
Und: Locher gehe es in erster Linie darum, eine derartige Anlage in der Nachbarschaft seines Betriebes zu verhindern – was der Angesprochene entschieden verneint: „Recycling ist nicht das Problem“.
Am 9. Mai findet vor dem Bozner Verwaltungsgericht die Verhandlung zur Hauptsache zu diesem kuriosen Streit statt. Bis dahin darf der Felsen nicht angerührt werden.
Bürgermeister Reichsigl lässt bereits jetzt die Tür für eine alternative Lösung offen: „Wenn eine andere technische Möglichkeit gefunden werden sollte, von welcher der Stein nicht berührt wird, geht das für mich auch in Ordnung“.
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Kommentare (5)
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prof
Schon interessant,daß sich zwei Sarner Unternehmer streiten.
treter
Der Felsen bzw. der Knott soll auf jeden Fall gerettet werden, unabhängig von den Interessen die dahinter stehen!!
2xnachgedacht
@treter
genau so!